Die Bankiervereinigung hat viele Daten und Fakten zur Branche und einen freundlichen Ausblick präsentiert. Bei den verwalteten Vermögen und der Beschäftigung ist die Entwicklung aber nicht uneingeschränkt erfreulich. Und Krypto scheint Sustainable Finance als Ertragschance abzulösen.

Der Bankenplatz hat nach dem Untergang der Credit Suisse (CS) zur Stabilität zurückgefunden. Die Schweiz ist weiterhin Nummer 1 in der grenzüberschreitenden Vermögensverwaltung, und die Aussichten präsentieren sich gut. Ein solches Fazit lässt sich anhand der von der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) am Donnerstag an einer Medienkonferenz vorgestellten Publikationen «Bankenbarometer» und «Swiss Banking Outlook» durchaus ziehen.

Das jährliche Bankenbarometer stützt sich auf Zahlen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) sowie auf Erkenntnisse aus Umfragen unter den Mitgliederorganisationen der SBVg ab, der Outlook basiert auf einer im Juli durchgeführten Umfrage unter 15 Chefökonomen sowie Chief Investment Officer von Mitgliederorganisationen.

Zunahme der Beschäftigung...

In puncto Erkenntnisgewinn ergiebiger ist allerdings der Blick hinter die Kulissen, also hinter die nackten Zahlen und Aussagen. Beginnen wir bei einem Thema, dass die in der Finanzbranche tätigen Akteure immer besonders interessier: die Beschäftigungsaussichten.

Der Anstieg bei den Mitarbeitern im Inland im Jahr 2023 um 1280 auf 93'299 Personen (+1,4 Prozent) ist erfreulich. Und auch von Ende 2023 bis Mitte 2024 ist die Beschäftigung gemäss der Umfrage der SBVg stabil geblieben. Auch der Ausblick ist freundlich: Für das zweite Halbjahr 2024 rechnet mehr als die Hälfte der befragten Banken mit einem gleichbleibenden und etwa ein Drittel sogar mit einem steigenden Personalbestand, ein bemerkenswert hoher Anteil, lautet doch die Standardantwort erfahrungsgemäss «gleichbleibend».

...aber grosses Fragezeichen beim Ausblick

Im Ausland allerdings haben die Schweizer Banken Stellen abgebaut (–2,9 Prozent). Martin Hess, Leiter Wirtschaftspolitik, sieht darin die Fortsetzung eines Trend, der seit zwei drei Jahren anhalte. Hess vermutet, dass er mit der Geopolitik und dem allgemeinen Reshoring zusammenhängt. Auf den ersten Blick ist es natürlich positiv, dass die Banken im Inland Stellen aufbauen statt (wie das vorher der Fall war) vornehmlich im Ausland. Aber die Triebkräfte dahinter sind politischer Natur und der Steigerung des allgemeinen weltweiten Wohlstands (von dem die Banken als Vermögensverwalter massgebend profitieren) alles andere als förderlich.

Und beim freundlichen Ausblick gibt es leider ebenfalls einen Spoiler. Gemäss Hess hat sich die UBS, in der Branche auch als Arbeitgeberin ein Schwergewicht, an dieser Umfrage aus rechtlichen Gründen nicht beteiligen dürfen.

Nummer 1 dank grossem Kapitalstock – wo bleibt das Neugeld?

Der Befund, dass die Schweiz ihre Spitzenposition in der grenzüberschreitenden Vermögensverwaltung verteidigt habe, mag nach dem CS-Desaster beruhigend sein. Tatsächlich sind die verwalteten Vermögen der Banken im Jahr 2023 um 6,9 Prozent auf 8'392 Milliarden geklettert, davon entfallen 3'794 Milliarden auf ausländisch domizilierte Personen. Dabei nahmen die Bestände von ausländischen Privatkunden um 4,8 Prozent auf 2’206 Milliarden Franken zu.

Der grösste Teil der Zunahme der verwalteten Vermögen dürfte aber gemäss Hess auf die freundliche Marktentwicklung zurückzuführen sein, und nicht auf Neugeldzuflüsse aus dem Ausland in die Schweiz (genaue Zahlen dazu sind nicht verfügbar).

Umsetzung der Geldpolitik muss neu nicht nur effizient sondern auch günstig sein

Es finden sich im Bankenbarometer aber umgekehrt auch Zahlen, die eher enttäuschend ausfallen, sich aber gut erklären lassen. Ein Fall ist sicher das Zinsgeschäft, dass 2023 bei den meisten Banken äusserst lukrativ war. Gleichwohl hat der Zinserfolg der inlandorientierten Banken um 0,7 Prozent abgenommen. Grund dafür waren die Grossbanken, wo der Zinsertrag rückläufig war und der Zinsaufwand stark zunahm. In der Krise kam die CS nur zu (der dringend benötigten) Liquidität, wenn sie einen gegenüber dem Marktsatz deutlich höheren Zins bezahlte – sei es der SNB für deren Notkredite oder am Markt von ausländischen Akteuren (bei Inländern hätte sich der Effekt aufgehoben).

Hess konnte sich im Zusammenhang mit dem Zinsgeschäft eine bissige Bemerkung (oder «sachliche Feststellung», je nach Standpunkt) nicht verkneifen. Die SNB hat 2023 und 2024 mit verschiedenen Massnahmen ihre eigene Zinsbelastung für die Sichtguthaben der Banken gesenkt habe und dies auch so begründet. Für Hess ist es eine Premiere, dass die Umsetzung der Geldpolitik nicht nur effizient, sondern zusätzlich auch noch «kostengünstig» sein muss.

Sinkende Zinsen trüben den Ausblick...

Die von der SNB geprägte Zinsentwicklung machte sich aber auch im Kommissions- und Dienstleistungsgeschäft bemerkbar, das erneut rückläufig war und noch 21,8 Milliarden (–6,7 Prozent) einbrachte. Hier ist gemäss Hess auch der Wegfall der Kontoführungsgebühren ins Gewicht gefallen, die Banken in der Negativzinsperiode erhoben hatten. Mit Blick auf das freundliche Börsenjahr erwartungsgemäss gesteigert konnte der Erfolg aus dem Handelsgeschäft, um 21,3 Prozent auf 10,9 Milliarden Franken.

Die Aussichten für das laufende Jahr werden von den 15 von der SBVg für den «Swiss Banking Outlook» befragten Experten als stabil eingeschätzt. Vor dem Hintergrund sinkender Zinsen dürfte der Erfolg im Zinsgeschäft rückläufig sein. Die Befragten gehen davon aus, dass dies durch eine positive Entwicklung beim Kommissions-, Dienstleistungs- sowie Handelsgeschäft zumindest teilweise ausgeglichen werden kann.

...und kurbeln die Kreditvergabe nicht an

Trotz sinkender Zinsen erwarten die Experten, dass das Kreditwachstum 2024 unterdurchschnittlich ausfallen wird. Das gelte insbesondere für Hypothekarkredite, weil das Angebot am Immobilienmarkt rückläufig sei und Einsprachen sowie Bauregulierungen zunähmen.

In Bezug auf den Firmenkreditmarkt erwartet die Mehrheit der Befragten, dass zunehmend Nicht-Banken Kredite an Unternehmen vergeben, was den Wettbewerb verschärfen und den Margendruck erhöhen wird.

Risiko Nummer 1: Dichte und Komplexität der Regulierung

Und was sind die grössten Risiken für den Schweizer Bankenplatz? Die Experten nennen, vielleicht sensibilisiert durch eigene diesbezügliche Erfahrungen, die zunehmende Regulierungsdichte und steigende Komplexität. Das wird deutlich höhere Kosten zur Folge haben. Anders als noch vor einem Jahr (Chancen und Risiken werden nur jährlich erhoben) sind alle 15 Befragten der Ansicht, dass die Regulierungsdichte ein «wichtiges oder sogar sehr wichtiges Risiko» ist.

Auch auch das Zinsgeschäft wird schwieriger. «Sinkende Zinsen sowie strukturell und historisch niedrige Nettozinsmargen stellen insbesondere die inländisch orientierten Banken vor Herausforderungen», wird im Outlook festgehalten. Als «wichtiges Risiko» bezeichnen die Experten Billiganbieter (Bankdiscounter) und Technologieunternehmen, die vermehrt in den Markt (speziell im Zahlungsverkehr) eintreten könnten.

UBS als strategischer Vorteil für die Schweiz

Aber man soll – um ein Votum von Hess aufzunehmen – nicht immer nur von den Risiken, sondern auch einmal von den Chancen sprechen. Er bezog sich dabei indes darauf, dass die Politik die UBS einseitig als Risiko betrachte und behandle. Für die Schweiz mit ihren international tätigen grossen Unternehmen sei es aber ein strategischer Vorteil (und damit auch eine Chance), dass sie weiterhin über (mindestens noch, ist man versucht einzuflechten) eine Grossbank verfüge.

Daher zum Schluss zu den Chancen: Zu diesen gehört wie im Vorjahr die weitere Verbesserung des Kundenerlebnisses durch digitale Kanäle. Neu nennen die Experten die anziehende internationale Konjunktur und die Rückkehr zu einer neutralen Geldpolitik in der Schweiz, weil dies die Nachfrage nach Bankdienstleistungen ankurbeln soll.

Begeistert von Krypto, ernüchtert über Sustainable Finance

Am stärksten verändert hat sich die Einschätzung von Kryptowährungen. Waren 2023 nur 13 Prozent der Ansicht, dass Kryptowährungen die Anlagevolumen steigern werden, sind es in diesem Jahr 50 Prozent.

Dafür wird das Thema nachhaltiges Anlegen weniger euphorisch eingeschätzt. Nur noch knapp die Hälfte der Experten (statt vier Fünftel) ist der Meinung, dass Sustainable Finance weitere Kundensegmente zu margenstarken Produkten bewegen kann. Die andere Hälfte erkennt in nachhaltigen Finanzprodukten keine wesentliche Ertragschance für den Schweizer Bankenplatz mehr.