Der Swiss Bond Index SBI wird um Spread-Indizes ergänzt. Damit reagiert die Börse darauf, dass die Zukunft des Liquid Swiss Index LSI der Credit Suisse ungewiss ist. 

Die SIX Swiss Exchange bietet ihren Swiss Bond Index (SBI) per 1. Juli 2024 neu auch in Form von Spread-Indizes an und hat ihr «Regelwerk für Anleihenindizes» entsprechend ergänzt.

Statt wie üblich den Marktwert der in der Schweiz kotierten Frankenanleihen in Indexpunkten auszudrucken, misst der Spread-Index die in Basispunkten gemessene Renditedifferenz zu Anleihen der Eidgenossenschaft beziehungsweise zu den Swapsätzen, die auf dem Tagesgeldsatz Saron basieren.

Zugegeben, es gibt definitiv leichteren Stoff für eine Unterhaltung als die Feinheiten in der Berechnung von Obligationenindizes. Ihre Schlussstände werden auch nicht – wie die ihrer Pendants auf der Aktienseite, beispielsweise des Swiss Market Index SMI oder des Standard & Poor's 500 – tagtäglich in den Nachrichten im Radio und Fernsehen verlesen und haben es sicher auch schwer, in die sozialen Medien zu schaffen.

Ohne Obligationenindizes geht es nicht

Selbst in Finanzmarkt-affinen Kreisen, in denen die Performance von Aktien, Rohstoffen und sogar Immobilien in Indexform geläufig ist, bilden sie selten Thema für Tischgespräche. Immerhin: Professionelle Investoren wissen, dass Anleihen ein ausgedehntes Anlagegebiet und eine unentbehrliche Anlageklasse darstellen und schätzen entsprechend die Mess- und Orientierungsfunktion von Obligationenindizes. Und wer sich an einer solchen Benchmark ausrichtet, sollte zumindest in Grundzügen verstehen, wie sie funktioniert.

Der SBI wird, ähnlich wie die meisten Aktienindizes, als reiner Preisindex und auf Basis des Gesamtertrags (also unter Berücksichtigung der Coupons) ausgewiesen. Ausserdem war er schon bisher nicht nur in Indexpunkten, sondern auch in Form der Rendite und der durchschnittlichen Restlaufzeit (Duration) verfügbar.

SBI-Index-Familie für (fast) alle Fälle

Zudem sind vom SBI, der mit über 1800 Anleihen den allergrössten Teil der an der Börse kotierten Bonds abdeckt, eine Vielzahl von Subindizes verfügbar. Filter, also Differenzierungsmerkmale, sind beispielsweise das Domizil des Emittenten (Inland- oder Auslandsegment), die Restlaufzeit, das Bonitätsrating (SBI Composite Rating), die Sektoren und Nachhaltigkeitskriterien (ESG). Subindizes sind für aktive und passive Anleger wichtige Vergleichs- und Orientierungsgrössen, weil sie oft nicht in den ganzen Obligationenmarkt investieren können oder wollen, sondern Restriktionen beispielsweise bezüglich Laufzeit und Rating einhalten müssen.

Dass die Schweizer Börse bisher keine Spread-Indizes berechnet hat, liegt daran, dass sich Anleger diesbezüglich bislang auf den Liquid Swiss Index (LSI) der Credit Suisse verlassen konnten. Es handelt sich ebenfalls um eine Benchmark für den Frankenanleihenmarkt, aber mit schärferen Anforderungen hinsichtlich der Mindestgrösse einer Anleihe. Weil er damit das Kriterium der Liquidität respektive Handelbarkeit stärker gewichtet, hat er auch ausserhalb der Grossbank immer breite Beachtung gefunden. Die Kehrseite davon ist, dass er wesentlich weniger Anleihen (derzeit rund 600) erfasst als der SBI.

Kollateralschaden des CS-Untergangs?

Zwar wird der LSI, der 2001 von der CS im Rahmen ihrer globalen Anleihenindexfamilie lanciert wurde, noch berechnet, doch ist seine längerfristige Zukunft ungewiss. Bereits per Ende 2023 seine Tätigkeit eingestellt hat das CS-Bonitätsteam. Seither gibt es keine CS-Schuldnerratings mehr. Ratings von Banken sind für den Schweizer Markt wichtig, weil die internationalen Agenturen kleinere Schweizer Emittenten gar nicht einstufen – Bankenratings fliessen denn auch in den SBI ein.

Nicht nur Schuldnerratings von Banken haben hierzulande Tradition; Banken haben auch immer wieder eigene Bondindizes kreiert.

«Schöne» Fussnote in der Geschichte

Pictet berechnete von 1984 bis 2004 einen Obligationenindex, der breite Verwendung fand. Die Zürcher Kantonalbank (ZKB) war 1998 die erste Anbieterin eines (synthetischen) Bondindex, der die Bonitätsdimension (Ratings) berücksichtigte. Dieser Index wurde Ende 2008 eingestellt.

Dass mit dem Swissair-Grounding 2001 der grösste Zahlungsausfall eines Schweizer Schuldners aller Zeiten in die Periode fällt, die von den Bondindizes beider Banken abgedeckt wurde, stellt eine schöne Fussnote der Geschichte dar. 

Und auch der SBI selber weist eine lange Historie auf. Er wurde per Anfang 2007 generalüberholt und dabei ebenfalls um die Bonitätsdimension erweitert, unter anderem auch deswegen, um die Lücke nach dem Wegfall des Pictet-Bond-Index zu schliessen. Seither gilt der SBI, auch weil er sich neuen Marktbedürfnissen nicht verschliesst, als erstzunehmende Benchmark am Anleihenmarkt.

Spread-Index-Palette verfeinert

Spread-Indizes sind deshalb nützlich, weil die Renditedifferenz einer Anleihe (oder eben der Spread) zu den Swapsätzen oder den Renditen der in puncto Sicherheit unübertrefflichen Bundesanleihen als wichtigste Kennzahl für die (relative) Bewertung verwendet wird. Hat ein Schuldner mehrere Anleihen mit unterschiedlicher Fälligkeit im Markt, kann nicht nur ein Punkt, sondern die ganze Renditekurve mit der Swapkurve oder der Renditekurve der «Eidgenossen» verglichen werden.

Gemäss Auskunft von Christian Bahr, Head Index Services, berechnet die Börse nun insgesamt 160 Spread-Indizes, die sich auf die existierenden (Sub-)Indizes beziehen. «Die SIX wird die Spread-Index-Familie sukzessive im zweiten Halbjahr um weitere Bereiche wie zusätzliche SBI-Sektor-Indizes ergänzen.» Dieses Mal hat die Börse nicht so lange wie vor 20 Jahren gebraucht, um auf den Wegfall eines Bondindex einer Bank zu reagieren.