Der Verbleib von Walter B. Kielholz im Stiftungsrat des Lucerne Festival fordert einen überraschenden Tribut: Das Ehepaar Müller beendet nach 25 Jahren sein sechsstelliges Engagement als Sponsor des Weltklasse-Festivals.
Mit zweijähriger Verzögerung findet der Niedergang der Credit Suisse ein geräuschvolles Echo in der klassischen Musik.
Wie die «Sonntagszeitung» in ihrer jüngsten Ausgabe berichtet, zieht sich das Ehepaar Sibylla und Christoph M. Müller als Hauptsponsor des Lucerne Festival zurück, dem wohl prestigeträchtigsten und international renommiertesten Klassik-Festival der Schweiz unter der Leitung von Intendant Michael Haefliger.
Rascher Rücktritt von Urs Rohner
Der Recherche des Blattes ist zu entnehmen, dass der Hauptsponsor die Festivalleitung nach der Notfusion darum gebeten habe, die beiden ehemaligen Credit-Suisse-Präsidenten Urs Rohner und Walter B. Kielholz aus dem Stiftungsrat des Lucerne Festival zu entfernen.
Diese Bemühung fruchtete nur teilweise: Urs Rohner verliess das Gremium noch im Jahr 2023. Seinen Sitz nahm neu als Vertreter der UBS Iqbal Khan ein; die UBS setzt das frühere Commitment der Credit Suisse fort, das unter Anderem aus einem Preis für junge Solisten besteht. Daraufhin erneuerte das Ehepaar Müller sein Engagement für das Jahr 2024.
Kielholz als Stein des Anstosses
Kielholz aber verblieb in dem Gremium. Aus der Finanzbranche gehören diesem auch Suisse-Life-Präsident Rolf Dörig, Zurich-Präsident Michel M. Liès, die ehemalige Zurich-Personal und -Kultur-Chefin Isabelle Welton sowie der frühere Roche-CEO und Credit-Suisse-Verwaltungsrat Christoph Franz an.
«Ich war empört», sagt Müller dazu gegenüber der «Sonntagszeitung». «Wenn wir gewusst hätten, dass Kielholz bleibt, hätten wir das Sponsoring für 2024 nie erneuert.» Der ehemalige Hauptsponsor lässt durchblicken, dass er sich nicht transparent informiert fühlte: «Man hatte offensichtlich weder den Mut, Kielholz den Rücktritt nahezulegen, noch mich über den Verbleib zu informieren.»
Am 13. Dezember 2024 kam es dann laut den Medienbericht zu einer Aussprache zwischen Christoph M. Müller und Intendant Haefliger im Restaurant Reussbad in Luzern: «Als Müller fragte, wann Kielholz endlich abtrete, sagte Haefliger, ein vorzeitiger Rückzug sei nicht geplant, Kielholz werde 2025 ohnehin von einem anderen Vertreter des Rückversicherers Swiss Re abgelöst, bei dem Kielholz Ehrenpräsident ist», so die Zeitung.
«Gesellschaftliche Ächtung spüren»
Mit dieser Antwort wollte sich Müller nicht abfinden und entschied gemeinsam mit seiner Frau, das Sponsoring per 2025 einzustellen.
Gegenüber dem Tamedia-Titel legt er seine Beweggründe dar. «Es ist mit den Werten einer Kulturinstitution nicht vereinbar, dass sich die früheren CS-Chefs dank des Festivals weiterhin in ein gutes Licht stellen können.» Es gehe um «Werte in der Kultur und der Gesellschaft». Er habe sich entschieden, an die Öffentlichkeit zu gehen. «Die sollen die gesellschaftliche Ächtung spüren, das ist wichtig.»
Ersatz bereits gefunden
Das Lucerne Festival wird mit der Stellungnahme zitiert: «Wir bedauern den Entscheid, sind aber Dr. Christoph M. Müller und Sibylla M. Müller für ihr grosszügiges Engagement über viele Jahre hinweg sehr dankbar.» Was Walter Kielholz anbelangt, so sei dieser als «Vertreter unseres langjährigen Sponsors Swiss Re, dessen Ehrenpräsident er ist, seit vielen Jahren ein wertvolles und engagiertes Stiftungsratsmitglied, dem das Festival, auch als langjähriger privater Mäzen, viel zu verdanken hat.»
Die «Sonntagszeitung» schreibt mit Berufung auf Insider, dass das Hauptsponsoring dem Festival jährlich einen «mittleren sechsstelligen Betrag» eintrage. Dennoch sieht es so aus, als seien die finanziellen Auswirkungen für das Lucerne Festival überschaubar: Offenbar springt die Familie Schwöbel, Besitzerin des Medtech-Unternehmens B. Braun, in die Bresche.
Erfahrungen auf dem Finanzplatz
Die Kontroverse verdeutlicht unterschiedliche Philosophien über die gesellschaftliche Verantwortlichkeit ehemaliger Finanzplatz-Konzernlenker.
Christoph M. Müller hat es als ehemaliger Wirtschaftsanwalt und als Immobilien-Investor zu beträchtlichem Vermögen gebracht. Gemeinsam mit seiner Frau besitzt er die auf Heizungssysteme spezialisierte Vaillant Group. Auch auf dem Finanzplatz hat er einige Erfahrungen: Vor etwas mehr als zehn Jahren gehörte er zeitweise den Verwaltungsräten von Citibank und Commerzbank in der Schweiz an.