Auch wenn die Credit Suisse auf den ersten Blick ein gutes Resultat ablieferte: Die Bank hat mit einigen Herausforderungen zu kämpfen. finews.ch hat die sieben wichtigsten Aspekte der Quartalszahlen analysiert.

Für sein erstes Quartal als CEO der Credit Suisse (CS) hätte sich Thomas Gottstein vermutlich ruhigere Zeiten erhofft, in denen er sich weltweit als Chef hätte präsentieren können, statt die Grossbank vom Homeoffice aus managen zu müssen. finews.ch hat die wichtigsten Aspekte von Gottsteins Einstands-Quartal analysiert – wobei nicht alle Entwicklungen auf die Coronavirus-Pandemie zurückzuführen sind. 

1. Die Credit Suisse braucht die Schweiz mehr denn je

Es sei eine ihrer Stärken, und doch lässt die Aussage in den Quartalsunterlagen der CS aufhorchen: Hohe Abhängigkeit von einer belastbaren Schweizer Wirtschaft. Dies zeigt sich auch daran, dass die Grossbank dem belastbaren und profitablen Geschäft im Heimatmarkt eine entscheidende strategische Bedeutung beimisst.

Die Zahlen der Credit Suisse sprechen dieselbe Sprache: In den Jahren 2017 bis 2019 betrug der durchschnittliche bereinigte Vorsteuergewinn der Gruppe 3,7 Milliarden Franken pro Jahr, von dem das Schweiz-Geschäft alleine bereits 38 Prozent ausgemacht hat. Gleichzeitig zeigt sich der hiesige Markt überaus resilient: Nirgendwo sonst muss die Grossbank weniger Rückstellungen für Kreditverluste bilden, im Verhältnis zu den Ausleihungen gesehen.

2. Gutes Resultat dank Sondereffekten

Wer die tatsächliche Leistung der CS beurteilen will, muss sehr genau hinschauen. Das Resultat im ersten Quartal wurde nicht nur durch die Coronavirus-Pandemie verzerrt, sondern auch durch Steuereffekte und den Verkauf eines Geschäftsbereichs. Namentlich der Verkauf von Investlab, welcher der Bank schon das vierte Quartal 2019 versüsste, spülte erneut Geld in die Kassen.

Diese Positionen erhöhten den Reingewinn um 739 Millionen ohne welche die Coronavirus-Pandemie für einen Gewinnsturz von 23 Prozent gesorgt hätte. Vor diesem Hintergrund erscheint auch die Vorankündigung der Bank im März etwas schönfärberisch, wonach man in den ersten zwei Monaten des Jahres den Vorsteuergewinn des ersten Quartals von 2019 bereits egalisiert habe.

3. Das Investment Banking bleibt jeden Beweis schuldig

Das Beratungs- und Kapitalmarktgeschäft erweist sich für die CS je länger je mehr zur Problem-Division. Auch ohne die getätigten Rückstellungen für Kreditausfälle in der Höhe von 155 Millionen Franken hätte ein Verlust resultiert – wie schon vor Jahresfrist und im vierten Quartal 2019.

Völlig eingebrochen ist das Leveraged-Finance- und Derivate-Geschäft – ausgerechnet eine Disziplin, in welcher die CS traditionsgemäss stark ist. Zwar laufen die Kostensenkungen nach Plan, doch bleibt die Division seit einiger Zeit den Beweis schuldig, für die CS eine tragende Stütze zu sein. Der Ausblick im Advisory und Underwriting-Geschäft gibt keinen Anlass zu glauben, dass sich das Geschäft – seit einem halben Jahr unter neuer Führung –verbessert.

4. Tidjane Thiams «hässliche Entlein» sind zurück

Trotz dem mehrjährigen Umbau der CS unter Gottsteins Vorgägner Tidjane Thiam kam es im ersten Quartal 2020 zu einem Déjà Vu: Wie schon 2016 kam es zu einem Preiscrash beim Öl und in der Folge zu Verlusten bei der CS-Investmentbank. Obwohl die Preise tiefer fielen und die Wirtschaft auch abgesehen davon eine Vollbremsung machte, verlor die CS heuer immerhin weniger Geld: 2016 waren es etwa 500 Millionen Franken, 2020 fielen Bewertungsverluste von 444 Millionen Franken an.

Der Risiko-Abbau scheint also zumindest teilweise funktioniert zu haben. Trotzdem zeigt das katastrophale Resultat (392 Millionen Franken Verlust bei Investment Banking & Capital Markets), dass die grösste Investmentbank der Schweiz immer noch hart am Wind segelt, mit Produkten, die Thiam damals als «hässliche Entlein» bezeichnet hatte.

5. Private Banking: Wie tief geht der Schnitt?

Die Credit Suisse läuft ihrer Erzrivalin UBS seit Jahren bei den Erträgen aus Darlehen an reiche Private-Banking-Kunden den Rang ab. Zumindest zum Beginn der Corona-Krise hat sich nun gezeigt, dass die Bank dabei auch die gebührende Vorsicht walten liess: Die Ausleihungen brachen nicht zusammen und die Rückstellungen für Kreditausfälle hatten nur im asiatischen Private Banking deutliche Auswirkungen auf den Vorsteuergewinn, das Nettozinseinkommen aus Private-Banking-Aktivitäten stieg sogar leicht an.

Trotz diesem guten Start ins Jahr schlummern hier allerdings Risiken: Die verwalteten Vermögen sanken um 9 Prozent, womit auch die darauf berechneten Gebühren nachhaltig tiefer ausfallen werden. Ob die Kunden der Bank zudem auch in der nun drohenden tiefen Rezession weiterhin fleissig handeln und damit für Ertrag sorgen, ist fraglich.

6. Ist das Asset Management die neue Black Box?

Das Asset Management ist bei der CS in Bezug auf die Coronarisiken ein grosses Fragezeichen. Im Ausblick warnt die Grossbank ausdrücklich, dass Anlagen im Asset Management weitere Wertberichtigungen erfahren könnten. Im ersten Quartal musste die CS in der Einheit 101 Millionen Franken ans Bein streichen.

Der Grund: Die Bank steckt bei der Lancierung von Fonds und Produkten einiges an eigenem Geld, sogenanntes Seed Money, hinein. Dieses Geld ist bei Marktschwankungen im Risiko. Kommt es zu neuerlichen Volatilitätsausschlägen an den Märkten, könnte die CS weiteres Geld verlieren. Gemäss eigenen Angaben hat sie rund 2,5 Milliarden Franken in ihren Asset-Management-Produkten.

7. Vom Sparen wird man reich

Auch wenn die CS schön gesagt gerade turbulente Zeiten durchlebt, ihre Kostendisziplin kann sich definitiv sehen lassen. Es gelang ihr, den Geschäftsaufwand für das erste Quartal 2020 gegenüber dem ersten Quartal 2019 um 6 Prozent auf 4 Milliarden Franken zu senken, was sich in einer Cost-Income-Ratio von 69,4 statt 78,8 Prozent niederschlägt.

Besonders angezogen hat sie die Sparschrauben in der Investmentbank, wo der Geschäftsaufwand alleine um 5 Prozent gesunken ist gegenüber dem Vorjahr. Dies hauptsächlich dank einem niedrigeren Vergütungsaufwand, also weniger Geld für die Banker. Gleichzeitig fielen Aufwendungen im Zusammenhang mit Immobilienverkäufen aus dem ersten Quartal 2019 weg.