Die neue Finma-Unterstellung für unabhängige Vermögensverwalter rückt näher. Wer alles selber machen will, dem droht eine Kostenexplosion. Die Firma EAM.Technology zeigt nun exklusiv für finews.ch Auswege aus dem Strategie-Dschungel.

Die Uhr tickt für die meisten der 2’000 unabhängigen Vermögensverwalter (EAM) in der Schweiz. Bis Ende 2022 müssen sie ein Lizenz-Gesuch bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) einreichen und sich einer bewilligten Aufsichtsorganisationen (AO) unterstellen.

Erst allmählich geht ein Ruck durch die Branche, und die Nervosität steigt. Denn die Unterstellung an sich ist kostspielig genug. Der künftige Betrieb unter den neuen Vorschriften droht besonders für kleinere Akteure prohibitiv teuer zu werden.

Deutsches Exempel

Entsprechend sind Auswege aus der sich abzeichnenden Zäsur gesucht. In Deutschland ist es im Rahmen der Finanzmarkt-Richtlinie Mifid II schon vor Jahren zu einer Konsolidierung unter unabhängigen Vermögensverwaltern gekommen. Von den Firmen blieben dort nur rund 10 Prozent übrig. Kleiner EAM – was nun, liesse sich dazu in Anlehnung an einen Buchtitel bemerken.

Den Weg für Vermögensverwalter, den die Finma zwischen den Zeilen ihrer Reglemente durchscheinen lässt, heisst Auslagerung. Doch wie, und mit welchen Partnern?

Wegweiser gesucht

Von der technologischen Ebene ganz zu schweigen: Mit Blick auf die Vielfalt von Startups und digitalen Tools, die gefühlt im Wochentakt neu an den Markt gelangen, wird der Überblick für die Vermögensverwalter immer schwieriger. Welche Werkzeuge decken welche Funktionalitäten ab, wie differenzieren sich die einen von den anderen, und wie lassen sich neue Tools mit dem Kernsystem – gemeint sind Systeme fürs Portfolio-Management und die Bewirtschaftung des Kundenstamms – verbinden?

Ein Dschungel an Fragen, indem sich die unter Zeitdruck stehenden Finanzprofis leicht verheddern. Entsprechend gesucht sind Wegweiser. EAM.Technology, ein von Dimitri Petruschenko und Boris Jeannet erst kürzlich lanciertes Zürcher Startup, sucht just jene Schnittstelle zwischen Vermögensverwaltern und Zulieferern zu besetzen. Exklusiv für finews.ch zeigen die Experten auf, welche Überlegungen sich die Finanz-KMU jetzt mit Blick auf die Unterstellung jetzt machen sollten.

Ideale Gelegenheit

Sinnigerweise bauen sie dabei keine Drohkulisse auf, wie es Berater gerne tun, um ihre Kunden von der Dringlichkeit eines Themas zu überzeugen. Vielmehr sehen sie in der herannahenden Finma-Unterstellung eine ideale Gelegenheit, um das tradierte Geschäftsmodell auf Herz und Nieren zu prüfen und auf die Zukunft auszurichten.

Denn im Rahmen des Finma-Gesuchs kommen die Unternehmen nicht umhin, ihre Geschäftsbereiche und Prozesse zu analysieren. Das beginnt bei der Geschäftsstrategie, geht über die organisatorische Aufstellung bis hin zur operativen Einhaltung und Kontrolle der Anforderungen (siehe Grafik unten). «Die intensive Auseinandersetzung mit dieser Fragestellung führt zu einer Diskussion über die Kernkompetenzen, auf die es für die Firma wirklich ankommt», erklärt Petruschenko das Resultat.

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Buntscheckige Branche

«Für Tätigkeiten und Funktionen, die nicht als Kernkompetenz oder differenzierend betrachtet werden, empfiehlt es sich zu prüfen, ob es sinnvoll ist, diese systemunterstützt, vollautomatisiert oder gar am Markt als Dienstleistung einzukaufen», ergänzt Jeannet. Natürlich sind die Prozesse von unabhängigen Vermögensverwaltern so divers wie die buntscheckige Branche selber, deren Mitglieder von der «One-man show» bis hin zu mit Banklizenzen ausgestatteten Finanz-Gruppen die verschiedensten Unternehmensformen umfassen.

Allgemein lässt sich EAM.Technology zufolge aber festhalten, dass die Geschäftsprozesse zu einem grossen Teil von einem Kernsystem geführt und unterstützt werden. Die Umsysteme mit allfälligen «Ökosystem-Partnern» ergänzen das Kernsystem mit zusätzlichen Funktionalitäten und ermöglichen so spezifische Geschäftsprozesse und -Dienstleistungen. Interne Mitarbeitende und externe Dienstleister übernehmen schliesslich die entsprechenden Funktionen zur Ausführung dieser Geschäftsprozesse (siehe Grafik unten).

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Von einem einfachen Setup eines unabhängigen Vermögensverwalters lässt sich folgendes annehmen, wie eine von finews.ch zusammengetragene und längst nicht abschliessende Liste von Dienstleistern zeigt:

Kernssystem

  • CRM und Portfolio Management: z.B. Expersoft, Assetmax 

Umsysteme

  • Stamm- und Marktdaten: z.B. SIX, Bloomberg
  • Finanzbuchhaltung: z.B. Abacus, Sage
  • Endkundenportal und Reporting: z.B. Altoo, Canopy, Axeed

Ausführung der Geschäftsprozesse

  • Kundenbetreuung, Portfolio Management, Asset Management, Compliance: Interne Mitarbeitende
  • Back Office Services: z.B. Expersoft, Assetmax, Dubris, Numas
  • Compliance Services: z.B. GWP, Swisscomply
  • Kundenverträge oder Finma-Anträge: z.B. Rechtsanwälte

Sprung nach vorne

Die Zusammenstellung lässt erahnen, dass unabhängige Vermögensverwalter heute die Qual der Wahl haben, was die Sache für sie nicht einfacher macht. «Man muss sich vergegenwärtigen, dass das Technologie-Management heute bedeutend komplexer geworden ist als früher, als es nur darum ging, ein Portfolio-Management-System zu evaluieren und einzuführen», gibt Petruschenko zu bedenken. EAM.Technology hat dazu Vorgehensmodell erarbeitet, das sich über die Definition der Ziele und Anforderungen bis hin zur Evaluation und schliesslich der Umsetzung von Systemen und Prozessen erstreckt.

Wer die Sache geschickt anpackt, so gibt sich Jeannet überzeugt, macht einen grossen Sprung nach vorne. «Wenn die heute verfügbaren Tools richtig eingesetzt und deren Potenzial ausgeschöpft werden, kann ein unabhängiger Vermögensverwalter den gleichen Qualitätsstandard erreichen wie eine etablierte Bank – und dies mit einem Bruchteil des finanziellen Aufwandes.» Damit lasse sich auch die operative Unterstützung wiedererlangen, die den einzelnen Vermögensverwaltern einst als Kundenberater bei grossen Instituten verloren ging.

Käufer stehen bereit

Natürlich gibt es noch einen Weg: Die Selbstständigkeit aufgeben und sich einem grösseren Akteur anschliessen. Entsprechend bringen sich bereits Finma-lizensierte Vermögensverwalter in Stellung, wie auch finews.ch berichtete. Je nach Alter der Finanzprofis liegt es auch nahe, den Beruf frühzeitig an den Nagel zu hängen und den Generationenwechsel im Unternehmen nicht mehr zu vollziehen. Auch hier stünde wohl eine breite Käuferschaft für Kundenvermögen bereit.

Sinnigerweise zeigen die Erfahrungen aus Deutschland aber, dass die Vermögensverwaltung auch nach der Regulierungswelle kaum an Anziehungskraft eingebüsst hat: Trotz dem Schwund an Firmen ging dort die Anzahl der in der Branche Beschäftigten nicht gross zurück.