Trotz Coronakrise sind gleich mehrere digitale Vermögensverwalter in der Schweiz gestartet. Sie könnten jetzt Private-Banking-Geschichte schreiben – wenn sie aus dem Scheitern ihrer Vorgänger lernen.
François Reyl, Miteigentümer und CEO der gleichnamigen Genfer Finanzboutique, ist von Hause aus Investmentbanker. Als solcher verfügt er über eine feine Nase für Opportunitäten – eine Fähigkeit, welche er jüngst eindrücklich unter Beweis stellte: Mitten im von der Coronakrise ausgelösten Digitalisierungsschub lancierte Reyl die Tochterfirma Alpian.
Der Ankündigung nach handelt es sich dabei um eine digitale Bank, die Private Banking auch für «Affluent»-Kunden zugänglich machen soll.
Auch jenseits von Alpian erlebt die digitale Vermögensverwaltung gerade einen Schub. Die Postbank Postfinance kündete kürzlich eine Anlagelösung an, die rein online funktioniert; Robo-Advisor wie Selma sprechen von massivem Zufluss, ebenso Smartphone-Banken wie N26 oder Revolut. Im Sommer ist neue Bewegung zu erwarten, wenn die Raiffeisen-Gruppe ihre Adapition der Vontobel-App Volt für ihre Kunden «live» schaltet.
«Konkurrenz wird noch zunehmen»
Derweil tüftelt die Grossbank Credit Suisse (CS) an ihrer digitalen Direktbank. Diese wird laut Kennern mit hoher Wahrscheinlichkeit eine «Killer App» im Bereich der Vermögensverwaltung beeinhalten. Ingo Rauser und Nils Reimelt von der Beratungsfirma Capco, die in diverse Digitalvorhaben im Swiss Banking involviert sind, erwarten nun noch mehr Bewegung in dem Feld: «Die Konkurrenz im Bereich digitaler Vermögensverwaltungs-Lösungen wird wohl noch deutlich zunehmen.»
Sinnigerweise herrscht nicht nur Aufbruchstimmung im digitalen Private Banking. Dieser Tage vermeldete die Zürcher Falcon Private Bank den Entscheid zur Liquidiation. Damit geht ein Pionier jenes Zukunftsgeschäfts; 2017 hatte das Institut entschieden, das digitale Private Banking in den Mittelpunkt seiner Strategie zu stellen. Insbesondere im Kryptobanking hat sich Falcon seither einen Namen gemacht. Doch die hohen Ausgaben für die technologische Aufrüstung blieben am Ende ohne Ernte – der «Falke» bleibt für immer am Boden.
Kein Schnauf mehr, Lizenz zurück
Bereits 2016 hatte die erste der Schweizer digital-Privatbanken dasselbe Schicksal ereilt. Die als Bank Leodan neu lancierte frühere PHZ Privatbank in Zürich verabschiedete sich damals aus dem Geschäft. Ihr war noch mitten im Start der «Schnauf» ausgegangen, wie finews.ch damals berichtete. Zum Scherbenhaufen zerfiel auch Flynt, der digitale Wealth Manager des vormaligen Leonteq-Chefs Jan Schoch. Das Unternehmen musste 2017 die Banklizenz zurückgeben.
Auch sonst mangelt es in den letzten Jahren nicht an gescheiterten Initiativen von Schweizer Akteuren oder auf dem hiesigen Markt. So stellte die Grossbank UBS ihren Online-Vermögensverwaltungs-Piloten Smartwealth in Grossbritannien 2018 ein. 2019 fielen die Robo-Advisor Elvia E-Invest, die deutsche Scalable Capital und der Investomat der Glarner Kantonalbank hierzulande aus dem Rennen.
Den neuen Vorhaben stehen damit mindestens so viele gescheiterte Versuche gegenüber. Lässt sich aus vergangenen Fehlern lernen?
Digitale Flucht misslingt
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