Während in der deutschen Politik und Öffentlichkeit nach dem Einstieg der italienischen Unicredit bei der deutschen Commerzbank schon Rufe nach Schutzklauseln und Abwehrmechanismen laut wurden, gibt sich die oberste Bankenaufseherin der Europäischen Zentralbank eher entspannt.
«Alles, was wir im Rahmen der Aufsicht tun können, soll einer stärkeren grenzüberschreitenden Integration nicht im Wege stehen», sagte Claudia Buch, die Chefin der Bankenaufsicht der Europäischen Zentralbank (EZB), am Mittwoch an einer Konferenz in Riga, wie die Nachrichtenagentur «Reuters» berichtet.
Die EZB werde «alles tun, um Hürden für grenzüberschreitende Bankenfusionen in der Eurozone zu beseitigen», sagte sie weiter, ohne Unicredit oder Commerzbank namentlich zu nennen.
Die EZB hat als oberste Aufsichtsbehörde das letzte Wort darüber, ob Unicredit, die zweitgrösste Bank Italiens, ihren Anteil an dem deutschen Wettbewerber auf knapp unter 30 Prozent erhöhen darf.
Grenzüberschreitende Aktivitäten nicht behindern
«Alles, was wir im Rahmen unserer Zuständigkeit tun können, um sicherzustellen, dass grenzüberschreitende Aktivitäten nicht behindert werden, werden wir natürlich tun.»
Die Äusserungen von Buch sind ein weiteres Indiz dafür, dass die Zentralbank kein Interesse daran hat, einer internationalen Bankenkonsolidierung im Euroraum Knüppel zwischen die Beine zu werfen.
An der Konferenz sagte der Gouverneur der lettischen Nationalbank und Mitglied des EZB-Rates Mārtiņš Kazāks, dass es eine Tendenz gebe, Entscheidungen aus der nationalen Perspektive zu treffen. Er wünschte sich, dass Europa grössere Banken hätte, die auf globaler Ebene konkurrieren könnten.
Wenn der nationale Champion ein globaler Zwerg ist
«Es ist schön, nationale Champions zu haben, aber wenn der nationale Champion ein globaler Zwerg ist, wird das keinen grossen Unterschied in Bezug auf die globale Wettbewerbsfähigkeit machen», sagte er.
Zuvor hatte auch EZB-Präsidentin Christine Lagarde deutlich gemacht, dass sie Fusionen für wünschenswert halte.
Die Deutsche Claudia Buch hatte das Amt der Vorsitzenden der Bankenaufsicht der EZB per Anfang 2024 vom Italiener Andrea Enria übernommen.
Der einheitliche Bankenaufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism, SSM) reguliert die wichtigsten Banken der Euro-Länder. Derzeit unterstehen 109 Institute direkt der Aufsicht der EZB. Jede von ihnen ist entweder die grösste in ihrem Land, verfügt über Vermögenswerte von mehr als 30 Milliarden Euro oder ist in beträchtlichem Umfang grenzüberschreitend tätig.
Der Finma-Direktor Stefan Walter war vor seinem Wechsel in die Schweiz zehn Jahre lang bei der EZB-Bankenaufsicht als Generaldirektor tätig und hat massgeblich am Aufbau der Behörde mitgewirkt.