Das Zinsgeschäft ist nach der Zinswende der SNB für die Banken deutlich weniger lukrativ. Immerhin bleibt der Immobilienmarkt stabil – und damit auch der Wertberichtigungsbedarf im Hypothekarbereich tief. Die Beratungsgesellschaft EY hat die Finanzinstitute zudem danach gefragt, mit welchem zusätzlichen Instrument die Finma die Aufsicht am wirksamsten verbessern könnte.
Er weist zwar nicht ganz den Umfang des jüngsten PUK-Berichts auf, ist aber mit 70 Seiten auch recht voluminös. Die Rede ist vom Bankenbarometer 2025 der Wirtschaftsprüfungs- und Unternehmensberatungsgesellschaft EY, den diese am Donnerstag präsentiert hat.
Für die bereits zum 15. Mal erstellte Publikation wurden im Herbst 2024 rund 100 Schweizer Banken aller Kategorien und aus allen Landesteilen befragt. Die Kernaussagen sind:
- Die Gewinnerwartungen sind deutlich zurückgegangen. 2023 hatte noch das Gros der Banken (87 Prozent) angegeben, mit steigenden Gewinnen zu rechnen. Nun erwarten für 2024 und auch mittelfristig rund 40 Prozent rückläufige Gewinne. Kein Wunder, dass genau so viele Banken planen, die Effizienz zu steigern und damit Kosten einzusparen.
- Hintergrund dieses Umschwungs ist die abrupte Zinswende, welche die Schweizerische Nationalbank (SNB) Anfang 2024 vorgenommen hat und die den Boom im Zinsgeschäft jäh beendet hat. Immerhin ist der Optimismus nicht ganz verflogen. Langfristig gehen nämlich die meisten Banken (85 Prozent) wieder von steigenden Erträgen aus.
- 74 Prozent der Banken erwarten in den nächsten zwei Jahren geringere Zinsmargen, 42 Prozent machen dafür gestiegene Refinanzierungskosten verantwortlich. Dennoch rechnet nur jede zehnte Bank mit einem Rückgang der Zinsmarge auf das Niveau vor der Zinswende.
- Die Übernahme der Credit Suisse (CS) hinterlässt Spuren. Zwei Drittel der befragten Banken geben an, dass sie deswegen im Firmenkundengeschäft eine gestiegene Nachfrage nach Finanzierungen beobachten. Allerdings gelingt es nur knapp der Hälfte, höhere Margen durchzusetzen.
- Das Vertrauen in den Immobilienmarkt bleibt hoch. Die sinkenden Zinsen wirken hier unterstützend. Lediglich 7 Prozent der Banken erwarten, dass sie mehr Wertberichtigungen auf Hypotheken vornehmen müssen.
- Der Abschreibungsbedarf sollte sich auch im KMU-Bereich in Grenzen halten. Jede dritte Bank rechnet diesbezüglich mit einem erhöhtem Risikovorsorgebedarf. Aber es gibt signifikante Unterschiede zwischen den Bankengruppen. Zwei Drittel der Kantonalbanken rechnen sowohl kurz- als auch langfristig mit einer Erhöhung der Wertberichtigungen.
- 28 Prozent der Banken sind der Ansicht, dass nach dem Fall CS mehr Transparenz und die Nennung der betroffenen Personen («Name and Shame») bei Fehlverhalten das wirksamste zusätzliche Aufsichtsmittel für die Finma wäre. 24 Prozent favorisieren eine verstärkte Rechenschaftspflicht für Mitglieder des Managements (Senior Manager Regime). Als am wenigsten wirksam (13 Prozent) wird die Ausweitung der aufsichtsrechtlichen Prüfungstätigkeit der Finma beurteilt. «Die Banken möchten ihre Prüfgesellschaften weiterhin selbst bestimmen und sind grossmehrheitlich gegen eine Direktmandatierung durch die Aufsichtsbehörden», stellt die von einer solchen Massnahme ebenfalls betroffene EY fest.
Auch die Themen Künstliche Intelligenz (KI) und Nachhaltigkeit werden im Bankenbarometer behandelt.
Auf der mit 30 Einträgen recht umfangreichen Prioritätenliste der Banken kletterte KI vom 19. auf den 6. Platz. 15 Prozent (2023: 6 Prozent) geben an, dass sie KI bereits einsetzen, meist in der Prozessautomation (55 Prozent) und der Compliance (54 Prozent).
Nachhaltigkeit wird vor allem regulatorisch getrieben
An Dringlichkeit eingebüsst hat hingegen das Thema Nachhaltigkeit: Erstmals ist der Anteil der Banken, die Nachhaltigkeitskriterien in der Kreditvergabe anwenden, gesunken, von 72 auf 67 Prozent. Auch besteht eine Kluft zwischen dem, was Kunden als ihre Nachfrage deklarieren und wie sie sich dann tatsächlich als Investoren am Markt verhalten (Attitude-Behavior-Gap).
Nachhaltige Produktangebote werden von den Banken nicht mehr als Differenzierungsmerkmal betrachtet. Als grösste Herausforderung in diesem Bereich nennt ein Drittel der Banken die Einhaltung der entsprechenden Berichterstattungspflichten.
Kreditvolumen wächst schneller als Gesamtwirtschaft
Die Regulierung trägt aber auch über Vorgaben zur Erhebung von ESG-Präferenzen im Anlagegeschäft dazu bei, dass die Bedeutung der Nachhaltigkeit gross bleibt.
Interessant ist auch die längerfristige Betrachtung von EY zum Kreditwachstum und damit zur Entwicklung der Bankbilanzen. Das gesamte Kreditvolumen der Schweizer Banken hat sich seit dem Jahr 2000 um 122 Prozent bzw. rund 850 Milliarden auf 1'550 Milliarden Franken erhöht; ein deutlich stärkeres Wachstum als das der Schweizer Volkswirtschaft. Besonders ausgeprägt war die Zunahme in der Negativzinsperiode (2014 bis 2021).
Grösse der Bankbilanzen als limitierender Faktor für die Kreditvergabe
Die tieferen Zinsen haben auch 2024 die Nachfrage nach Krediten belebt. In den ersten neun Monaten des Jahres nahm das Kreditvolumen um rund 16 Milliarden Franken zu (+1,1 Prozent gegenüber Ende 2023).
Gleichwohl rechnet EY nicht damit, dass Schweizer Banken die Wachstumsraten der Kreditvergabe der 2010er-Jahre aufrechterhalten können, um damit eine sinkende Zinsmarge zu kompensieren. «Die Grössen der Bankbilanzen aufgrund von Eigenkapital- und Refinanzierungskosten werden je länger, je mehr zu einem limitierenden Faktor.»
Ausblick und Fundgrube für Grafiken
Das Bankenbarometer enthält nicht nur Umfrageergebnisse, sondern ist auch eine Sammlung von für die Branche und den Finanzmarkt wichtigen, grafisch aufbereiteten Daten und Statistiken, v.a. im Kapital «Marktumfeld» und im Anhang.
Die Publikation enthält ferner einen Ausblick, in dem der Umgang mit Herausforderungen bezüglich Aufsicht, Innovation, Margenerosion, Corporate Banking, KI und Nachhaltigkeit aus Bankensicht erörtert wird und wo auch Handlungsempfehlungen abgegeben werden – schliesslich ist das Beratungsgeschäft ein wichtiger Ertragspfeiler für EY.