Erstmals hat Martin Schlegel als Präsident des Direktoriums den Zinsentscheid präsentiert. Vieles deutet darauf hin, dass am Kurs der Schweizer Geldpolitik nicht gerüttelt wird. Aber das Gremium tritt kompakter auf und konzentriert sich aufs Kerngeschäft.
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat mit ihrem Zinsentscheid manchen Bankökonomen überrascht. Die Mehrheit hatte mit einer Senkung des SNB-Leitzinses von 25 und nicht von 50 Basispunkten gerechnet.
Das Direktorium, das den Entscheid am Donnerstag in Bern vor den Medien begründete (die geldpolitische Lagebeurteilung findet jeweils in den Tagen zuvor statt), stand zum ersten Mal unter der Leitung von Martin Schlegel. An der Medienkonferenz Ende September hatte noch Thomas Jordan, Schlegels Vorgänger als Präsident des Direktoriums, das Zepter geschwungen – wenige Tage, bevor er die SNB nach fast drei Jahrzehnten verliess.
Neues Direktorium – unveränderte Ausrichtung der Geldpolitik
Schlegel meisterte seine Aufgabe souverän. Die neue Zusammensetzung des Direktoriums – neben ihm zählen Vize Antoine Martin und Mitglied Petra Tschudin dazu – habe keine Auswirkungen auf den Kurs der Geldpolitik, da sich die SNB am Auftrag, also an der Sicherung der Preistabilität, orientiere.
Und mit Blick auf den grossen Zinsschritt betonte er, dass es besser sei, rechtzeitig zu handeln, als später stärker korrigieren zu müssen – womit Schlegel implizit voraussetzt, dass die SNB mit ihrer aktuellen Einschätzung richtig liegt, wofür es natürlich keine Garantie gibt.
Ein grosser Schritt als Vorsorge gegen einen Rückfall in die Negativära?
Schlegel erwartet nicht, dass die Inflationsrate unter 0 Prozent sinken wird – ganz in Übereinstimmung mit der SNB-Inflationsprognose, gemäss der sich die Teuerungsrate bis ins dritte Quartal 2027 in dem Bereich bewegen soll, den die SNB mit Preisstabilität gleichsetzt (0 bis 2 Prozent im Jahresdurchschnitt).
In diesem Zusammenhang stellte er ausserdem klar: «Niemand liebt den Negativzins, auch die SNB nicht.» Mit dem nun vorgenommenen vergleichsweise grossen Zinsschritt sinke die Wahrscheinlichkeit, dass die SNB später wieder auf das ungeliebte Instrument des Negativzinses (und damit einer negativen Verzinsung der Sichtguthaben der Banken auf deren Konten bei der SNB) zurückgreifen müsse.
Keine Forward Guidance mehr
Wollte Schlegel mit dieser Äusserung die weiteren Zinssenkungserwartungen dämpfen? Für diese These spricht, dass die im September verwendete ungewöhnliche, zumindest Forward-Guidance-ähnliche Formulierung («In den nächsten Quartalen könnten weitere Zinssenkungen erforderlich werden, um die Preisstabilität in der mittleren Frist zu sichern.») diesmal nicht mehr verwendet wurde.
Man werde die Lage beobachten und «die Geldpolitik wenn nötig anpassen, um sicherzustellen, dass die Inflation mittelfristig im Bereich der Preisstabilität bleibt», wurde diesmal bloss das ohnehin Offensichtliche notiert.
Breiter abgestützte Kommunikation der Geldpolitik
Während die SNB unter dem neuen Präsidenten an der grundsätzlichen geldpolitischen Ausrichtung nicht rüttelt, gibt es bezüglich Stil doch Veränderungen. So appellierte Schlegel an die Medienvertreter, nachdem er eine Reihe von Fragen beantwortet hatte: «Stellen Sie doch auch einmal eine Frage an meine Kollegin und meinen Kollegen.»
Und während bei den Medienkonferenzen im Anschluss an eine Lagebeurteilung bisher der Präsident allein den geldpolitischen Entscheid begründete – die beiden anderen Direktoriumsmitglieder widmeten sich jeweils Themen, die mit dem Departement, das sie leiteten, in Verbindung standen –, trat das Gremium diesmal kompakt als Trio auf und beschränkte sich auf das Kerngeschäft.
Und ja, die Journalisten stellten weitere Fragen, so dass in der Folge Tschudin und Martin auch in der Fragerunde zum Zuge kamen.