Unternehmen beklagen sich über zu teure Dienstleistungen in der Bargeldlogistik. Ausserdem gebe es zu wenig Automaten und Schalter. Eine Branche hat allerdings vor, künftig massiv weniger Bargeld zu akzeptieren: ausgerechnet der vom Staat abhängige öffentliche Verkehr.

Trügt der Eindruck, oder ist es tatsächlich so, dass es hierzulande immer mehr Restaurants, Detailhändler und Verkehrsvertriebe gibt, die kein Bargeld mehr annehmen? Hinweise für eine Antwort auf diese Frage liefern die Ergebnisse der Umfrage zur Akzeptanz von Bargeld bei Unternehmen, welche die Schweizerische Nationalbank (SNB) am Mittwoch vorgelegt hat.

Die Umfrage wurde im Frühling bei  grossen Detailhändlern, Betrieben des öffentlichen Verkehrs, Restaurants und anderen Anbietern von Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs durchgeführt. Insgesamt beteiligten sich rund 770 Unternehmen daran – 100 kontaktierte die SNB direkt (wobei die Rücklaufquote 67 Prozent betrug), weitere rund 700 Unternehmen wurden über die Branchenverbände erreicht.

Kostengünstige Alternative zu bargeldlosen Zahlungsmitteln

Ziel der Umfrage ist es, Veränderungen der Bargeldakzeptanz bei Anbietern von Gütern und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs frühzeitig zu erkennen sowie Bedürfnisse von Unternehmen im Zusammenhang mit der Bargeldversorgung besser zu verstehen.

Die wichtigsten Erkenntnisse:

  1. Bargeld wird von den meisten Unternehmen als wichtig betrachtet. Die Kunden schätzten es, bar bezahlen zu können, Bargeld sei krisensicher und biete ein kostengünstige Alternative zu bargeldlosen Zahlungsmittel, zählen die Befragten als Gründe dafür auf.
  2. Bargeld ist das meistakzeptierte Zahlungsmittel. Es wird von 98 Prozent der Unternehmen akzeptiert. Allerdings gibt die Hälfte der Betriebe im öffentlichen Verkehr an, die Akzeptanz künftig einschränken zu wollen (Postauto will bekanntlich sogar bargeldlos werden). Immerhin ein Fünftel der Unternehmen aus dem Gastgewerbe und Detailhandel will demgegenüber die Akzeptanz noch ausweiten. 
  3. Nicht ganz zufrieden sind viele Unternehmen mit der Bargeldlogistik. Die Dienstleistungen von Banken und Werttransporteuren seien zu teuer, und es gebe zu wenig Bancomaten und Schalter. Zudem wird bemängelt, dass an manchen Standorten das Angebot an Dienstleistungen in Verbindung mit Bargeld eingeschränkt werde, wie Einzahlungen nicht mehr möglich seien, hält die SNB fest.
  4. Interessant ist, dass sowohl die Unternehmen, die künftig von ihren Kunden gerne noch mehr Bares hätten als auch jene, die ihre Kunden zum bargeldlosen Bezahlen bringen möchten, ganz ähnliche Gründe anführen. Die Gebühren bargeldloser Zahlungsmittel sind für die einen das Hauptargument, die mit der Bargeld verbundenen Kosten das für die anderen. Auch mit der Sicherheit und dem Kundenbedürfnis operieren beide Seiten.

Die SNB schliesst aus den Ergebnissen, dass die Anliegen der Unternehmen von allen Teilnehmern des Bargeldmarkts – Banken, Post, Bargeldverarbeiter und sie selber – gemeinsam aufgegriffen werden müssen. Insbesondere die Infrastruktur müsse so ausgestaltet sein, dass Bargelddienstleistungen für Unternehmen einfach zugänglich und kosteneffizient seien, damit die breite Akzeptanz von Bargeld in Zukunft aufrechterhalten werden könne, schreibt sich die Nationalbank quasi selber ins Aufgabenheft.

Bargeldinfrastruktur erhalten, Negativspirale vermeiden 

Martin Schlegel, seit Anfang Oktober Präsident des Direktoriums der SNB, rief bereits in einem Referat im November 2022 dazu auf, der Bargeldinfrastruktur Sorge zu tragen und eine Negativspirale zu vermeiden, damit der Bürger weiterhin die freie Wahl des Zahlungsmittels hat.

Zudem hat die SNB zusammen mit der Eidgenössischen Finanzverwaltung die für die Bargeldversorgung zentralen Akteure sowie die Wirtschafts- und Konsumentenverbänden zu einem runden Tisch zum Thema Bargeldversorgung zusammengerufen.

Eignet sich der Sonderfall öffentlicher Verkehr, um ein Exempel zu statuieren?

Ob die SNB an diesem runden Tisch auch den Sonderfall «öffentlicher Verkehr» erörtern wird? Immerhin handelt es sich um Betriebe, die entweder staatlich sind oder zu einem guten Teil von staatlichen Geldern leben. Und die SNB verfügt über exzellente Beziehungen zum Bund und zu den Kantonen. Das müssten eigentlich ideale Voraussetzungen sein, bei den massgeblichen Akteuren der Verkehrsbetriebe einen Sinneswandel herbeizuführen – und ein solcher Erfolg für die Sache des Bargelds würde auch das Gewicht und die Glaubwürdigkeit der SNB in dieser Thematik noch erhöhen.

Dass sich die SNB deutlicher positioniert, dürfte auch damit zu tun haben, dass die Bargeldfrage die Politik erreicht hat und zwei entsprechende Volksinitiativen lanciert worden sind. Die erste mit dem Titel «Bargeld ist Freiheit» ist wenig kontrovers, die zweite mit dem Namen «Wer mit Bargeld bezahlen will, muss mit Bargeld bezahlen können!» möchte die Bargeldakzeptanz mit einer rigoroser formulierten Annahmepflicht als die heutige sichern.