Der Fall des Luzerner Milchverarbeiters Hochdorf wirft ein Schlaglicht auf das Instrument der hybriden Unternehmensanleihen. Sie sind zwar verwandt mit den hybriden Anleihen, die Banken emittieren, doch gibt es erhebliche Unterschiede. Corporate Hybrids sind nicht regulatorisch motiviert.

Die Hiobsbotschaft erhielten die Aktionäre und Obligationäre des krisengeschüttelten Unternehmens Hochdorf bereits vorletzte Woche. Der Milchverarbeiter teilte mit, dass das operative Geschäft und damit die Tochter Hochdorf Swiss Nutrition (HSN) an den Finanzinvestor AS Equity Partners verkauft wird. Die Holding befindet sich seitdem in der provisorischen Nachlassstundung, die sie vor dem Zugriff der Gläubiger schützt.

Der Verkaufserlös, der in die Holding fliesst, beträgt bloss 15,5 Millionen Franken, weil der Käufer einen Konsortialkredit von Banken in Höhe von 67 Millionen übernimmt. Die Transaktion muss noch von der ausserordentlichen Generalversammlung der Aktionäre der Hochdorf Holding am 18. September abgesegnet werden.

Hochdorf-Aktien: Wertlos und bald dekotiert

Zudem wird an dieser Versammlung die Dekotierung der Aktien beantragt. Die Namenaktien, die (noch) an der SIX Exchange gehandelt werden, haben seit Jahresbeginn 95 Prozent ihres Wertes eingebüsst und notieren derzeit um 70 Rappen. In den Jahren 2017 und 2018 stieg der Aktienkurs zeitweise über die Marke von 300 Franken.

In seiner Mitteilung hält das Unternehmen fest, dass der Erlös aus dem Verkauf der HSN nicht ausreiche, «um die erheblichen finanziellen Altlasten, insbesondere die im Jahr 2017 begebene Hybridanleihe in Höhe von 125 Millionen Franken sowie die damit verbundenen offenen Zinszahlungen, zu begleichen». Zudem habe die Holding mit der Unterzeichnung der Verkaufsvereinbarung der Tochter vor Jahren gewährte unternehmensinterne Darlehen in Höhe von 182 Millionen Franken in der Bilanz per 30. Juni 2024 vollständig abschreiben müssen, was zu einer Überschuldung führe.

Hochdorf-Hybridanleihe: Von 25 auf 5 Prozent

Als Konsequenz davon reichte die Holding das vom Gericht umgehend genehmigte Gesuch um provisorische Nachlassstundung ein. Die Gläubiger der Hochdorf Holding, zu denen auch die Obligationäre der erwähnten Hybridanleihe gehören, bräuchten derzeit nichts zu unternehmen, heisst es weiter.

Klar ist, dass die Aktionäre der Hochdorf ihr Investment werden abschreiben müssen. Auch die Obligationäre dürften einen grossen Teil ihres Einsatzes verlieren. Die Titel werden an der Börse zurzeit noch zu 5 Prozent gehandelt, in der ersten Hälfte August waren es noch 25 Prozent.

Günstiger als Aktien, teurer als normale Anleihen

Der Fall Hochdorf wirft ein Schlaglicht auf das Instrument der hybriden Unternehmensanleihen (Corporate Hybrids), die zur grossen Familie der hybriden Anleihen zählen. Hybride Anleihen weisen Elemente von Fremd- und Eigenkapital auf, wobei je nach Ausgestaltung und Marktentwicklung das eine oder andere dominieren kann. Sie sind aus Sicht des Emittenten grundsätzlich günstiger als Aktien, aber teurer als normale Anleihen.

Bei Banken kommt als treibendes Motiv die Regulierung dazu. Hier sind denn auch weitaus die meisten hybriden Anleihen anzutreffen. Die in der Zwischenzeit sattsam bekannten, im Zuge der Übernahme durch die UBS von der Finanzmarktaufsicht Finma vollständig abgeschriebenen Additional-Tier-1-Bonds (AT-1) der Credit Suisse zählen ebenfalls dazu. International hat sich der AT-1-Markt nach dem CS-Schreckmoment rasch wieder gefangen, allerdings gab es seither keine Emission mehr in Franken.

Nachrangig, aber keine automatische Wandlung in Aktien

Wie hybride Anleihen von Banken sind auch Corporate Hybrids nachrangig und weisen sehr lange bis unendliche Laufzeiten auf (mit Kündigungsrecht des Schuldners) und optionale Zinszahlungen auf, d.h., die Zahlung kann entfallen oder aufgeschoben werden. Nimmt der Schuldner ein Kündigungsrecht nicht wahr, wechselt oft die Verzinsung (meist von fix auf variabel).

Anders als AT-1-Bonds werden Corporate Hybrids in einem Stressszenario jedoch nicht automatisch in Aktien gewandelt (bzw. vom Regulator abgeschrieben), sind aber gegenüber normalen Anleihen (und anderen Forderungen in der gleichen Klasse) nachrangig.

Andere Motivation als bei Banken

Für hybride Bankanleihen schlug die Geburtsstunde mit der Finanzkrise, in deren Folge die Regulatoren weltweit die Eigenkapitalanforderungen substanziell verschärften. Bei Corporate Hybrids spielt die Regulierung keine Rolle. Unternehmen wählen diese Finanzierungsform, weil sie günstig ist, das Eigenkapital schont, das Bonitätsrating (für normale vorrangige Anleihen) stärkt, steuerliche Vorteile bringt und eine flexible Ausgestaltung zulässt.

Letzterer Punkt und damit die fehlende Standardisierung bedeutet für den Investor, dass er die Bedingungen und Klauseln im jeweiligen  Emissionsprospekt genau studieren muss, wenn er keine bösen Überraschungen erleben will. Immerhin gibt es bei Corporate Hybrids keinen Regulator, der mit einem Federstrich die Obligationen auslöschen kann.

Die zwei Seiten der Medaille

Am Schweizer Markt sind Corporate Hybrids eine immer enge Nische geblieben. Zurzeit haben neben Hochdorf noch der Stromkonzern Alpiq und der Tiefkühlwarenspezialist Aryzta solche Anleihen ausstehend. Früher hatten sich auch Hero, Siegfried und Valora über solche Instrumente finanziert. 

In den vergangenen Tagen war in der Medienberichterstattung zum Fall Hochdorf verschiedentlich zu lesen, dass die finanzielle Belastung durch die Hybridanleihe ein Grund für das Aus des Luzerner Unternehmens gewesen sei. Hätte sich Hochdorf 2017 allerdings über eine normale Anleihe finanziert, wäre der Spielraum nicht grösser gewesen. Die Zahlung des zugegebenermassen etwas tieferen Coupons hätte nicht (wie im Fall Hochdorf geschehen) aufgeschoben werden können, und spätestens bei der Fälligkeit wäre die Stunde der Wahrheit gekommen.

Apropos Wahrheit: Zu dieser gehört, dass das Instrument der Corporate Hybrids einem Unternehmen das Leben erleichtern oder gar das Überleben sichern kann. Auch dazu gibt es mit Aryzta Anschauungsmaterial am Schweizer Markt.