Der Finanzplatz Singapur versucht sich seit einigen Jahren auch als Kunstdrehscheibe zu profilieren und begibt sich damit in Konkurrenz zu Hongkong. Eine Einschätzung von finews.art.

Die kürzlich zum dritten Mal durchgeführten Kunstmesse ART SG entwickelt sich zu einem Stelldichein der Kunstbegeisterten in Südostasien. finews.art sprach mit Dong Jo Chang.

Mit seinen Galerien in Seoul und in Singapur hat er die Entwicklung in den beiden Ländern massgeblich geprägt. Im Gespräch erklärt er, warum er auf Singapur statt auf Hongkong setzt, und wie die ART SG den regionalen Markt neu definiert.

Dong Jo Chang, wie bewerten Sie die aktuelle Dynamik im asiatischen Kunstmarkt?

Er befindet sich an einem Wendepunkt. Im Jahr 2022 erreichte der Kunstmarkt Südkoreas ein Rekordhoch von 1 Billion koreanischer Won (750 Millionen Dollar), was einen erheblichen Anstieg des Interesses sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene widerspiegelt.

Auch der breitere asiatische Markt verzeichnet ein wachsendes Engagement von Sammlern, wobei Käufer aus Südostasien eine zunehmend aktive Rolle spielen. Die Nachfrage nach asiatischen Künstlern ist stärker denn je, und ich glaube, dass sich dieser Trend fortsetzen wird.

Sie haben 2019 eine Galerie in Singapur eröffnet. Warum haben Sie sich für Singapur und nicht für Hongkong entschieden?

The Columns Gallery in den Gillman Barracks in Singapur (Bild: finews.art)

Ich habe Singapur als das künftige Zentrum des südostasiatischen Kunstmarkts gewählt. Die politische Stabilität, die starke Finanzinfrastruktur und die Position als kultureller und wirtschaftlicher Angelpunkt machen den Stadtstaat zu einer natürlichen Wahl.

«Hongkongs Rolle als führendes Kunstzentrum in Asien wird durch geopolitische Unsicherheiten herausgefordert»

Während Hongkong historisch den Markt dominiert hat, machen Singapurs steuerliche Vorteile und ein jährliches Kunsthandelsvolumen von 1,1 Milliarden Dollar die Stadt zunehmend attraktiv. Das schnelle Wachstum von ART SG ist ein Beweis dafür.

Hat der Wandel in Hongkongs politischem und wirtschaftlichem Umfeld Singapurs Kunstmarkt begünstigt?

Absolut. Hongkongs Rolle als führendes asiatisches Kunstzentrum wird durch wirtschaftliche Veränderungen und geopolitische Unsicherheiten herausgefordert. Gleichzeitig hat Singapur im Jahr 2023 mehr als 10 Milliarden Dollar an neuen Investitionen von Family Offices angezogen, von denen ein Teil in Kunst und Sammlerstücke fliesst.

Die Kombination aus wirtschaftlicher Stärke und regulatorischer Transparenz macht die Stadt zu einem zunehmend bevorzugten Standort für internationale Sammler und Galerien.

Die zeitgenössische koreanische Kunst gewinnt laufend an Bedeutung. Was treibt diese Faszination an?

Koreas Einfluss reicht weit über K-Pop und Kino hinaus. Der koreanische Kunstmarkt wurde durch die Frieze Seoul, KIAF und eine wachsende institutionelle Präsenz geformt.

«Indonesien, Thailand und die Philippinen verzeichnen steigende Investitionen in zeitgenössische Kunst»

Südkorea gehört mittlerweile zu den zehn grössten Kunstmärkten weltweit, und das Interesse an zeitgenössischen koreanischen Künstlern, insbesondere den Dansaekhwa-Meistern, wächst international weiter.

Besucherinnen und Besucher an der ART SG 2025 (Bild: finews.asia)

Koreanische Sammler erweitern zudem ihren Horizont und engagieren sich zunehmend für südostasiatische und westliche Künstler, wodurch interregionale Verbindungen gestärkt werden.

Sehen Sie Synergien zwischen dem koreanischen Kunstmarkt und Südostasien?

Absolut. Südostasien ist die Heimat einer neuen Generation wohlhabender Sammler. Länder wie Indonesien, Thailand und die Philippinen investieren zunehmend in zeitgenössische Kunst, und koreanische Künstler gewinnen in diesen Märkten an Bedeutung.

Dieser Austausch schafft eine dynamische Brücke zwischen Korea und Südostasien, bei der Sammler und Institutionen über ihre heimischen Kunstszenen hinausblicken und sich mit regionalen und globalen Talenten vernetzen.

Sie nehmen seit drei Jahren an der ART SG teil. Wie bewerten Sie die Rolle dieser Messe in Asien?

Der Stand von The Columns Gallery an der ART SG 2025 (Bild: finews.asia)

Die ART SG hat sich als die führende Messe für zeitgenössische Kunst in Südostasien etabliert. Im Jahr 2024 zog sie mehr als 45'300 Besucherinnen und Besucher sowie 110 internationale Galerien an, was ihre wachsende Bedeutung unterstreicht. Die Sammlerbasis und institutionelle Unterstützung zeigen, dass Singapur ein solider und expandierender Kunstmarkt ist.

Welche Chancen bietet die ART SG internationalen Investoren und Galerien?

Singapurs Status als globales Finanzzentrum strahlt natürlich auch auf den Kunstmarkt aus.

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Kunstwerk von Yue Minjun an der ART SG 2025 (Bild: finews.asia)

Die niedrige Besteuerung von Kunsttransaktionen, eine starke Logistikinfrastruktur und staatlich unterstützte Initiativen machen die Stadt zu einem idealen Standort für hochpreisige Kunstinvestitionen. Die ART SG dient als wichtiger Zugangspunkt für europäische und amerikanische Galerien, die sich mit der nächsten Generation asiatischer Sammler vernetzen möchten.

The Columns Gallery ist sowohl in Seoul als auch in Singapur vertreten. Was ist das Geheimnis Ihres Erfolgs in so unterschiedlichen Märkten?

Seit mehr als 25 Jahren ist The Columns Gallery eine zentrale Brücke zwischen Korea und dem internationalen Kunstmarkt. Sie bringt koreanische Künstler einem weltweiten Publikum näher und führt gleichzeitig internationale Kunst in Korea ein.

Mit der Teilnahme an sieben internationalen Kunstmessen im vergangenen Jahr erweitert die Galerie laufend ihre Reichweite und fördert koreanische Künstler auf der Weltbühne.


Künstlerin Shavonne Wong und Dong Jo Chang (Bild: finews.asia)

Dong Jo Chang ist der Gründer von The Columns Gallery mit Standorten in Seoul und Singapur. Ursprünglich in New York gegründet, zog die Galerie 2005 nach Korea um und hat sich seitdem als führende Kraft in der zeitgenössischen asiatischen Kunst etabliert. The Columns Gallery ist auf koreanische monochrome Malerei (Dansaekhwa) und aufstrebende südostasiatische Künstler spezialisiert und verbindet durch die Teilnahme an wichtigen internationalen Kunstmessen asiatische Künstler mit dem globalen Markt.


Interview by 唐思艺 (Táng Sī Yì)