Die monatelangen Unruhen und das neue Sicherheitsgesetz in Hongkong fordern ihren Tribut: Im Banking hat eine stille Verlagerung begonnen – grosser Profiteur ist ein anderer asiatischer Finanzplatz.
Hongkong und Singapur, das ist wie Zürich und London: Im Wettbewerb der Finanzstandorte ringen die Städte seit Jahren um die Krone in ihrer jeweiligen Region – wobei die beiden asiatischen Plätze in einem Markt wetteifern, dem das grösste Wachstumspotenzial zugesprochen wird.
Während Hongkong zuletzt noch mehr Zulauf ausweisen konnte als der südlicher gelegene asiatische Stadtstaat Singapur, hat die «Dracheninsel» einen Dämpfer erlitten; wie die britische Zeitung «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) berichtete, ist dort eine stille Absetzbewegung von Bankjobs in Gange.
Acht mal mehr Stellen bei der UBS offen
Das britische Blatt liest dies unter anderem aus den Stellenanzeigen fürs Investmentbanking auf dem Online-Portal Linkedin heraus. Diverse wichtige Player schreiben in Singapur mittlerweile deutlich mehr Stellen aus als in Hongkong.
Zu den Spitzenreiterin zählt dabei die UBS, die grösste Privatbank in der Region, die aber auch Investmentbank-Operationen in Asien unterhält. Wie die amerikanische Rivalin J.P. Morgan sucht die Schweizer Grossbank rund acht mal mehr Stellen in Singapur zu besetzen als in Hongkong; bei der Credit Suisse (CS) sind doppelt so viele Positionen in Singapur offen.
Hongkong galt bis anhin als wichtigster Hub fürs Geschäft mit Firmen und den Handel mit Wertschriften in der Region. Nun sind diverse Banken daran, die geopolitischen Risiken in Asien breiter zu streuen, wie der Bericht einen Chefbanker zitiert. Die Institute reagieren damit auf das neue Sicherheitsgesetz, das China in dem Festland vorgelagerten Finanzplatz durchdrückte.
Als Gesinnungspolizei eingespannt
Die neue Gesetzgebung, die offiziell auf subversive und terroristische Verstösse abzielt, wird in breiten Kreisen der Bevölkerung als Unterdrückung der Meinungsfreiheit interpretiert.
Entsprechend äussern viele ausländische Arbeitskräfte die Befürchtung, dass sie sich aufgrund der anhaltenden Unruhen in der Stadt auch bei ihrer täglichen Arbeit nicht mehr frei und offen gegenüber Kollegen äussern könnten. Schon vor Monaten zeichnete sich deshalb ein Exodus von Bankern in Hongkong ab, wie auch finews.ch berichtete. Als Nutzniesser brachten sich schon damals Taiwan und eben Singapur in Stellung.
Ebenfalls mussten sich die Banken um des Geschäfts in Hongkong willen teils den Wünschen des Regimes in Peking beugen; so haben diverse Institute vor dem Hintergrund des Sicherheitsgesetzes die Sorgfalt-Abklärung von Kunden in Hongkong ausgeweitet. Auch die UBS, Credit Suisse und dei Schweizer Privatbank Julius Bär klären Medienberichten zufolge ab, ob ihre Kunden Verbindungen zur Pro-Demokratie-Bewegung haben.
Von China aus die Welt erobern?
Sinnigerweise hegen die Schweizer Akteure auch grosse Pläne in Festlandchina. Die CS kündete anlässlich des Investorentags vom Dezember eine Wachstums-Offensive im Private Banking an, wobei ein Fokus auf Asien liegt. Konkret investiert wird ins Private Banking in Festland-China, in Südostasien sowie in Indien.
CS-Asienchef Helman Sitohang hatte schon früher erklärt, im Investment Banking, aber auch im Wealth Management die Anzahl Mitarbeiter in China in den kommenden fünf Jahren zu verdoppeln.
Die UBS baut derweil ein neues Hauptquartier in Singapur und will künftig mehr als 30 Prozent der weltweiten Erträge im Geschäft mit schwerreichen Asiaten erzielen. In China zielt die Schweizer Nummer eins auch tiefer: Das Institut plant dort eine Digitalbank fürs Massengeschäft, die dann auch in anderen Weltregionen ausgerollt werden könnte.