Der Unternehmer Adriano Lucatelli hat kürzlich in einem Interview auf finews.ch vor einer «Buy Now, Pay Later»-Mentalität im Schweizer Vorsorgesystem gewarnt. Darauf reagiert nun Nico Fiore, Geschäftsführer von «inter-pension», der IG autonomer Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen, mit einer Replik.

Anders als es beispielsweise bei der Krankenkasse der Fall ist, versichert man sich nicht als Einzelperson bei einer Pensionskasse, sondern über den Arbeitgeber, als gesamte Belegschaft eines Unternehmens.

Obwohl das Einverständnis der Belegschaft bei einem Pensionskassenwechsel aus gesetzlicher Sicht abzuholen ist, besteht dennoch teilweise das Narrativ, dass die Wahl der Pensionskasse lediglich dem Arbeitgeber obliegt. Hin und wieder wird deshalb auch der Ruf nach der freien Pensionskassenwahl laut.

Vermeintliche Vorteile

Begründet wird dieser Ruf durch vermeintliche Vorteile, die eine solche Systemumstellung mit sich bringen würde. Effizienzsteigerung ist einer der Punkte, die in diesem Zusammenhang gerne genannt werden.

Es gilt aber darauf hinzuweisen, dass ein solcher Systemwechsel mit einem erheblichen Initialaufwand verbunden wäre. Selbst nach der Umstellung ist davon auszugehen, dass die Kosten weiter ansteigen. Die Unternehmen wären nicht mehr die zentrale Anlaufstelle bei Fragen. Die Ressourcen für die Kommunikation seitens der Pensionskassen müssten deshalb in beachtlichem Ausmass erhöht werden.

Man spräche als Pensionskasse schliesslich nicht mehr nur tausende von Unternehmen, sondern plötzlich Millionen von einzelnen Personen an. Auch der Aufwand für Beratung würde explodieren und neue Vertriebskanäle müssten geschaffen werden, da diese zurzeit bei den unabhängigen Pensionskassen kaum bestehen.

System ohne garantierte Renten

Nicht nur aus administrativer, sondern auch aus technischer Sicht, wäre die freie Wahl der Pensionskasse nachteilig, da sie höchstwahrscheinlich zu einem System ohne garantierte Renten führen würde. Ansonsten wären Pensionskassen angehalten das Vermögen der Versicherten sehr konservativ anzulegen, damit sie bei einem schlechten Jahresergebnis keine Massenabwanderung in der Manier eines Bank Runs erleiden. Nebst den höheren Kosten würde folglich auch das Leistungsniveau verschlechtert: Die Versicherten wären gleich doppelte Verlierer dieses Systems.

Statt über einen überteuerten und nachteiligen Systemwechsel nachzudenken, wäre es an der Zeit, sich nochmals die Vorteile der zurzeit bestehenden 2. Säule ins Gedächtnis zu rufen:

Effiziente Anlage der Vorsorgegelder

Über die letzten fünf Jahre betrachtet betrugen die durchschnittlichen Vermögensverwaltungskosten 0,5 Prozent. Dieser Wert wird im Bereich der privaten Anlage schon beinahe durch die Depotkosten erreicht und beinhaltet noch keine Kosten für Transaktionen oder andere Gebühren. Die Pensionskassen betreiben somit eine effiziente und kostengünstige Vermögensanlage.

Stabile und sichere Erträge

Die Vorsorgegelder wurden durchschnittlich in den letzten fünf Jahren mit 2,5 Prozent verzinst. Auch dieser Wert bleibt seitens der Kritiker nicht unverschont. Was allerdings gerne vergessen geht ist, dass diese Zinsen aus Sicht der Versicherten weder mit Aufwand noch mit Risiko erwirtschaftet wurde. Es bedarf ihrerseits kein Anlagewissen, sie leiden nicht unter schlaflosen Nächten bei fallenden Kursen – es gibt nur Gewinner.

Faires Finanzierungsmodell

Anders als bei der AHV werden die Beiträge der Pensionskasse nicht zur Finanzierung der laufenden Renten aufgebraucht, sondern explizit für die jeweilige Person, die den Beitrag geleistet hat, angespart.

Auf diesem Sparkonto landen sodann noch Beiträge in mindestens derselben Höhe seitens des Arbeitgebers sowie jährliche Zinsgutschriften aus den Anlageerträgen der Pensionskasse. Man spart sich mit Hilfe der Pensionskasse und des Arbeitgebers sein eigenes Geld für die Pensionierung an und ist dabei nicht vom Staat abhängig.

Das Schweizer Vorsorgesystem ist ein herausragendes Beispiel für eine effektive und nachhaltige Altersvorsorge. Es bietet den Versicherten Sicherheit, Flexibilität und die Möglichkeit, ihre finanzielle Zukunft aktiv zu gestalten – nicht zuletzt wegen den Pensionskassen.


Nico Fiore ist Geschäftsführer von inter-pension. inter-pension vertritt die Interessen von Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen und setzt sich für Vertrauen, Transparenz und Unabhängigkeit in der beruflichen Vorsorge ein. Er ist Fachmann für berufliche Vorsorge mit eidg. Fachausweis und verfügt über den Abschluss Master of Advanced Studies Hochschule Luzern/FHZ in Pensionskassen Management.