Die Zuger Flynt Bank steht vor einem Scherbenhaufen. Gegenüber finews.ch nimmt Noch-CEO Stijn Vander Straeten Stellung – und erklärt, wie das Institut in diese dramatische Lage geriet. 

Am (gestrigen) Mittwoch wartet die Flynt Bank mit einer Hiobsbotschaft auf. Die von Jan Schoch vor drei Jahren in Zug gegründete Digitalbank, die erst vergangenen August offiziell gestartet war, verkauft ihre selbst entwickelte IT-Plattform «Worth Ecosystem» – und zwar an eine Gruppe von Schweizer Unternehmern, wie auch finews.ch berichtete. Diese zählen bereits zum Kundenkreis von Flynt. CEO Stijn Vander Straeten tritt per Ende Januar von seinem Posten zurück, ebenso mehrere Verwaltungsräte.

Die Plattform hat zum Ziel, eine Gesamtschau der Vermögen sehr wohlhabender Kunden zu ermöglichen. Dazu müssen aber die Banken ihre Schnittstellen (API) zum Flynt-Ökosystem öffnen. 


Herr Vander Straeten, im vergangenen August strotzte die Flynt Bank vor Selbstvertrauen. Nun ist sie dem Ende nahe. Wie ist es dazu gekommen?

Der Hauptanteilseigner und Gründer Jan Schoch hat sich entschieden, das Wealth Ecosystem an Kunden der Flynt Bank zu veräussern. Parallel zu dieser Entscheidung treten Mitglieder des Verwaltungsrates von ihren Aufgaben zurück.

Über die weitere Strategie und Neuausrichtung der Flynt Bank mit ihren verbliebenen Geschäftsbereichen wird das Unternehmen – via den Hauptanteilseigner Jan Schoch – binnen Jahresfrist informieren.

Wie haben Sie den Entscheid aufgenommen? Sind Sie enttäuscht von Jan Schoch?

Ich habe grossen Respekt vor Jan Schoch. Er hat sich als Unternehmer und Visionär mit seinem Investment sehr engagiert.

Wann haben Sie und das Management erfahren, dass die Flynt-Strategie nicht wie geplant umgesetzt wird?

Der CEO hat die Strategie zusammen mit der Geschäftsleitung erarbeitet. Sie wurde von der Mehrheit des Verwaltungsrats gutgeheissen. Deshalb ist der Entscheid unter den gleichen Gesichtspunkten wie der Entscheid der vier zurückgetretenen Mitglieder des Verwaltungsrats zu sehen. Die Entscheidungen sind in ein einer sachlichen Diskussion gefallen. 

«Es freut die Mitarbeitenden, dass eine Lösung gefunden wurde»

Was geschieht mit den rund 43 Mitarbeitenden?

Über die Hälfte der Gesamtbelegschaft ist im Bereich «Worth Ecosystem» tätig und wechselt damit in die neue Eigentümerschaft. Es freut die Mitarbeitenden, dass eine Lösung gefunden wurde.

Was geschieht mit der anderen Hälfte der Mitarbeiter? Gibt es einen Sozialplan?

Das Unternehmen wird über weitere Änderungen in der Organisationsstruktur rechtzeitig informieren.

Flynt ist noch bis Ende 2017 kapitalisiert. Was geschieht danach?

Das Unternehmen wird über weitere Änderungen in der Kapitalstruktur, der Strategie und der Governance rechtzeitig informieren.

«Wir konnten zwei weitere Kunden gewinnen»

Was geschieht mit der Marke Flynt? Wird sie unter dem künftigen Management beibehalten oder verschwindet sie?

Die Marke Flynt bleibt der Flynt Bank erhalten. Die neue Eigentümergesellschaft, bei der Jan Schoch nicht dabei ist, wird somit nicht unter der Marke Flynt tätig sein. 

Die Flynt Bank ist auf die Öffnung der Schnittstellen (API) bei Finanzinstituten angewiesen, damit das Geschäftsmodell funktioniert. Haben sich die Banken dagegen gesperrt?

Nein, die Schnittstellenthematik hat nichts mit der strategischen Neuausrichtung zu tun. 

Vergangenen August zählte die Flynt Bank vier Kunden. Wieviele konnten Sie in der Zwischenzeit onboarden?

Wir konnten zwei weitere Kunden gewinnen. 


Stijn Vander Straeten ist seit April 2017 CEO von Flynt und bleibt offiziell noch bis Ende Januar 2018 in dieser Position. Zuvor war der gebürtige Belgier für die Beratungsgesellschaft Weisshorn und in leitenden Funktionen bei EY tätig.