Als eines der ersten Unternehmen überhaupt hat das Schweizer Fintech 21Shares in den USA die Zulassung für einen börsengehandelten Indexfonds auf Bitcoin erhalten. Dies gilt als Wendepunkt für digitale Anlagen. Ophelia Snyder, Mitgründerin von 21Shares, erklärt im Interview mit finews.ch, wie dieser Entscheid zur Demokratisierung der Märkte beitragen wird.


Frau Snyder, 21Shares und das US-Investmenthaus ARK Invest, wo ihre Verwaltungsrätin Cathie Wood Chefin ist, sind mit ihren Anträgen für einen Bitcoin-Spot-ETF in den USA wiederholt auf Ablehnung gestossen. Wie haben Sie jetzt persönlich auf die gestrige Genehmigung durch die US-Börsenaufsicht SEC reagiert?

Ich bin sehr erfreut. Wir haben die Möglichkeit eines Spot-ETF in den USA diskutiert, seit wir 21Shares vor fünf Jahren gegründet haben. Die Zulassung markiert nun den Höhepunkt von zwei Jahren kontinuierlicher Arbeit unserer Teams. Ich könnte nicht stolzer auf das sein, was unsere Produktentwicklungs-, Produktbetriebs- und Rechtsteams hier erreicht haben.

21Shares darf sich dabei zu den First-Movern zählen.

Als wir den Antrag im April letzten Jahres gestellt haben, war das noch eine Contrarian-Wette. Das war immerhin fast drei Monate bevor andere Emittenten ihren Antrag gestellt haben. Niemand dachte, dass es klappen würde. Heute können wir sagen, dass diese Entscheidung zu einer Genehmigung geführt hat.

Wie schätzen Sie die Bedeutung der Zulassung für die Zukunft von Kryptowährungen und digitalen Vermögenswerten ein? Da wird ja Grosses erwartet.

Mit der zunehmenden Integration digitaler Vermögenswerte in die gängigen Finanzsysteme wird deutlich, dass Kryptowährungen eine Schlüsselrolle bei der Neugestaltung der Zukunft des Finanzwesens einnehmen.

«Wenn ein Markt reift, neigt er zu einer höheren Stabilität»

Dies ist ein entscheidender Moment, der die wachsende Bedeutung von digitalen Vermögenswerten in der globalen Finanzlandschaft unterstreicht. Diese Entwicklung bestätigt nicht nur die zunehmende Akzeptanz von Kryptowährungen. Sie deutet auch auf die Reife der Branche hin, die nun effizientere und integrativere Finanzlösungen bietet.

Es heisst, dass der Bitcoin mit der Zulassung im Mainstream angekommen ist. Welche Auswirkungen wird die Einführung gleich mehrerer Bitcoin-Spot-ETF auf die Preisstabilität und Volatilität der ältesten Kryptowährung haben?

Die Auswirkungen sind vielschichtig. Die neuen Bitcoin-Spot-ETFs könnten mehr institutionelle und private Anleger auf den Markt locken und damit die Liquidität erhöhen. Dann ist die Marktintegration zu beachten. ETFs werden an traditionellen Börsen gehandelt, was Bitcoin weiter in die Mainstream-Finanzmärkte integrieren könnte.

Hinzu kommen die regulatorischen Auswirkungen: Wenn mit der SEC-Zulassung die Klarheit über die Regulation verbessert wird, könnte dies konservativere Anleger anziehen und den Markt möglicherweise stabilisieren. Und dann ist da der Aspekt der Marktreife…

Nämlich?

Die Einführung von Bitcoin-Spot-ETFs könnte ein Zeichen für einen reiferen Markt sein. Und wenn ein Markt reift, neigt er im Allgemeinen zu einer geringeren Volatilität und einer höheren Stabilität. Dieser Prozess kann jedoch Zeit in Anspruch nehmen, und während des Übergangs können immer noch kurzfristige Schwankungen auftreten.

Wie schätzen Sie das aktuelle und zukünftige Interesse der Anleger an diesen ETFs ein?

Wir gehen davon aus, dass es sich um eine Kombination aus Einzelpersonen handelt, die keine eigene Infrastruktur für den Zugang zu Kryptowährungen aufbauen wollen, sowie einer grossen Zahl an Institutionen handelt, die dazu heute nicht in der Lage sind.

«Wir sind nicht darauf aus, die Rentabilität mit dem Bitcoin-Spot-ETF zu maximieren»

Die Institutionen brauchen eine Kombination von Fähigkeiten – Handel, Verwahrung, Compliance, Risikomanagement, Berichterstattung und Versteuerung –, um in diesen Bereich einzusteigen. Das ist eine Menge Infrastruktur, die für eine einzige Anlage aufgebaut werden muss. Mit den ETFs entfällt diese Notwendigkeit, da sie im Wesentlichen an den Sponsor des Indexfonds ausgelagert wird.

Auf einen Schlag wurden nun elf Produkte in den USA zugelassen, und der Gebührenkrieg hat begonnen. Wie kontern 21Shares und ARK Invest den zunehmenden Wettbewerbsdruck durch grosse Wallstreet-Firmen wie Blackrock, Fidelity oder Invesco, die ebenfalls Spot-ETFs lancieren?

Mit einer Erfolgsbilanz, die bis ins Jahr 2018 respektive 2015 zurückreicht, haben 21Shares und ARK Invest eine vielseitige und globale Kundschaft durch mehrere Kryptomarkt-Zyklen geführt, mit der für den Erfolg erforderlichen Widerstandsfähigkeit, Anpassungsfähigkeit und Voraussicht. Beide Unternehmen haben operative und Investment-Exzellenz mit bewährter Kundenunterstützung bewiesen und den Goldstandard für Zuverlässigkeit und Leistung in der dynamischen Welt der Investitionen in digitale Vermögenswerte gesetzt.

Diese Zusammenarbeit zielt darauf ab, einen neuen Präzedenzfall für Innovation und Transparenz zu schaffen, indem wir unser gemeinsames Research, unsere Investmentkapazitäten, unsere operative Exzellenz und unsere erstklassige Kundenbetreuung nutzen.

Konkret: Welches sind Ihre grössten Stärken im Vergleich zu den Wallstreet-Giganten?

Wir sind die einzige Firma, die eine fünfjährige operative Erfolgsbilanz für Krypto-Spot-Produkte und zehn Jahre kryptobezogene Forschung mitbringt. Diese Expertise wird sich darin zeigen, wie wir unsere Kunden unterstützen können.

Wird die Tatsache, dass mehr als zehn Finanzunternehmen in den USA einen Bitcoin-Spot-ETF auflegen wollen, nicht Druck auf die Ihre Margen ausüben?

Wir sind nicht darauf aus, die Rentabilität mit dem Bitcoin-Spot-ETFs zu maximieren; das tun wir eher mit unseren aktiv verwalteten Indexprodukten. Ich möchte festhalten: Das ist ein wichtiger Moment in der Demokratisierung der Finanzmärkte ist. Die neuen Spot-ETFs sind ein öffentliches Gut und das Äquivalent einer Finanzautobahn; wir wollen nur sicherstellen, dass die Anleger das Gefühl haben, dass sie Zugang dazu haben.

Wie wird die Zulassung des ersten Bitcoin-Spot-ETF in den USA die strategische Ausrichtung von 21Shares beeinflussen?

An unserer Strategie wird dies nichts ändern. Wir bleiben sowohl unserem amerikanischen als auch unserem europäischen Geschäft verpflichtet.

«Wir bauen unsere Präsenz in der Schweiz und auf den europäischen Märkten aus»

Wir sind der grösste Emittent von kryptogebundenen, physisch besicherten börsengehandelten Indexprodukten mit mehr als 40 Produkten. Wir werden dieses Angebot sowie unsere geografische Präsenz ausbauen, um Kunden auf globaler Basis zu bedienen.

Das heisst?

Wir fangen in den USA gerade erst an, sind aber schon seit fünf Jahren in diesem Bereich tätig und betreuen globale Kunden, so dass wir eine Erfolgsbilanz in Bezug auf operative Exzellenz und Kundenbetreuung haben. Wir gehen fest davon aus, dass wir unsere Präsenz in der Schweiz und auf den europäischen Märkten weiter ausbauen werden.

Das Zulassungsgesuch bei der SEC war eine Contrarian-Wette, wie Sie selber sagen. Wie interagiert Ihr Unternehmen mit den Aufsichtsbehörden, um das Verständnis und die Akzeptanz von Kryptoprodukten zu fördern?

Wir haben eng mit unseren Partnern bei den Aufsichtsbehörden zusammengearbeitet und ihnen alle notwendigen Dokumente, Einblicke und Informationen zur Verfügung gestellt, um ein besseres Verständnis und Bewusstsein für die Vorteile dieses strukturierten Kryptoangebots und die Funktionsweise von Kryptowährungen zu schaffen.

Wir haben diesen Ansatz in mehreren Gerichtsbarkeiten auf der ganzen Welt verfolgt und freuen uns darauf, diese Arbeit weit über die Zulassung eines einzelnen Krypto-ETF auf dem US-Markt hinaus fortzusetzen. 


Ophelia Synder gründete 21Shares zusammen mit Hany Rashwan im Jahr 2018 in Zürich. Sie ist Teil der «30 under 30»-Liste des US-Magazins «Forbes» und wurde von der Beratungsfirma EY als «Winning Woman» ausgezeichnet. Bevor sie 21Shares gründete, arbeitete sie für Evercore, die UBS und die Westly Gruppe. Sie erwarb ihren Bachelor-Abschluss an der amerikanischen Eliteuniversität Stanford und einen MBA an der New York University.

(Mitarbeit: Jule Woermann und Thomas Pentsy)