Die Postfinance ist der Schweizer Gigant im Zahlungsverkehr. Doch das Institut verliert wegen seinem Kreditverbot laufend an Wert, wie CEO Hansruedi Köng moniert. Lösungen hätte er an sich zur Hand.
Die Postfinance ist in manchen Belangen eine vergleichsweise fortschrittliche Schweizer Bank und führend in der Digitalisierung ihrer Geschäftsprozesse; dies durch Eigenentwicklungen, aber auch über Kooperationen. Doch die wirtschaftlichen und vor allem politischen Realitäten bringen die Staatsbank zunehmend in eine schwierige Lage.
Das Kreditverbot gefährde «die Profitabilität und Rentabilität substanziell», warnt Postfinance-CEO Hansruedi Köng in einem Interview mit dem Branchenmagazin «Schweizer Bank».
Im Minusterritorium
Das Zinsumfeld schwäche die Ertragslage der Postfinance seit Jahren und Köng prognostiziert, dass sich die Post auch künftig auf tiefere Erträge ihrer Banken-Tochter einstellen müsse. Das Finanzunternehmen steuert rund zwei Drittel zum Gewinn der Post bei.
Köng warnt auch, dass die sinkenden Zinserträge auf der Aktivseite in Zukunft nicht mehr in gleichem Masse durch tiefere Passivzinsen kompensiert werden könnten, da dort das Potenzial ausgeschöpft sei. In manchen Kundensegmenten erhebt Postfinance bereits eine Gebühr, weil sie Negativzinsen bezahlen muss. «Unser Anlageuniversum befindet sich wegen dem Kreditverbot im Minusterritorium.»
Der Wert erodiert
Köng sieht auf Grund der politischen Fesseln, welche die Postfinance im Griff haben, schwarz: «Wir haben eine Bank, die noch einiges an Wert beinhaltet – und der Wert wird sukzessive erodieren.» Die auferlegten Barrieren würden Postfinance geradezu zwingen, den bundesrätlichen Auftrag mittel- und langfristig nicht mehr zu erfüllen.
Diese Barrieren sind im Postorganisationsgesetz enthalten und bestehen im Wesentlichen im Kreditverbot. Und dieses Verbot stelle auch eine «Fusions- und Übernahmebarriere» dar, so der Postfinance-CEO.
Im Refinanzierungsgeschäft aussen vor
Das Kreditverbot umgeht die Postfinance teilweise damit, dass sie erlaubte Partnerschaften eingeht. Hypotheken von Partnerbanken wie Valiant und der Münchner Hypothekenbank darf sie vermitteln – und dafür Kommissionen einziehen. Doch das Refinanzierungsgeschäft bleibt aussen vor.
Köng sagt: «Wenn es möglich wäre, hätten wir schon lange eine Bank übernommen, die Kredite vergibt.»
Volksvermögen geht verloren
Der CEO hütet sich im Interview, die politischen Entscheidungsträger direkt zu kritisieren, er halte es aber für wichtig, dass diese Kenntnis von den Mechanismen hätten, welche den Wert der Postfinance gefährdeten. «Man darf nicht vergessen: Es sind über 5 Milliarden Franken Eigenkapital, das die öffentliche Hand via Post bei uns investiert hat.» Es sei seine Pflicht, zu signalisieren, das Volksvermögen verloren gehe.
Auswege aus der Zwickmühle sieht Köng im Aufbau eines Anlagegeschäfts in Verbindung mit der Digitalisierung. «Wir gehen mit digitalen Anlagelösungen gleich einen Schritt weiter», so Köng, der seit 2012 die Postfinance führt. Bei den künftigen Anlegergenerationen sehe er grosses Potenzial.
Zukunftschance Digitalisierung
Digitalisierung wirke bei der Postfinance auf zwei Ebenen: Bei den Prozessen und bei der Effizienz sowie bei digitalen Dienstleistungen und Geschäftsmodellen. Die Postfinance kooperiert beispielsweise mit der Crowdlending-Plattform Lendico und hat in Deutschland in die Finanzplattform Moneymeets investiert.
Diese Investition sei auch im Hinblick auf die europäische Payment Service Directive 2 (PSD2) geschehen, welche die Kundenschnittstellen der Banken für Drittfirmen öffnet.
PSD2 könnte Swiss Banking erschüttern
Köng sagt, die Postfinance wolle auf jeden Fall die Kundenschnittstelle behalten, auch wenn PSD2 oder ein analoges Reglement in der Schweiz eingeführt werde. «Wir wollen nicht plötzlich überrascht werden, wenn es dann soweit ist und andere Anbieter kommen und uns etwas über unsere Kundenschnittstelle bauen.»
Die PSD2-Regelung könnte das Schweizer Banking massgeblich erschüttern und die Spielregeln ändern, warnt Köng.