Vontobel mischte lange Zeit nicht an vorderster Front der Digitalisierung mit. Mit einem neuen Entscheidungsinstrument für den Kauf von Strukturierten Produkten hat die Bank jedoch eine Weltpremiere lanciert.
Bei Vontobel kam am Montag fast etwas vorweihnachtliche Feierlichkeit auf, als Investmentbanking-Chef Roger Studer den «deritrade SmartGuide» den anwesenden Medienleuten präsentierte. Denn laut eigener Einschätzung handelt es sich dabei um eine Weltneuheit, die das Geschäft mit Strukturierten Produkten revolutionieren soll. Doch worum geht?
Der «deritrade SmartGuide» ist – vereinfacht gesagt – ein Entscheidungsinstrument, das auf den Daten der Vontobel-eigenen Handelsplattform «deritrade» beruht und den Benützern (Kundenberater, unabhängige Vermögensverwalter) zusätzliche Informationen auf Grund des Benutzerverhaltens liefert. So, wie bei Amazon etwa, zeigt das System unter anderem, was es für vergleichbare Produkte zu demjenigen gibt, das der Kunden ausgewählt hat.
Individuelle Präferenzen
Dabei setzt der «deritrade SmartGuide» auf vier Grund-Funktionalitäten: Similarity (vergleichbare Produkte), Popularity (häufig gehandelte Basiswerte, regionale Präferenzen), Performance (relative Rendite und Leistungsausweis) sowie auf Community (Nutzer-Werbung). Das Spezielle am Ganzen: Die Nutzer können die Gewichtung dieser vier Parameter individuell bestimmen, wie Markus Pfister (Bild oben), Entwicklungsleiter bei Vontobel für dieses Projekt, erklärte.
Das System, das per sofort weltweit respektive in den Zielmärkten Schweiz, Europa und Asien in Betrieb steht, ist insofern ein Meilenstein, weil dahinter eine riesige Finanzgemeinde steckt; denn auf der «deritrade-Plattform» tritt nicht nur die Bank Vontobel als Emittentin auf, sondern ebenso die Deutsche Bank, J.P. Morgan, Morgan Stanley, Société Générale, die UBS sowie die Zürcher Kantonalbank. So deckt diese Plattform rund 85 Prozent des Marktvolumens ab.
Bessere Konditionen für kleinere Banken
Parallel dazu unterhält Vontobel so genannte Kooperationsabkommen mit aktuell 34 Banken und 300 externen Vermögensverwaltern, über welche die Strukturierten Produkte vertrieben werden. Dabei profitieren vor allem kleinere und mittelgrosse Banken vom Umstand, dass sie via Vontobel-Plattform die Produkte zu den gleichen Konditionen beziehen können wie grosse Institute, die sonst dank ihres Volumens besser fahren, wie Gerhard Meier (Bild), der Leiter von «deritrade» betonte.
Eine weitere Kooperation unterhält Vontobel derzeit noch mit der Schweizer Raiffeisen-Gruppe – die Zusammenarbeit läuft allerdins 2017 aus; offen ist, was danach geschieht. Langfristiger ausgelegt dürfte die Zusammenarbeit mit dem UBS Wealth Management sein, über das sowohl bankeigene und angeschlossene Vermögensverwalter die Plattform «deritrade» benützen können.
Expansion in Asien
Wie Gerhard Meier gegenüber finews.ch weiter ausführte, habe man in der Schweiz die Höchstzahl an Emittenten mehr oder weniger erreicht, während man weiterhin Ausschau nach Banken halte, die als Kooperationspartner mitmachen würden. Anders präsentiert sich die Situation in Asien, wo die Zeichen nach wie vor auf Expansion stehen, und wo sich Vontobel noch nicht in dem Masse wie in der Schweiz etabliert hat. Da ist die Zürcher Bank noch am aufholen und sucht weitere Emittenten für die Plattform.
Gemäss Entwicklungs-Chef Markus Pfister lag denn auch eine der grossen Herausforderungen des «deritrade SmartGuide» darin, die Plattform so zu konfigurieren, dass sie rund um die Uhr einsatzfähig ist – damit die Kunden in Asien, im Nahen Osten sowie in Europa zeitlich gestaffelt damit arbeiten können.
Bald auch für Endkunden und ganze Portfolios
Dem weiteren Vernehmen nach soll das neue Entscheidungsinstrument von Vontobel mittelfristig auch den Endkunden zugänglich gemacht werden, wie Investmentbanking-Chef Roger Studer weiter erklärte, wobei er Wert darauf legte, dass dadurch die Beratung durch die Bank nicht überflüssig werde – bloss besser.
Als weitere Entwicklungsmöglichkeit sieht man bei Vontobel ausserdem vor, den «Smart & Crowd Data-Ansatz» von den Strukturierten Produkten inskünftig auch auf ganze Portfolios auszudehnen. Damit würde die Bank dann tatsächlich im ganzen Bereich Robo Advisors neue Massstäbe setzen.