Der Skandal um die Ermordung eines Journalisten hielt den Credit-Suisse-CEO letztes Jahr noch von der Teilnahme an einem Stelldichein der Mächtigen in Saudi-Arabien ab. Heuer ist die zweitgrösste Schweizer Bank dort prominent vertreten.
Auch über ein Jahr nach dem Mord am saudi-arabischen Journalisten Jamal Khashoggi in Istanbul bleibt der Kronprinz des Wüstenstaats, Mohammed bin Salman (MBS), umstritten. Ihm wird immer wieder vorgeworfen, den Mord an dem unliebsamen Kritiker Khashoggi in Auftrag gegeben zu haben.
Wie ungern sich die internationale Elite mit dem Kronprinzen in Verbindung bringen lässt, zeigt ein Blick auf die Website seines Prestige-Anlasses, der «Future Investment Initiative».
Dort sind vier Tage vor dem Treffen weder Teilnehmer noch Partner-Unternehmen aufgeführt. Im Jahr zuvor hatte die CS noch Co-Sponsor des Anlasses gewesen. Dieser soll auch dieses Jahr im Hotel Ritz Carlton in Riad stattfinden.
Die globale Wirtschaftselite trifft sich damit in dem selben Hotel, in welchem MBS im Jahr 2017 superreiche Saudis festgehalten hatte und teilweise hatte misshandeln lassen, um ihnen «unversteuerte» Vermögen abzupressen und damit die Staatskasse des Königreichs in Nahost zu füllen.
Leisere Kritik
Das amerikanische Nachrichtenportal «Axios» hat eine vorläufige Kopie des detaillierten Programms veröffentlicht. Dieses zeigt, dass sich die globale Polit- und Finanzelite heuer ungeachtet der anhaltenden Kritik ein Stelldichein in Riad geben wird.
Unter diesen ist auch Tidjane Thiam, der CEO der Credit Suisse (CS). Dieser hatte vergangenes Jahr als einer der letzten Spitzenmanager seine Teilnahme abgesagt, nachdem die Kritik am Regime in Saudi-Arabien zu laut geworden war.
Schweizer Quartett
Nun stellt seine Bank die Hälfte der Schweizer Teilnehmer mit einer aktiven Rolle am sogenannten «WEF in der Wüste». Neben Thiam soll auch Marisa Drew, die bei der CS für nachhaltiges Investieren zuständig ist, an einem Panel teilnehmen.
Auf Anfrage von finews.ch wollte die CS dazu keinen Kommentar abgeben. Wie finews.ch bereits berichtete, reist auch Bundesrat Ueli Maurer nach Saudi-Arabien – zusammen mit Erik Kaas von der Partners Group macht er das Schweizer Quartett mit Bühnenpräsenz in Riad voll.
CS-Konkurrenten dabei
Die Vertreter der Schweizer Finanzbranche befinden sich dort allerdings in illustrer Gesellschaft: Blackrock-Gründer Larry Fink ist ebenso angekündigt wie die Hedgefonds-Gurus Ray Dalio, Daniel Loeb und Barry Sternlicht.
Auch die direkte Konkurrenz der CS schickt Vertreter. Laut «Bloomberg» soll Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing teilnehmen, ebenso wie die CEOs von HSBC und Citigroup. Von der wichtigsten Rivalin der CS, der grössten Schweizer Bank UBS, ist im Programm hingegen niemand aufgeführt.
Börsengang der Superlative
Für die CS ist Saudi-Arabien schon länger ein wichtiger Markt. Wie auch finews.ch berichtete, bemühte sich die Bank dort lange um eine volle Banklizenz, welche sie dieses Jahr erhalten hat.
Letzten Monat hat dort mit Khalid Al Ghamdi ein neuer Länderchef zur Schweizer Bank gewechselt. Neben reichen Kunden aus dem Königreich rennt die CS ausserdem – zusammen mit der UBS und 23 weitern Investmentbanken – dem Börsengang der Superlative der staatlichen Ölfirma Saudi Aramco hinterher, welcher allerdings schon mehrere Male verschoben wurde.
Dünnes Eis
Thiam und Drew haben also gute Gründe, um die Gunst der lokalen Elite zu weibeln, auch wenn sie sich damit auf dünnes Eis begeben. Einigen Firmen wurde der Anlass bereits wieder zu heikel.
So hat «Bloomberg Television» die Journalisten, welche eigentlich neun Panels hätten moderieren sollen, wieder aus dem Programm nehmen lassen. Man werde nur über den Anlass berichten, selbst aber nicht Teil davon sein, sagte der Informationskonzern gegenüber «Axios», nachdem dort das Detailprogramm mit den Namen der Moderatoren veröffentlicht worden war.