Trotz Null-Emissionsziel vieler europäischen Banken erhalten Öl- und Gasförderer nach wie vor Millionenkredite für neue Aktivitäten. Dem Ranking eines NGO zufolge finden sich auch in der Schweiz gewichtige Geldgeber.

Die 25 grössten europäischen Banken tun sich schwer in der Umsetzung ihrer klimapolitischen Zielsetzungen, wie eine Studie des NGO Share Action zeigt, die heute Montag veröffentlicht wurde. Share Action hat es sich zum Ziel gesetzt, mittels der Mobilisierung von Grossinvestoren Firmen zu verantwortlichem Handeln zu zwingen.

Die Studie hat die Finanzierung von neuen Projekten der Öl- und Gasförderung untersucht und ist zum überraschenden Schluss gekommen, dass es keine Anzeichen dafür gibt, dass die europäischen Banken ihre Finanzierungszusagen für die Ausweitung der Öl- und Gasförderung stoppen.

Milliardenvolumen für die Exploration

Die 25 grössten Banken haben seit 2016 total mehr als 400 Milliarden Dollar in die Ausweitung der Exploration gesteckt, und dies trotz ihrer Bekenntnisse zu einer Netto-Null-Strategie, wie Share Action schreibt.

Nach einem Jahr mit ausserordentlich hohen Finanzierungszusagen im 2020 war 2021 ein Rückfall in die Normalität vor der Corona-Krise zu beobachten. So finanzierten die 25 grössten Finanzhäuser letztes Jahr Firmen, welche an neuen Produktionsstäten arbeiten, mit total knapp 55 Milliarden Dollar. 2021 wurden noch 106 Milliarden Dollar gesprochen.

Sichtbarer Rückbau bei der UBS

Die Credit Suisse wird dabei als achtgrösster Kreditgeber gelistet, mit einem Volumen von 18 Milliarden Dollar, während ihr grösserer Konkurrent am Paradeplatz, die UBS, mit 11 Milliarden auf Platz 13 folgt. Bei letzterer fällt auf, dass sie sowohl 2020 als auch 2021 markant weniger Geld in die Industrie gesteckt hat, nämlich einen knappen Fünftel der Jahre zuvor.

Bei der UBS sagte ein Sprecher auf Anfrage, die Grossbank UBS unterstütze einen geordneten Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft und beabsichtige, Einzelheiten zu ihrem Klimaschutzplan im März zusammen mit dem jährlichen Nachhaltigkeits-Bericht zu veröffentlichen. Auch die Credit Suisse will weitere Einzelheiten zu den jüngsten Fortschritten im Rahmen des jährlichen Berichts im März vorlegen.

In ihrer Antwort auf eine Anfrage von finews.ch schreibt ein Sprecher der CS, dass sie sich verpflichtet habe, wissenschaftlich fundierte Ziele festzulegen, mit deren Hilfe sie die Verringerung der Emissionen und des Kreditrisikos überwachen könne. Dies im Kontext, dass der Öl-, Gas- und Kohlesektor zu den grössten Verursachern von Kohlendioxidemissionen gehört. Diese Arbeiten erstrecken sich gemäss CS auch auf die Anwendung sektorspezifischer Client Energy Transition Frameworks (CETFs), um die Kunden in klimasensiblen Sektoren bei der Umstellung auf klimaschonendere Geschäftsaktivitäten begleiten zu können.

Reputationsschäden erwartet

Das Netto-Null-Ziel veträgt keinen Status Quo, und schon gar keine Ausweitung. Um das Ziel einer Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu erreichen, sollen die Emissionen von Kohlendioxid radikal gesenkt und bis 2050 Netto-Null erreichen, wie die Studie schreibt. Um dieses Ziel nicht zu gefährden, können die Geschäfte von Öl- und Gasfirmen nicht weiter ausgebaut werden, wie auch die International Energy Agency (IEA) bestätigt.

Gemäss ShareAction sind alle Investitionen in neue Produktionsanlagen für die Investoren selber risikobehaftet. Falls nämlich die Nachfrage nach Öl und Gas über die nächsten Jahrzehnte wie gewünscht zurückgeht, werden die neuen Anlagen naturgemäss den erhofften return-on-investment nicht erreichen.

Falls hingegen die Nachfrage nicht wie gewünscht zurückgeht und deshalb das Begrenzungsziel verpasst wird, dürfte sich dies in physischen Schäden an der Wirtschaft niederschlagen, so die Studienautoren.

Deshalb bezeichnet ShareAction jegliche Investitionen in neue Anlagen in «alten» Energieträgern als «lose-lose», da sowieso Wert vernichtet wird. Zudem riskieren die Banken zusätzliche Schäden der Reputation. Projekte zur Ausweitung der Produktionsstäten sehen sich mit Einsprachen konfrontiert und die Medien berichten immer häufiger über die Finanzströme in der fossilen Energiegewinnung.