In der Geldpolitik verschieben sich die tektonischen Platten. Die Zeichen stehen angesichts der steigenden Inflation auf ein Ende der historisch lockeren Geldpolitik. Doch wie hält es die Schweizerische Nationalbank?
Seit der letzten geldpolitischen Lagebeurteilung der SNB am 16. Dezember hat die Bank of England (BoE) die Zinsen zweimal angehoben, und die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) hat einen Schritt in Aussicht gestellt. Selbst bei der Europäischen Zentralbank (EZB) zeichnet sich inzwischen ein Kurswechsel ab.
Die SNB hingegen liess die Kernaussagen ihrer Einschätzung unverändert und erklärte, dass der Franken weiterhin «hoch bewertet» sei und man bei Bedarf weiterhin bereit sei, an den Devisenmärkten zu intervenieren.
Obwohl sich seit dieser Sitzung viel geändert hat, wird die SNB die Zinsen in diesem Jahr nicht erhöhen, da andere Zentralbanken den Druck nehmen. Ausserdem ist die Inflation in der Schweiz bisher deutlich niedriger als in der Eurozone.
Jüngste geldpolitische Massnahmen
Auf ihrer Sitzung am 26. Januar beliess die US-Notenbank den Leitzins zwischen 0 und 0,25 Prozent, erklärte jedoch, dass angesichts einer Inflation von deutlich über 2 Prozent und eines starken Arbeitsmarktes der Offenmarktausschuss davon ausgehe, dass es bald angemessen sein werde, das Zielband für den Leitzins anzuheben. Diese Formulierung war in der Erklärung nach der Sitzung vom 15. Dezember noch nicht enthalten.
Darüber hinaus wird der Ausschuss das monatliche Tempo seiner Nettokäufe von Vermögenswerten weiter verringern und plant, diese bis Anfang März 2022 zu beenden.
Die «Bank of England» war aggressiver als die Fed: Der geldpolitische Ausschuss der BoE stimmte mit 5:4 Stimmen für eine Anhebung des Leitzinses um 0,25 Prozentpunkte auf 0,50 Prozent, wobei eine Minderheit eine Anhebung auf 0,75 Prozent forderte. Was die Anleihekäufe betrifft, so stimmte der Ausschuss einstimmig dafür, den Bestand an Staatsanleihen des Vereinigten Königreichs zu reduzieren, indem er nicht in fällig werdende Vermögenswerte reinvestiert.
Kryptische Erklärung
Die EZB ist zurückhaltender. Im Anschluss an ihre Ratssitzung am 3. Februar veröffentlichte sie eine recht kryptische Erklärung. Dort hiess es: «… der EZB-Rat geht davon aus, dass die EZB-Leitzinsen so lange auf ihrem aktuellen oder einem niedrigeren Niveau bleiben werden, bis er feststellt, dass die Inflationsrate deutlich vor dem Ende seines Projektionszeitraums 2 Prozent erreicht und sie diesen Wert im weiteren Verlauf des Projektionszeitraums dauerhaft hält, und er der Auffassung ist, dass die Entwicklung der zugrunde liegenden Inflation hinreichend fortgeschritten ist, um mit einer sich mittelfristig bei 2 Prozent stabilisierenden Inflation vereinbar zu sein.»
Dies gehe unter Umständen damit einher, dass die Inflation vorübergehend moderat über dem Zielwert liegt. Doch was bedeutet das genau?
Nachträgliche Klarheit über die EZB-Kurs
Da die Konsumentenpreise im Euroraum mit einem Anstieg von 5,1 Prozent im Januar gegenüber dem Vorjahr deutlich über dem 2-Prozent-Ziel der EZB liegen, könnte die Erklärung durchaus etwas mehr Klarheit vertragen.
Genau dafür hat dann das niederländische EZB-Ratsmitglied Klaas Knot am vergangenen Wochenende gesorgt. In einem TV-Interview sagte er, er erwarte eine Zinserhöhung um 25 Basispunkte im vierten Quartal dieses Jahres, gefolgt von einer weiteren im Frühjahr 2023.
SNB wartet
UBS-Chef Ralph Hamers hatte vergangene Woche in einem Interview mit der «Aargauer Zeitung» betont, er rechne nur dann mit einer Zinserhöhung in der Schweiz, wenn zuerst die Zinsen in der Eurozone angehoben würden.
Diesem Zeitplan folgend dürfte die SNB die Zinsen erstmals im Jahr 2023 anheben, was auch Maxime Botteron, Ökonom der Credit Suisse, in seiner am Montag veröffentlichten Einschätzung erwartet. Er fordert, dass die SNB die Zinsen im Jahr 2023 zweimal um zusammen 0,5 Prozentpunkte anhebt. Nach diesem Szenario läge der Zinssatz dann aber immer noch bei -0,25 Prozent.
Die SNB wird ihre nächste geldpolitische Lagebeurteilung am 24. März veröffentlichen.