Mit einem hauseigenen Research und einer eigenständigen Anlagephilosophie will der Vermögensverwalter Albin Kistler sowohl Privatinvestoren als auch institutionelle Kunden ansprechen. Die eigenen Anlagefonds werden mit unterschiedlichen Tranchen je nach Investorenkreis eingesetzt, sagt David Bussmann Leiter Asset Management in einem Interview.
Albin Kistler ist eine der grossen Erfolgsgeschichten der Schweizer unabhängigen Vermögensverwalter. Der ursprüngliche Fokus auf Privatkunden hat sich aber gewandelt, und Albin Kistler betreibt auch Asset Management für institutionelle Kunden. Was war der Anstoss für den Wandel und die Entwicklung?
Bereits seit der Firmengründung im Jahr 1995 betreut Albin Kistler einzelne Schweizer Pensionskassen als Kunden, und diese Basis wuchs organisch laufend weiter zu einer stattlichen Anzahl. Mit der zunehmenden Professionalisierung im institutionellen Bereich und den Wachstumschancen für erfolgreiche aktive Vermögensverwalter erschien es opportun, im Gleichschritt unsere Organisation auf dieses attraktive Kundensegment auszurichten.
Die BVG-Strukturreform im Jahr 2010 war ein zusätzlicher Anstoss, um mit einer Finma-Unterstellung unser Fondsangebot aufzubauen und den nächsten Wachstumsschritt anzustossen. Der Trend zu weniger und grösseren Pensionskassen hat uns mehr geholfen, als dass wir von Abgängen betroffen waren.
Gibt es bei Albin Kistler die klare Unterscheidung im Angebot zwischen Privatkunde und institutioneller Kunde?
Nein. Einer der Erfolgsfaktoren von Albin Kistler liegt in der einfachen Feststellung, dass wir für jeden unserer Kunden das beste Anlageresultat erreichen wollen. Wir setzen auf reine diskretionäre Vermögensverwaltungsmandate, und die Albin-Kistler-Anlagefonds werden gleichermassen bei privaten und institutionellen Kunden eingesetzt, einfach mit unterschiedlichen Tranchen je nach Investorenkreis.
Das führt dazu, dass unsere Anlageentscheide allen Kunden zugutekommen und wir in der Umsetzung ein einheitliches Portfolio-Management erreichen. Bei gleicher Strategie sehen die Depots der Kunden auch praktisch gleich aus.
«Unsere Erfolgsfaktoren sind das hauseigene Research und die Anlagephilosophie»
Als vergleichsweise kleiner Anbieter hat sich Albin Kistler entschlossen, die Asset-Management-Kompetenzen inhouse aufzubauen. Was sind die Vorteile?
Unsere grössten Erfolgsfaktoren sind das hauseigene Research und die Albin-Kistler-Anlagephilosophie, die über die letzten dreissig Jahre stetig weiterentwickelt wurden. Eine glaubwürdige Dienstleistung können wir unseren Kunden nur mit eigenen Asset-Management-Kompetenzen anbieten.
Mit diesem Ansatz vermeiden wir ausserdem zusätzliche Kosten von Drittanbietern in den Kundenmandaten. Sobald es um rein administrative Angelegenheiten geht, arbeiten wir sehr gerne mit den besten externen Partnern zusammen, um uns auf unser Kerngeschäft der Anlagetätigkeit und die Kundenkontakte konzentrieren zu können.
Inzwischen hat Albin Kistler auch die Fondsleitungslizenz. Ist das mehr eine Opportunität oder eher eine Notwendigkeit für Ihre Strategie?
Zur Lancierung unseres eigenen Immobilienfonds für Schweizer Pensionskassen entschieden wir uns, die Fondsleitungslizenz zu beantragen. Damit ist gewährleistet, dass wir die Immobilien im Fonds für unsere Kunden im direkten Besitz halten können.
Viele typische Fondsleitungstätigkeiten wie Fondsbuchhaltung und Bewirtschaftung werden jedoch an ausgewiesene Spezialisten ausgelagert, um eine optimale Kostenstruktur für uns und die Kunden zu erreichen. Im Bereich der Immobilienanlagen waren wir für unsere Kunden bisher entgegen unserer Philosophie auf die Auswahl von Drittprodukten angewiesen.
Albin Kistler hat zwar eine eigene Fondspalette, macht aber keinen Drittvertrieb. Was sind die Gründe?
Die besten Kundenresultate werden mit einer langfristigen Anlagestrategie erzielt. Im Drittvertrieb sehen wir häufiger den Drang, kurzfristigen Trends zu folgen, und die Anbieter setzen auf eine Vielzahl von verschiedenen Fonds, die schliesslich in der Summe keinen Mehrwert erzielen.
Wir wollen unsere Kunden auf dem Anlageweg begleiten und schätzen den Direktkontakt, um die Vorzüge unserer Philosophie direkt übermitteln zu können.
Sie pflegen die Philosophie, dass Kundenberater auch Analysen machen und Analysten auch Kundenverantwortung tragen. Wie lässt sich dies mit dem zunehmenden Spezialisierungsbedarf im Asset Management vereinbaren?
Dies stellt tatsächlich eine Herausforderung dar, und dementsprechend gehen wir sehr sorgfältig je nach Veranlagung unserer Kundenberater und Analysten auf dieses Arbeitsmodell ein. Für einige unserer Mitarbeiter ist es jedoch sehr erfüllend, neben der Analyse auch auf der Kundenseite aktiv zu sein oder umgekehrt.
Dieses Modell hilft in der Rekrutierung neuer Mitarbeiter, die sich je nach Talent in die eine oder andere Richtung entwickeln können. Ebenso erhöht diese Durchlässigkeit die Anlagekompetenz der Kundenberater, den Teamgeist und erleichtert die interne Kommunikation.
Wie ist der Investmentprozess aufgestellt, und wie werden Investmententscheide getroffen?
Die Grundvoraussetzungen für unsere Entscheidungen liegen in den eigenständigen Finanzanalysen und Gesprächen der Analysten mit den Entscheidungsträgern in den Unternehmen des Anlageuniversums.
Wir haben über die Jahre ein Researchmodell entwickelt, das die wichtigsten Parameter unserer Anlagephilosophie vereint und einen Vergleich zwischen den Anlagemöglichkeiten im Aktien- und Anleihenbereich ermöglicht. Bestandteil dieser Auswertung sind quantitative wie auch qualitative Faktoren, u.a. die Marktführerschaft, Managementleistung und die Beständigkeit der Geschäftsmodelle.
«Wir setzen auf eine ruhige Hand und langfristige Trends»
Jeden Montag tagt der Albin-Kistler-Mikroausschuss, der demokratisch über die Zusammensetzung unserer Portfolios entscheidet. Die Stossrichtung auf Stufe der Anlagekategorien wird durch unseren Makroausschuss vorgegeben, wobei wir uns hier durch eine ruhige Hand auszeichnen und insbesondere die langfristigen Trends korrekt abbilden wollen.
Es herrscht keine Star-Manager-Kultur, alle Entscheide werden im Team gefällt. Wir vermeiden Extremrisiken, d.h., jedes Depot wird gezielt diversifiziert und unter Berücksichtigung der Kundenvorgaben einheitlich bewirtschaftet.
Wie hat sich Ihre Verantwortung und Ihr Aufgabenbereich als Leiter Asset Management mit dem Wachstum verändert?
Natürlich sind stetig neue Aufgaben hinzugekommen. Bis vor kurzem konnte ich neben der Aufgabe als Bereichsleiter auch in der Finanzanalyse im Gesundheitssektor aktiv sein.
Mittlerweile umfasst das Asset Management ein breites Spektrum an Aufgaben und Spezialisten: institutionelle Kunden, Albin-Kistler-Effektenfonds, Immobilienfonds, Portfolio-Management und die Handelsausführung. Wir verfügen jedoch über ein schlagkräftiges Team von elf Mitarbeitern und freuen uns auf die Chancen und Herausforderungen der nächsten Jahre.
David Bussmann ist Leiter Asset Management bei Albin Kistler und gleichzeitig Analyst für Healthcare. Zu Albin Kistler stiess er im Jahr 2012, nachdem er während vier Jahren als Investment Manager bei Bär & Karrer Investment & Wealth Advisors tätig gewesen war. Nach dem Bachelor of Science in Economics der Universität Bern erlangte er 2007 den Master of Science in Finance & Economics der London School of Economics.
Dieser Beitrag erscheint in Zusammenarbeit mit der Asset Management Association Switzerland.