So dramatisch die vergangenen Woche für Iqbal Khan auch waren, das Leben des derzeit meist beachteten Schweizer Bankers wird morgen mit seinem Start bei der UBS noch aufregender. Shruti Advani, Redaktorin bei finews.com, sinniert darüber, was nötig ist, damit Khan im neuen Haifischbecken überlebt.
Ähnlich wie Boris Collardis überraschender Rücktritt bei Julius Bär und seine anschliessende Ernennung zum Partner bei Pictet oder Andrea Orcels «Fast-CEO-Debakel» bei Santander nach einer steilen Karriere bei der UBS, erhält nun Iqbal Khan (Bild unten) eine beispiellose Aufmerksamkeit – und dies noch vor seinem ersten Arbeitstag als Co-Leiter der UBS-Vermögensverwaltung.
Viel steht auf dem Spiel
Doch was braucht es, um im Haifischbecken des grössten Vermögensverwalters der Welt zu überleben? finews.com Redaktorin Shruti Advani hat ein paar praxisbezogene Überlegungen angestellt.
Lieber Herr Khan
Zugegeben, es mag vielleicht etwas weniger aufregend sein, bei der UBS als Co-Leiter der Vermögensverwaltung anzufangen, als gleich in den Olymp aufzusteigen. Doch der jetzige Job kommt aller Voraussicht nach mit den goldenen Schlüsseln zum späteren Königreich. Daher wäre es dumm, sich nun in einen erbitterten Wettbewerb mit Ihrem Co-Leiter-Kollegen Tom Naratil (Bild unten) zu stürzen.
Denn niemand erwartet doch im Ernst, dass Sie der faktische Leiter des USA-Geschäfts dereinst als CEO der UBS links überholen wird. Naratil hat ohnehin alle Hände voll zu tun, um sein Geschäft wieder auf Vordermann zu bringen – allein im vergangenen Jahr musste er in den USA einen Vermögensabfluss von mehr als 4 Milliarden Dollar verbuchen.
Und in diesem Jahr hat sich an diesem Trend nicht viel geändert. Die Erträge gingen gegenüber dem Vorjahr im zweiten Quartal 2019 weiter zurück, und trotz steigender Neuanstellungen 2018 verlor die Bank innert Jahresfrist mehr als 250 Kundenberater – fast alle stammten aus Naratils US-Geschäft.
Kurzum, das Rennen wird sicherlich lang sein, aber letztlich liegt es an Ihnen, erfolgreich über die Runden zu kommen.
Ermotti ist Gott...
So berauschend Ihre Ankunft bei der UBS auch sein mag, wiederholen Sie bloss nicht die Fehler von früher mit Ihrem neuen Chef. Natürlich sind sie derzeit zweifelsohne das Wunderkind im Swiss Banking – doch das ist Fluch und Segen zugleich. Das weiss auch Ihr Vorgesetzter, Sergio Ermotti (Bild unten), der Sie führen muss.
Versuchen Sie auf keinen Fall, Ihren Chef zu blenden. Erinnern Sie sich an den CEO einer Bank, der von seinem Verwaltungsratspräsidenten einen Parkplatz für seinen Ferrari in der Bankgarage einforderte? Er blieb nicht lange CEO – zumindest nicht bei jener Bank.
Und seien Sie vorsichtig, wenn Sie Ermottis Lieblingsprojekte in Frage zu stellen oder – Gott bewahre – das Haus neben seinem kaufen wollen. Denken Sie daran, dass viele CEO-Kronfavoriten nie über ebendiesen Titel hinaus kamen.
Behutsam in Asien
Der Frust, den Sie gemäss manchen Medienberichten offenbar hatten, weil Sie bei Ihrer früheren Arbeitgeberin nicht über Asien sprechen konnten, sollte Sie bei der UBS demütig stimmen – gerade wenn ab morgen auch dieser Markt unter Ihren Fittichen steht.
Mit fast 411 Milliarden Dollar an Kundengeldern ist die UBS die unangefochtene Marktführerin in Asien. Das heisst etwas. Also tun Sie gut daran, keine Gelegenheit auszulassen, Ihren Mitarbeitern dort Ihre Referenz zu erweisen.
Denn die Leute unter Edmund Koh (Bild unten) leisten hervorragende Arbeit. Zeigen Sie sich persönlich zwischen Singapur und Hongkong und begeistern Sie die Leute mit Ihrer Eloquenz und sympathischen Unaufgeregtheit.
Konzentrieren Sie sich aufs Wesentliche. Insbesondere sollten Sie in Asien keine weiteren Kundenberater engagieren oder gar neue Niederlassungen eröffnen. Setzen Sie Ihre Prioritäten stattdessen auf weitere Kostensenkungen – sei es durch Stellenabbau oder durch die Beschränkung regionaler Strategien. Daran müssen alle Privatbanken in dieser Gegend arbeiten.
Und wichtig: Die UBS kann es sich leisten, die anhaltenden und weiteren Turbulenzen auszusitzen, ohne dabei zu befürchten, ihre Pole-Position in Asien zu verlieren. Sehr oft ist es schwieriger, das laufende Geschäft in Bewegung zu halten, als es in Bewegung zu bringen. Gerade in Asien wird es für Sie eine Herausforderung sein, die Befindlichkeiten der asiatischen Belegschaft zu verstehen und gleichzeitig Ihren Chefs am Hauptsitz in Zürich zu gefallen.
Wer nichts wagt, gewinnt nichts, zugegeben. Aber es wird an Ihnen liegen, die feine Balance zwischen allen Ihren Anspruchsgruppen zu finden. Viel Spass also im neuen Job.
Mit besten Grüssen
Shruti Advani