In den rückwärtigen Bereichen der Banken sind in den vergangenen Jahren mehr Arbeitsplätze verloren gegangen als in anderen Bereichen. Das könnte sich nun ändern.

Die Nachricht war eine grosse Überraschung. Die Zahl der Beschäftigten in der Finanzbranche in der Schweiz stieg im Jahr 2020 zum ersten Mal seit einem Jahrzehnt wieder leicht an, und zwar um 414 Vollzeitäquivalente.

Darüber hinaus sind im ersten Halbjahr 2021 weitere 150 Stellen hinzugekommen. Das ist zwar keine grosse Zahl, wenn man den Gesamtbestand der mehr als 91'200 Bankarbeitsplätze im Inland betrachtet, aber ein Hoffnungsschimmer nach einem Jahrzehnt des Abbaus ist dies allemal.

Erstaunlicher Trend

Überraschend ist gemäss dem «Bankenbarometer 2021» der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) auch, in welchen Bereichen die Banken aufstocken. Neben den erwarteten Zuwächsen in der Vermögensverwaltung (Private Banking) scheint auch die Zahl der Arbeitsplätze in den rückwärtigen Bereichen, im sogenannten Backoffice, zu steigen.

Dies ist erstaunlich, wenn man bedenkt, wie stark diese Funktionen von einer Reihe ungünstiger Entwicklungen betroffen waren, die genau dazu führten, dass von den rund 10'000 Stellen, die in den vergangenen zehn Jahren im Swiss Banking abgebaut wurden, die meisten im Backoffice-Bereich waren.

Sehr positive Entwicklung

Doch das könnte sich nun ändern. Das Barometer der SBVg bewertet auch die Aussichten für die Schaffung von Arbeitsplätzen in den Bereichen Logistik und Operations; dabei handelt es sich um zwei Back-Office-Funktionen, die derzeit die positivste Entwicklung verzeichnen.

Die Umfrage, die dem Bericht zugrunde liegt, geht davon aus, dass sogar jede dritte Bank in diesem Jahr in diesen beiden Bereichen Arbeitsplätze schaffen wird.

Ralph Hamers Ingenieure

Die jüngste Aussage von UBS-Chef Ralph Hamers unterstreicht dies. Auf einer Investorenkonferenz erklärte er, er wolle eine «Ingenieurskultur» aufbauen, wie auch finews.ch berichtete.

Die Rolle der «Macher» solle viel stärker gewürdigt werden. Das bedeutet, dass die Bank die besten Tech-Talente anziehen will. Gleichzeitig verlagert die UBS seit einigen Jahren ausgelagerte Back-Office-Funktionen in die Schweiz zurück.

Nicht mit früher vergleichbar

Das alles ist auch den Headhuntern nicht entgangen. Laut Stephan Surber von Page Executive finden Führungs- und Entwicklungsaktivitäten im Zusammenhang mit Backoffice-Prozessen vermehrt in der Schweiz statt. «Es werden neue Stellen geschaffen, vor allem in der IT.»

Surber weiss aber auch, dass es einen Haken gibt. Gefragt sind vor allem gut ausgebildete Bewerber mit technischem oder IT-Hintergrund. «Die Arbeit ist sehr technologieabhängig geworden», sagt er, «und man kann sie nicht mehr mit den Backoffice-Jobs aus früheren Zeiten vergleichen.»

Veränderte Anforderungsprofile

In den Backoffices der UBS gibt es derzeit Stellenausschreibungen für Projektmanager, Daten- und Geschäftsanalysten sowie Ausschreibungen für die von Hamer angepriesenen IT-Ingenieure. Die Credit Suisse (CS) hält sich bei der Rekrutierung bedeckt und gibt keine Auskünfte, aber die Stellenausschreibungen scheinen trotz der jüngsten Skandale, von denen sie betroffen ist, in etwa auf dem gleichen Niveau zu liegen wie vor einem Jahr.

Die Veränderungen in den Anforderungsprofilen zeigen sich auch in der Umfrage der SBVg. Der Dachverband der Schweizer Banken geht davon aus, dass die fortschreitende Digitalisierung zu einer Ausweitung der Bereiche und Tätigkeiten in der IT führen wird. Dies könnte zu einem Anstieg des Personalbestands um 2 Prozent führen, in den nächsten zehn Jahren sogar um 8,6 Prozent – mehr als in jedem anderen Bereich des Bankwesens.

Manuelle Tätigkeiten auf dem Rückzug

Manuelle Prozesse würden durch die fortschreitende Automatisierung weiter rationalisiert, wobei sich wiederholende und regelbasierte Prozesse durch Algorithmen und Bots ersetzt würden, schreibt die SBVg weiter. Das wird dazu führen, dass in den nächsten zehn Jahren jeder vierte Arbeitsplatz im Backoffice-Bereich wegfallen wird.

Das sieht auch Surber so. «Die Welle der Backoffice-Automatisierung ist noch lange nicht vorbei», sagt er. Die Banken werden die Kosten immer sehr genau im Auge behalten. Aber es wird immer eine Nachfrage nach «gut ausgebildeten Technologieexperten» geben.

Tech-Konzerne zahlen besser

Die Automatisierung und die strengeren Anforderungen an die Arbeitsplätze stellen eine Herausforderung für die Banken dar, insbesondere in Bezug auf die Ausbildung. Früher dienten einfache Aufgaben in den Backoffices als ideale Möglichkeit, junge Nachwuchskräfte auszubilden.

Jetzt ist es zunehmend so, dass die Geldhäuser um Hochschulabsolventen kämpfen müssen, da sich diese mehr für andere Branchen interessieren – und die internationalen Tech-Konzerne sind auch in der Lage, höhere Gehälter zu zahlen als die Banken.