Anlässlich der Halbjahreszahlen hat die Bankführung den schlechten Geschäftsgang der Postfinance herausgestrichen. Die Selbstkritik ist ein Hohn für die Angestellten und gleicht dem Spiel mit dem Feuer, findet finews.ch.
Der Postfinance geht es nicht gut. Das lässt sich aus den am (heutigen) Donnerstag vermeldeten Zahlen lesen. Gegenüber dem Vorjahr hat sich das Betriebsergebnis im ersten Semester 2018 von 387 Millionen auf 146 Millionen Franken mehr als halbiert.
Das sagt uns allerdings auch die Firmenführung um CEO Hansruedi Köng: Sie hielt in der Mitteilung nicht nur das «markant tiefere Ergebnis» fest. Sie kündigte zudem an, dass die Misere weitergeht. «Die negative Entwicklung entspricht aufgrund der anhaltenden Tiefzinsphase an den Geld- und Kapitalmärkten den Erwartungen und wird sich fortsetzen», hiess es.
Gleicht die Posttochter – notabene der Ertragstreiber des Staatskonzerns – einer zweiten Titanic, die unaufhaltsam auf den Eisberg zusteuert? Bleibt Kapitän Köng und seinen Offizieren auf der Brücke nichts anderes übrig, als auf die Kollision zu warten?
Kein kohlebefeuerter Koloss
Mitnichten. Die Postfinance ist kein kohlebefeuerter Stahlkoloss aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Sondern eine moderne Grossbank, ein selbsternanntes «Digital Powerhouse», das nach den Grundsätzen der Betriebswirtschaftslehre geführt wird.
Dieser Lehre zufolge hat das Management alle vernünftigen Instrumente auszuschöpfen, um sich gegen die Gewinnerosion zu stemmen und einen Turnaround zu bewirken. Oder, um beim Titanic-Bild zu bleiben: das Steuer herumzuwerfen.
Nur eines geht gar nicht – zuwarten, bis sich die Lage weiter eintrübt.
Schlechtmacherei aus Kalkül?
Hinter der offensichtlichen Schlechtmacherei von Donnerstag mag politisches Kalkül stecken. Könnte die Postfinance selber Hypotheken vergeben, glaubt die Bankführung, dann liesse sich die Negativspirale aufhalten. Anders als den Kantonalbanken ist der Postbank als Staatsunternehmen jedoch die Kreditvergabe untersagt.
Seit seinem Antritt als CEO wälzt Köng Varianten, wie sich diese Sperre aufheben liesse – die Teilprivatisierung via Börsengang ist eines der gewagteren Szenarien. In den letzten Jahren geschah jedoch wenig in diese Richtung. Glaubt die Bankspitze etwa, dass sich die Dinge bewegen werden, wenn es der Postfinance nur schlecht genug geht?
Das Engagement der Angestellten entwerten
Trifft dies zu, wäre das eine höchst riskante Taktik. Denn die Schlechtmacherei entwertet das Engagement von weit über 3'000 Angestellten, die sich täglich bemühen, das Unternehmen auch im schwierigen Umfeld vorwärtszubringen.
Und die obendrein um ihren Job fürchten müssen, seit der Konzern den Abbau von 500 Stellen angekündigt hat. Der Fatalismus der Unternehmensführung sendet auch ein beunruhigendes Signal an die 3 Millionen Kunden in der Schweiz. Diese könnten es sich künftig zweimal überlegen, ob sie einer Titanic-Bank ihr Geld anvertrauen. Zumal diese Bank die Konditionen für die Kunden nun erneut verschlechtert hat.
Zündeln mit dem Finanzsystem
Köng & Co. sollten den Goodwill nicht überschätzen, den die Postfinance mit ihrem transparenten Geschäftsmodell in der Bevölkerung geniesst. Nach den Turbulenzen um Postauto, eine andere Posttochter, ist es um das Image des gelben Staatsbetriebs nicht mehr ums Beste bestellt.
Die rabenschwarzen Botschaft vom Donnerstag lässt schliesslich nicht nur ein Gespür für die wichtigsten Anspruchsgruppen vermissen. Sondern auch den Blick fürs grosse Ganze. Die Postfinance ist als wichtigster Zahlungsdienstleister relevant für das Schweizer Finanzsystem.
Eine weitere «negative Entwicklung» für die Grossbank herbeizureden, könnte in diesem System unerwartete Bewegungen in Gang setzen. Der Brandstifter einer neuen Finanzkrise zu werden, das kann kein Banker wirklich wollen.
Taten statt Träume
Statt der Kritik am eigenen Unternehmen möchte man vom Postfinance-Management nun Taten und echte Alternativen jenseits der Hypotheken-Träume und Sparübungen sehen. Wenn sich diese nicht materialisieren sollten, ist der Verwaltungsrat gefordert. Anders als auf der Titanic lässt sich nämlich die Brückenbesatzung noch ablösen, bevor es zur Kollision mit dem Eisberg kommt.