Vor dem ersten Jahresergebnis der kombinierten UBS stellen sich sieben drängende Fragen, wie finews.ch feststellt. Am Ende steht und fällt aber auch die Integration der Credit Suisse mit dem Erfolg im Wealth Management. Für dessen Leiter Iqbal Khan steht dabei der ultimative Karriereschritt auf dem Spiel.


1. Gewinn oder Verlust zum Jahresschluss?

Im dritten Quartal 2023 – dem ersten Jahresviertel, in dem das Geschäft der Tochterbank Credit Suisse (CS) voll mitzählte – wies die UBS einen Verlust von 785 Millionen Dollar aus. Damit wurde auch den Letzten klar, dass die Integration der Krisenbank hohe Kosten für die Käuferin mit sich bringt.

Bereinigt um die Integration zeigte der Gewinntrend dabei ebenfalls nach unten, mit 1,1 Milliarden Dollar im zweiten und noch 844 Millionen Dollar im dritten Jahresviertel. Für das vierte Quartal 2023 hat die Bankführung zumindest auf bereinigter Basis schwarze Zahlen Aussicht gestellt. Der Konsens der Beobachter geht für die am 6. Februar 2024 anstehenden Jahreszahlen von einem bereinigten Vorsteuergewinn von 3’965 Millionen Dollar aus.

Das wäre dennoch nur die Hälfte dessen, was die UBS im Jahr 2022 «alleine» abgeliefert hat. Umso wichtiger ist der Gewinntrend als Indikator, ob der von Bund und Behörden gewählte Weg zur Stabilisierung der CS sich als richtig erweist. Dass der «Bank run» auf die CS nach dem Notverkauf vom vergangenen März nicht weitergegangen ist, hatte viel mit dem Vertrauen der Märkte in die Käuferbank zu tun.

Nun darf die CS-Integration die UBS keinesfalls destabilisieren.

2. Kommt nun der lang erwartete Kahlschlag?

Wie bereits angekündigt, will die neue UBS bis 2026 rund 10 Milliarden Dollar einsparen. Das Personal ist dabei der mit Abstand grösste Kostenpunkt. Bereits im vergangenen dritten Quartal ist der Bestand der kombinierten Bank zum Jahresende 2022 um mehr als 13'000 Stellen gesunken.

In den Medien war bei der CS-Notübernahme jedoch von einem Abbaubedarf von 35’000 Stellen die Rede; Schätzungen gingen in der Schweiz von einem Verlust von 12’000 Jobs im Zusammenhang mit der CS-Übernahme aus. Hierzulande hat die Bankführung zudem 3’000 Entlassungen angekündigt.

Nach dem Entschluss zur Vollintegration der CS Schweiz im vergangenen August ist nun zu erwarten, dass die UBS endlich Tacheles spricht.

3. Wieviel verdienen jene, die bleiben dürfen?

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(Bild: UBS)

Mit dem drohenden Abbau Tausender Stellen gewinnt die Diskussion über Banker-Boni nochmals an Brisanz. Die enormen buchhalterischen Gewinne im Zuge der CS-Übernahme könnten die Saläre der UBS-Chefetage um CEO Sergio Ermotti (Bild oben) für 2023 explodieren lassen; ebenfalls hat sich die UBS willens gezeigt, für gefragtes Personal der übernommenen Bank Halteprämien zu zahlen, wie finews.ch für die Schweiz recherchierte.

Die Grossbank weist die Rückstellungen für Sondervergütungen schon seit längerem nicht mehr aus; anhand der Personalaufwands für das Gesamtjahr wird sich aber einschätzen lassen, was es punkto Salär für die verbleibenden Mitarbeitenden der «neuen» UBS geschlagen hat.

Da der Bundesrat gegenwärtig eine staatlich garantierte Notfall-Liquidität (Public Liqudity Backstop, PLB) für Grossbaken ins Gesetz verankern möchte, stehen die Grossbankerlöhne auch politisch unter scharfer Beobachtung.

4. Kann die UBS ihren Fahrplan noch einhalten?

Bisher hat die Bankführung die Meilensteine der CS-Übernahme präzise wie ein Uhrwerk abgespult. Spätestens seit dem Entscheid zur Vollintegration der CS Schweiz vom vergangenen August ist die Zeit der «Quick wins» für die UBS jedoch vorbei. Nun steht das mühsame Klein-Klein der Integration an, bei der es bald um Wesentliches geht: 2024 soll der Transfer von CS-Kunden aus den Kernsparten auf die UBS-Plattform beginnen. Das ist auch mit Blick auch die IT eine Übung, die in diesem Ausmass noch nie unternommen wurde und vielerlei Risiken birgt.

Ebenfalls nicht zu unterschätzen ist die Zusammenführung der zahlreichen Rechtseinheiten der beiden Grossbanken, wie auch aus dem Inneren der UBS zu vernehmen ist. Ende 2023 sind erst die beiden «Parent Bank»-Gesellschaften der Institute zusammengelegt worden. Entsprechend steigt die Gefahr von Verspätungen.

5. Können die Altlasten schnell genug abgeworfen werden?

Über den Integrations-Fahrplan hinaus wird erwartet, dass die UBS-Führung am 6. Februar die bestehenden Dreijahres-Ziele anpasst. Besonderes Augenmerk gilt dabei nicht nur den Finanzzielen, wie etwa der per Ende 2026 in Aussicht gestellten Eigenkapital-Rendite von 15 Prozent. Sondern auch den Altlasten in der Bilanz, denen sich das kombinierte Geldhaus entledigen muss.

Je schneller nämlich die Risiken aus den Büchern verschwinden, desto mehr «Luft» erhält die UBS-CS beim Kernkapital und damit für künftige Wachstumspläne. Im vergangenen November stellte die Megabank in Aussicht, die verbleibenden risikogewichteten Aktiven (RWA) von 30 Milliarden Dollar bis 2026 um mindesten 50 Prozent zu reduzieren. Auch daran wird die Bankführung gemessen werden.

6. Wie hat sich Iqbal Khan geschlagen?

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(Bild: UBS)

Es liegt beim UBS-Kerngeschäft mit der Globalen Vermögensverwaltung (GWM), das ultimative Versprechen der CS-Übernahme umzusetzen: jenes des «Wealth Management Powerhouse». Doch der Ambition von der weltweiten Dominanz im Private Banking steht noch eine Konkurrentin im Weg: Die Wallstreet-Bank Morgan Stanley, die in den USA den weltweit grössten Wealth-Management-Markt dominiert. Entsprechend müssen die Schweizer in Übersee aufholen; das dortige Geschäft ist aber seit langen von hohen Kosten und geringer Reichweite bei der Kundschaft geplagt.

GWM-Chef Iqbal Khan (Bild oben) obliegt es nun, diesen gordischen Knoten zu durchtrennen. Dies, während er den Rest der Welt im Auge behalten muss. Das Geschäft in Asien, neben den USA der andere strategische Wachstumsmarkt der Grossbank, schwächelt wegen den zahlreichen Unsicherheiten in der Region. Doch Khan muss liefern – nur so empfiehlt sich der gegenwärtige Kronprinz der UBS als Nachfolger für den amtierenden CEO Ermotti.

7. Was springt für die Aktionäre heraus?

Seit der Zwangsübernahme der CS hat die UBS-Aktie fulminante Kursgewinne von fast 45 Prozent verbucht. Doch mehr liegt drin, folgt man den Analysten der Zürcher Kantonalbank (ZKB). Sie schrieben mit Blick auf das Jahresergebnis, erhebliches Potenzial der Integration sei noch nicht im Kurs enthalten. Die UBS-Aktie, erklärten sie weiter, durchlaufe momentan Phase zwei einer dreistufigen Kursentwicklung.

Phase eins sei dabei die Realisierung des Schnäppchenpreises gewesen, Phase zwei nun die harte Integrationsarbeit – und die letzte Phase die Ernte der Früchte der Integration.

Darauf wettet inzwischen auch die schwedische Finanzinvestorin Cevian, die Ende 2023 als neue Grossaktionärin Position bei der UBS bezogen hat. Die Schweden gehen davon aus, dass die Bewertung der UBS-Aktie innert nützlicher Frist nochmals um 50 Prozent klettern könnte. Im Aktionariat des Instituts gibt es aber auch Kräfte, die sich wegen der schieren Grösse der UBS-CS Sorgen machen. Die Wachstumsdebatte könnte demnach auch die Eignerschaft spalten.