Unabhängige Vermögensverwalter und Depotbanken stehen oftmals in einem Spannungsfeld zueinander. Eine von finews.ch begleitete Studie zur Zukunftsfähigkeit der Finanz-KMU zeigt nun, wie beide Lager einander brauchen und voneinander profitieren.
Obschon noch zahlreiche Gesuche bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) hängig sind – vergangenen August hatte die Behörde erst den halben «Berg» an Anträgen bewältigt – sind die unabhängigen Vermögensverwalter (EAM) mit der Finma-Lizenzierung jetzt schon in einer neuen Zeit angekommen.
Seit Ende 2022 dürfen Vermögensverwalter nur noch geschäften, wenn sie zumindest ein Gesuch um eine Lizenz nach den Finanzrichtlinien Fidleg und Finig beantragt haben.
Status quo keine Option mehr
Der Zwang zur Lizenzierung habe verdeutlicht, dass das Festhalten am Status quo für keine wirkliche Option mehr sei, schlussfolgern auch die Autoren einer neuen Studie zur Effizienz von unabhängigen Vermögensverwaltern. Die Erhebung, welche von der spezialisierten Zürcher Technologie-Beratungsfirma EAM.Technology und dem Institut für Finanzdienstleistungen Zug (IFZ) der Hochschule Luzern durchgeführt wurde, ist von finews.ch als Medienpartner begleitet worden.
«Einige EAM haben erst mit der Notwendigkeit einer Finma-Bewilligung erkannt, dass ein Paradigmenwechsel unvermeidlich ist», stellt die Untersuchung fest. Die Lizenz sei für viele Auslöser für notwendige Anpassungen gewesen.
Chancen im «Ecosystem»
Im Rahmen der Studie, die sowohl eine Standortbestimmung verspricht sowie Lösungsansätze zur Zukunftsfähigkeit («Staying in business») der Branche aufzeigt, haben die Autoren drei Lager von Stakeholdern befragt: Ein breites Spektrum von 80 EAM, ausserdem 25 Depotbanken in der Schweiz und Liechtenstein sowie neun Technologieanbieter.
Zusammen bilden diese das «Ecosystem» (siehe Grafik unten), das die Studienautoren im Umfeld der Vermögensverwalter feststellen – und das ihrer Ansicht nach enorme Chancen für die Branche bietet.
Dieses Ecosystem wird in der Untersuchung als sämtliche Produkte und Dienstleistungen definiert, die von Drittanbietern bezogen werden können. Dies mit dem Ziel, dass sich EAM künftig bestmöglich auf ihr Kerngeschäft und -kompetenzen konzentrieren können.
Koordinierte Zusammenarbeit
Das Ecosystem, wertet der Bericht weiter, habe in den letzten 15 Jahren eine starke Entwicklung durchgemacht und könne heute als «recht reif» bezeichnet werden. «Es stellt sich nicht mehr die Frage, ob das Ecosystem die erforderlichen Ressourcen bereitstellen kann, sondern vielmehr, wie die EAMs ihre Organisation inmitten des Dschungels an Möglichkeiten gestalten sollten», schreiben die Autoren.
Diese Gestaltung sollte dabei immer darauf abzielen, dass die Organisation effizient, digital, sicher und skalierbar ist und die Business-Strategie eines Vermögensverwalters bestmöglich unterstützt. Dazu, finden die Studienautoren, müssen die Stakeholder koordiniert miteinander zusammenarbeiten, wobei ein Fokus auf den neuen digitalen Schnittstellen gemäss «Open Banking» liegt.
Portfolio-Management möglichst «inhouse»
Wie sich zeigt, sind sich die Finanz-KUM den Chancen und Gefahren der Digitalisierung durchaus bewusst. So hat die Umfrage ergeben, dass operationelle Effizienz und Cyber Security ganz oben auf der Agenda von EAM stehen. Ebenfalls werden IT und Infrastruktur-Dienste schon von zwei Drittel der Befragten ausgelagert. Hingegen haben 83 Prozent der EAM entschieden, die zentrale Funktion des Portfolio-Managements «inhouse» zu belassen, um die volle Kontrolle über die Anlagen ihrer Kunden zu behalten.
Dieser Kontrollanspruch macht tendenziell auch die Zusammenarbeit mit Banken zum Spannungsfeld, wie finews.ch beobachtet. Für die EAM ist die Beziehung zu Depotbanken zwingend, für die Geldhäuser sind Dienstleistungen für Vermögensverwalter ein lukratives Geschäft. Dennoch beäugen sich die Partner zuweilen misstrauisch – die EAM fürchten, Kunden an die Banken zu verlieren, und diese wiederum sorgen sich um Risiken, die mit den Depots importiert werden können.
Kosten immer noch wichtigstes Kriterium
Von den in der Untersuchung befragten 80 Vermögensverwalter arbeiten 35 Prozent mit zwei bis fünf Depotbanken zusammen, 30 Prozent mit über zehn Banken und 23 Prozent mit sechs bis neun – je grösser der EAM, desto zahlreicher in der Regel die Bankbeziehungen.
Allerdings hat die Umfrage ergeben, dass die Finanz-KMU die Zahl der Verbindungen eher verringern als erhöhen möchten und die Höhe der Gebühren nach wie vor das wichtigste Auswahlkriterium gegenüber Depotbanken ist (siehe Grafik unten). Die technologische Angebot der Institute kommt erst an dritter Stelle.
Die Studie betont die Chancen einer noch engeren Zusammenarbeit. In der Optimierung der Supportfunktionen haben die Banken gute 20 Jahre Erfahrung, halten die Autoren fest, etwa mit dem Outsourcing und mit der Bündelung ihrer Anforderungen zuhanden von Community-Dienstleistern, die weite Bereiche der Operations abdecken und namhafte Synergien im Bereich der Kosten ermöglichen.
Gefahr der negativen Selektion
Im Unterschied zu damals habe sich aber die Komplexität des Umfeldes substanziell erhöht. Ein Grund mehr, um die Lehren daraus zu ziehen und diese in ihr Geschäftsmodell zu integrieren.
Die Zusammenarbeit mit Banken, mahnt die Studie weiter, helfe den EAM, eine «negative Selektion» zu vermeiden. Denn all die anspruchsvollen neuen Themen – etwa Digitalisierung, Compliance, Cyber Security und Change-Management – verlangen neue Kompetenzen von den Vermögensverwaltern, während die Banken oftmals schon über solche Expertise verfügen.
Gleich lange Spiesse
Der Ausweg aus dieser Ausgangslage liege auf der Hand, so die Studie: Durch eine intelligente Sourcing-Strategie und den Einbezug spezialisierter Dienstleister aus dem Ecosystem könnten EAM mit gleich langen Spiessen operieren wie die grossen Mitbewerber und die Banken.