Verschärfte UBS-Regulierung: Das Spiel mit dem Feuer
Wegzug, Übernahme: Werden die Schrauben für die UBS zu stark angezogen, dann hat dies einschneidende Folgen. Wann merkt es endlich die Politik? Eine Analyse.
«Should I stay or should I go» fragte die britische Punkband «The Clash» 1982 und schuf mit dem Song damit einen Evergreen.
Die gleiche Frage stellt sich derzeit offenbar auch die UBS-Spitze: Sollen wir bleiben oder gehen?
Laut dem Wirtschaftsdienst «Bloomberg» prüft die kombinierte Grossbank, ihren Hauptsitz ins Ausland zu verlegen, falls Politik und Behörden eine verschärfte Regulierung der kombinierten Grossbank beschliessen würden. Der Grund: Diese bedingt eine Aufstockung des Kapitals um rund 25 Milliarden Dollar.
Wie viel ist zu viel?
Zweifelsohne ergibt eine hohe Eigenkapitalquote für eine Grossbank wie die UBS Sinn. Sie ist damit besser gerüstet in Krisensituationen. Ist also die Aufregung über die Pläne von Politik und Behörden umsonst?
Nein, sie sind zu viel des Guten. Die Schweiz schwächt ihre einzige verbliebene Grossbank. «Die geforderten 25 Milliarden Dollar sind absolut gesehen sehr hoch und stellen, wie die UBS richtig bemerkt, einen Wettbewerbsnachteil dar. Mit höherem Eigenkapital sinken auch der Gewinn und die Eigenkapitalrendite – das sind wichtige Zielgrössen in den Augen der Analysten und Anleger», hält etwa Daniel Bosshard, Analyst der Luzerner Kantonalbank fest.
Die Tücken eines Wegzugs
Muss also mit einem Wegzug gerechnet werden?
Gerüchte wie das jüngste tauchen in letzter Zeit immer wieder auf. London oder Singapur wurden schon als mögliche Alternativstandorte ins Feld geführt.
Bei der UBS-Spitze hat man die Variante einer Sitzverlegung sicherlich schon mehrmals durchgespielt. Es ist jedoch zu bezweifeln, ob sie ein ernsthaftes Thema ist. Denn ein Wegzug ist ein langwieriger und komplexer Prozess und käme beim derzeitigen Integrationsprozess der Credit Suisse zu einem ungünstigen Zeitpunkt.
Auch käme ein solcher Schritt die kombinierte Grossbank teuer zu stehen, wie die «NZZ am Sonntag» aufzeigte. «Die Verlagerung der Muttergesellschaft ins Ausland hätte zur Folge, dass die Verrechnungssteuer auf den Gewinnreserven fällig wird», zitiert sie den St. Galler Steuerrechtsprofessor Peter Hongler. Angesichts ihrer Gewinnreserven von 29 Milliarden Franken könnte der UBS eine Steuerrechnung von 10 Milliarden Franken ausgestellt werden. Hongler betont, dass die genauen steuerlichen Folgen davon abhängig seien, welcher Sitz und welche Aktivitäten verlegt würden.
Die lukrative Braut
Schwer abschätzen lässt sich auch, welche Reaktionen dies auf Kundenseite hervorrufen würde. Riskant ist ein solcher Schritt auf jeden Fall. Rund 30 Prozent des Gewinns erwirtschaftet die Grossbank in der Schweiz, wie Verwaltungsratspräsident Colm Kelleher in einem Interview hervorhob. Bei einem Wegzug würden also definitiv Kundengelder verlorengehen.
Zudem hat CEO Sergio Ermotti bereits Anfang Jahr in einem Interview mit «Bloomberg» einem Wegzug eine Absage erteilt: «Die Swissness hilft uns, sie ist ein sehr differenzierendes Element. Das Schweizer Geschäft ist eine der Säulen unserer Strategie. Wir wollen weiterhin von der Schweiz aus erfolgreich sein. [...] Ich glaube also nicht, dass es für mich in diesem Stadium ein Thema ist, überhaupt darüber nachzudenken, die Schweiz zu verlassen», sagte er.
Viel wahrscheinlicher ist, dass die UBS zur Übernahmekandidatin würde. Wie der «SonntagsBlick» berichtet, ist dies derzeit auch bankintern die grösste Sorge. Mit 50 Prozent höheren Eigenkapitalvorschriften könnte der Aktienkurs der UBS um ein Viertel einbrechen. Die weltweit grösste Vermögensverwalterin würde eine lukrative Braut für US-Giganten wie J.P. Morgan, Morgan Stanley oder die Bank of America.
Wer setzt sich für die UBS ein?
Dies zeigt: Die Zähmung der UBS kann schnell ins Auge gehen. Politiker und Parteien scheinen sich dessen nicht bewusst zu sein. Statt Augenmass zu halten, legen sie lieber nochmals nach wie beispielsweise mit der unsinnigen Forderung nach einem Lohndeckel.
Linken und Grünen waren die Banker mit ihren Massanzügen schon immer ein Dorn im Auge. Ihnen konnte die Regulierung nie zu weit gehen.
Wer bietet ihnen die Stirn? Wo bleiben die bürgerlichen Parteien, die Flagge bekennen für den Finanzplatz Schweiz? Was ist mit dem Freisinn, der sich so sehr als Förderer der heimischen Wirtschaft und des Finanzplatzes rühmt? Früher konnten sich die Vertreter des Freisinns den Banken nicht genug anbiedern. Heute gehen sie auf Distanz. Selbst auf die SVP ist in dieser Frage nicht Verlass: Die Forderung nach einem Lohndeckel stammt aus ihren Reihen.
Ein möglicher Kompromiss
Dabei gäbe es sehr wohl einen Kompromiss. Nochmals Bosshard von der Luzerner Kantonalbank: «Aus unserer Sicht wäre eine Lösung, die risikogewichteten Aktiven (RWA) der Investmentbank zu begrenzen. Ende 2024 verfügte die UBS über RWA in der Höhe von 498,5 Milliarden Dollar, wovon sich 106 Milliarden (21,3 Prozent) in den Büchern der Investmentbank finden. Der Regulator könnte dies beispielsweise auf 25 Prozent beschränken. Damit könnte auch ein Kompromiss beim zusätzlichen Eigenkapital gefunden werden. Damit könnte die UBS wohl leben.»
Es ist höchste Zeit, dass die Politik auf den Finanzplatz zugeht. Er spielt eine zu grosse Rolle für den Wirtschaftsstandort Schweiz, als dass man ihn leichtfertig verzwergen sollte.