Am Montag hat ein Gericht die Liquidation der Börsengesellschaft des krisengschüttelten chinesischen Immobilienentwicklers Evergrande angeordnet. Experten rechnen nun mit erneuten Schockwellen für die Immobilien- und Finanzbranche in der Volksrepublik.
Ein Gericht in Hongkong hat die Liquidation des mit mehr als 300 Milliarden Dollar Verbindlichkeiten weltweit am höchsten verschuldeten Bauunternehmens angeordnet, berichtet unter anderem die Nachrichtenagentur «Reuters». «Es ist an der Zeit, dass das Gericht sagt, genug ist genug», sagte Richterin Linda Chan. Die Veröffentlichung der ausführlichen Urteilsbegründung steht noch aus.
Der Vorstandsvorsitzende von Evergrande, Siu Shawn, sagte gegenüber chinesischen Medien, dass Unternehmen werde sicherstellen, dass die Immobilienprojekte trotz des Liquidationsbeschlusses fortgeführt werden. Die Liquidations-Anordnung habe keine Auswirkungen auf den Betrieb von Evergrandes On- und Offshore-Einheiten.
Langwieriges Verfahren
Die Gerichts-Entscheidung schafft die Voraussetzungen für ein voraussichtlich langwieriges Verfahren, das angesichts der vielen beteiligten Behörden auch politisch werden dürfte. Offshore-Investoren werden sich darauf konzentrieren, wie die chinesischen Behörden ausländische Gläubiger behandeln.
Die meisten Vermögenswerte von Evergrande befinden sich in Festland-China. Es bestehen Unsicherheiten darüber, wie Offshore-Anleihegläubiger bei einer Liquidation Zugriff auf diese Werte erlangen können. Es könnte dabei Monate oder Jahre dauern könnte, bis der von den Gläubigern ernannte Offshore-Liquidator die Kontrolle über die Tochtergesellschaften auf dem chinesischen Festland übernimmt.
Börsenhandel ausgesetzt
Der Handel mit den Aktien von Evergrande wurde ausgesetzt. Bereits zuvor hatte der Kurs rund 20 Prozent abgegeben.
Eine Liquidation des Riesen Evergrande, daer über ein Vermögen von 240 Milliarden Dollar verfügt, könnte den ohnehin angeschlagenen chinesischen Immobiliensektor in Mitleidenschaft ziehen und auch Auswirkungen auf die Finanzindustrie haben.
Gläubiger erhalten wohl noch weniger
Evergrande hatte fast zwei Jahre lang mit einer Gruppe von Gläubigern an einer Lösung gearbeitet, um Schulden von rund 23 Milliarden Dollar umzuschichten.
Bei der Verhandlung hatte Evergrande ein Gutachten der Audit-Firma Deloitte vorgelegt, nach dem im Falle einer Liquidation mit einer Rückzahlungsrate von 3,4 Prozent zu rechnen sei. Nun würden die Gläubiger mit einer Quote von weniger als 3 Prozent rechnen, wie es weiter heisst.