Ein lang erwarteter Untersuchungsbericht zum Finanzskandal in Mosambik zeigt: Alle haben von den Krediten der Credit Suisse und VTB Bank profitiert. Nur Mosambik nicht.
Die Credit Suisse (CS) hat sich bislang unter der anhaltenden Kritik zu ihrer Rolle in der Staatspleite des ostafrikanischen Landes Mosambik weggeduckt und jegliche Schuld von sich gewiesen. So auch im kürzlich veröffentlichten Untersuchungsbericht der New Yorker Wirtschaftsdetektei Kroll.
Dieser hält fest, die CS und die russische VTB Bank, welche an drei Staatsfirmen in Mosambik Kredite von über 2 Milliarden Dollar vergeben haben, hätten zusammen annähernd 200 Millionen Dollar an Gebühren eingestrichen. Die CS streitet dies ab. Die Kredite waren für eine Thunfischbootflotte, Patrouillenboote, weiteres nautisches Equipment sowie Unterhalt und Training bestimmt gewesen.
Kredite vergeben, Gebührentopf verteilt
In einem Statement hält sie fest, es seien 23 Millionen Dollar gewesen, was in etwa 2,3 Prozent der Kreditsumme entspreche und marktgerecht sei. 140 Millionen Dollar aus dem Gebührentopf von 200 Millionen Dollar seien sogenannte «Contractor Fees», die an Syndikatsmitglieder und Investoren weitergegeben worden seien, um die Rendite dieser Kredite zu steigern.
Die CS hatte zusammen mit VTB für Teile der an Mosambik gezahlten Kredite Anleihen mit einem Zins von 8,5 Prozent emittiert. Den Bondinvestoren hatte die CS aber vorenthalten, dass sie an das Land weitere Kredite vergeben hatte.
Dies hatten sie erst erfahren, nachdem sie im März 2016 einer Umschuldung zugestimmt hatten. Denn Mosambik konnte die Kredite nicht bedienen. Die Vorgänge untersucht neben der Finma auch die britische Finanzaufsicht FCA.
Die Rolle des Lieferanten
Der Kroll-Bericht zeigt detailliert auf, wie Involvierte vom Geldsegen profitiert haben. Neben den Banken sind das insbesondere Beamte in Mosambik sowie das Unternehmen Abu Dhabi Mar, welches im Rahmen des Grossprojektes zur Entwicklung der heimischen Wirtschaft die Thunfischfangflotte und weitere Schiffe, dazu nautische Infrastruktur sowie ein Flugzeug ausgeliefert hat und mit 1,8 Milliarden Dollar aus den Krediten bezahlt worden ist.
Der Bericht weist zudem auf vorhandene Interessenkonflikte bei der Vergabe der Kredite hin und vor allem darauf, dass Kroll seitens der Behörden und Firmen in Mosambik zahlreiche Informationen vorenthalten worden sind, um Licht in die Affäre zu bringen.
Wo ist die halbe Milliarde Dollar?
Namentlich hätten Stellen in Mosambik keine Informationen über bestimmte Geldflüsse von mehreren hundert Millionen Dollar aus den Krediten geliefert. Bekannt ist, dass Mosambik nach Erhalt der Kredite den Zweck der Gelder teilweise geändert und dem Verteidigungsbudget zugeteilt hatte.
Kroll weist daraufhin, dass unklar sei, wofür rund 500 Millionen Dollar des Kredits für das Thunfischfangprojekt tatsächlich ausgegeben worden sind.
Massiv überzahlt?
Doch scheint gemäss Kroll Mosambik die Schiffe und weitere Leistungen massiv überzahlt zu haben. Kroll verglich die bezahlten Preise mit geschätzten Marktpreisen und machte eine Diskrepanz von 713 Millionen Dollar aus.
Hinter Abu Dhabi Mar steht eine Investmentgesellschaft namens Privinvest, die vom libanesischen Milliardär Iskandar Safa mitkontrolliert wird. Ein Sprecher von Privinvest hielt gegenüber finews.ch fest, dass Kroll bei den Berechnungen ein Reihe von Elementen der im Vertrag festgehaltenen Lieferungen nicht berücksichtigt hatte.
Viel zusätzliche Technologie
Privinvest habe nicht Einzelstücke geliefert, sondern vielmehr ein integriertes System, in welchem die einzelnen Elemente gemäss den Bedürfnissen abgeändert und mit zusätzlicher Technologie ausgerüstet worden seien.
Die Privinvest ist auch an einer Offshore-Firma namens Palomar beteiligt, bei welcher auch der frühere CS-Banker Andrew Pearse Teilhaber ist.
Die Rolle des ehemaligen CS-Bankers
Wie finews.ch bereits berichtet hat, soll Pearse während seiner Zeit bei der CS zumindest an einer Tranche des Mosambik-Kredits mitgearbeitet haben. Pearse hatte gegenüber finews.ch aber festgehalten, es habe keinerlei Interessenskonflikte zwischen seiner Tätigkeit für die CS und seinem Engagement bei der Privinvest-Tochter Palomar gegeben.
Kroll stellt in dem Bericht fest, dass Palomar 30,6 Millionen Dollar an Gebühren eingestrichen hat. Mehr als die CS und die VTB zusammen, was der Kroll-Bericht auf Grund der vorenthaltenen Informationen nicht erklären kann.
Der Bericht deutet zudem Interessenkonflikte einer «Person B» an, welche Mitbesitzerin der Palomar und ein früherer Angestellter eines nicht namentlich genannten Unternehmens gewesen sei. Ob es sich hierbei um Andrew Pearse und die CS handelt, lässt der Bericht offen.
Ein Sprecher von Palomar kritisierte gegenüber finews.ch den Kroll-Bericht, er sei fehlerhaft und führe zu falschen Schlüssen. Vertreter von Kroll hätten Palomar nie kontaktiert. Dabei wäre Palomar jederzeit bereit, alle notwendigen Informationen offenzulegen.
Die Projekte kamen nicht in die Gänge
Der Bericht hält zudem fest, dass Abu Dhabi Mar, Privinvest und Palomar in den gesamten Mosambik-Projekte zunehmend eine herausragende Rolle gespielt hätten: Unter anderem strukturierten sie das Projekt, führten die CS als Kreditgeberin ein, stimmten der Zahlung der «Contractor Fees» zu und strukturierten die Kredite neu (wofür wieder Gebühren flossen).
Der Bericht hält aber auch fest, dass Privinvest finanzielle Hilfe leistete. Denn die Unternehmungen in Mosambik kamen operativ nicht in die Gänge, teils weil Infrastruktur für die Fischverarbeitung fehlte, teils auch weil das vorgesehene Personal ungeeignet war.
Gesellschaft in Zürich liquidiert
Die Palomar Capital Advisors mit Sitz in Zürich, welche die Deals in Mosambik durchführte und die Gebühren einstrich, ist im vergangenen November liquidiert worden. Ihr Verwaltungsratspräsident war Andrew Pearse. Die noch ausstehenden Mosambik-Gebühren gehen nun an eine Karibik-Gesellschaft namens VR Global Partners.
Der Kroll-Bericht ist objektiv gehalten, äussert keine Verdächtigungen oder Schuldvermutungen. Er weist jedoch mehrfach darauf hin, dass sich gewisse Zahlungen und Geldflüsse auf Basis der vorhandenen Informationen nicht erklären liessen.
CS sagte Ja, trotz nicht eingehaltener Bedingungen
Die CS wird im Bericht jedenfalls nicht geläutert. Darin heisst es, die Bank habe vorab von Mosambik das Einhalten einer Reihe von Bedingungen verlangt, die erfüllt sein müssten, damit die Finanzierungen zustande kommen würden. Darunter waren ein Einverständnis der Notenbank von Mosambik, eine Prüfung durch lokale Gerichtsbehörden sowie eine Meldung an den Internationalen Währungsfonds (IWF).
Die erhaltenen Dokumente hätten aufgezeigt, dass alle diese Bedingungen nicht eingehalten worden seien, so Kroll. Es seien zusätzliche Informationen notwendig, um zu erklären, warum die Finanzierungen trotz der nicht eingehaltenen Bedingungen gesprochen worden seien.