Im Tauziehen um eine IT-Firma suchte eine Gründerfamilie einst die Hilfe der UBS. Nun stehen sich der Clan und die Schweizer Bank vor einem Gericht in Montreal gegenüber – und streiten um Hunderte Millionen Dollar.
Es klingt nach dem klassischen Drehbuch einer Familienfehde. Zwei Brüder hatten im Jahr 1980 im kanadischen Montreal die IT-Firma Hypertec gegründet – und es damit zur Reichtum gebracht. Doch im Jahr 2008 starb einer der Brüder.
Nun ging es darum, wer das Unternehmen führen und hauptsächlich besitzen sollte.
Daraus entspann sich bald ein erbittert geführter Streit, der nun in einem Prozess gipfelt, bei dem die örtliche Niederlassung der UBS auf 295 Millionen Dollar Schadenersatz eingeklagt wird. Die Bank wiederum fordert von den Klägern ausstehende Gebühren von 1 Million Dollar, wie die Agentur «Bloomberg» berichtete.
Keine gute Publicity
Das Urteil steht noch aus, aber schon jetzt ist klar: Dies ist keine gute «Publicity» für das Institut, welches unter dem Vermögensverwaltungs-Chef Iqbal Khan explizit bei reichen Unternehmerinnen und Unternehmern in Nordamerika punkten will.
Wie es soweit kommen konnte: Die Frau und die Kinder des verstorbenen Firmengründers fühlten sich vom anderen Teil der Familie aus der Firma gedrängt. Doch sie beschlossen, nicht locker zu lassen. Mehr noch, sie drehten den Spiess um. Dazu beauftragten sie die kanadische Niederlassung der UBS, einen finanzkräftigen Akteur zu finden. Der sollte ihnen helfen, die Verwandten auf der Gegenseite auszukaufen.
Klage und Gegenklage
Doch der Deal gelang nicht zur Zufriedenheit. Im Jahr 2019 waren es schliesslich die Angehörigen des verstorbenen Bruders, die ihre Firmenanteile verkauften – für 65 Millionen Dollar anstatt den 400 Millionen Dollar, auf den sie ihren Teil am IT-Unternehmen geschätzt hatten. Die Familie des überlebenden Firmengründers übt nun die Kontrolle über die Firma aus.
Als die UBS dann 1 Million Dollar an Gebühren für die Beratung einklagte, reagierten die Auftraggeber mit einer Gegenklage und forderten ihrerseits fast 300 Millionen Dollar Entschädigung von der Schweizer Bank. Im Prozess werfen sie dieser vor, gleich mehrere Fehler gemacht, keinen Finanzierungspartner gefunden zu haben und dazu nur den eigenen Interessen gefolgt zu sein.
Vom Traum zum Alptraum
Die UBS bestreitet dies und zählte sechs Anläufe zu einer Transaktion auf – leider hätten sich alle Interessenten wieder zurückgezogen. Mit Bezug auf die Familienfehde erklärte eine Anwältin, man dürfe dem Geldhaus nicht ein Drehbuch vorwerfen, dass es gar nicht geschrieben habe. Der Urteil im Streit um Millionen wird nun in Bälde erwartet.
Reiche Privatleute, die gleichzeitig in Besitz eines Unternehmens sind: Das sind eigentlich die Traumkunden jeder grösseren Privatbank. Einmal mehr zeigt sich aber, dass sich dieser Traum für die Geldhäuser nur allzu leicht in einen Alptraum verwandeln kann.