David Solo ist seit mehr als 20 Jahren eine zentrale Figur auf dem Schweizer Finanzplatz – und stand im Mittelpunkt einiger umstrittener Ereignisse. Auch heute noch zieht der Amerikaner die Strippen aus dem Hintergrund – eine Annäherung.
«Das Phantom» – der Übername blieb an David Solo haften, nachdem er als 32-jähriger Informatiker von Marcel Ospel als Chief Operating Officer (COO) bei SBC Warburg eingesetzt worden war.
Solo war über den Hedgefonds O'Connor zur UBS gestossen – und zum Protegé von Ospel geworden. Dem Basler UBS-Chef verdankte Solo seinen steilen Aufstieg in den Schweizer Bankenolymp.
Vom Manager zum Unternehmer
Die Wege von Ospel und Solo trennten sich erst 2004: Der Amerikaner wechselte zu Julius Bär als «Mitgift» zum UBS-Verkauf von drei Privatbanken und dem Asset Manager GAM. Fortan machte Solo seinen Weg auf den Top-Etagen der Zürcher Traditionsbank und später als CEO von GAM.
Die Karriere setzte der Amerikaner als Unternehmensgründer fort: Heute ist er Mitbesitzer und Verwaltungsratspräsident von Simag, einer Finanzboutique in Zürich, die auf Erkenntnisse aus der Physik, komplexen selbstorganisierenden Systemen, Deep Learning und Behavioral Finance setzt. Mit von der Partie ist da auch Didier Sornette.
Der renommierte französische Physiker und ETH-Professor forscht seit mehr als 25 Jahren an der systematischen Erkennung von Ineffizienzen und Instabilitäten an den Finanzmärkten. Joint-Venture-Partnerin ist die andere Schweizer Grossbank, die Credit Suisse.
Alles verhindern
Der inzwischen 54-jährige Solo gibt nichts über sich preis. Er hütet sein Privatleben wie seinen Augapfel. «Solo würde alles tun, um zu verhindern, dass nun dieses Porträt über ihn geschrieben wird», sagte eine Person zu finews.ch, die mit ihm zusammengearbeitet hat.
Obwohl er zehn Jahre lang CEO von GAM war, zeitweise immerhin ein Schweizer Blue Chip, findet man keine Interviews mit ihm. Das letzte gab Solo, so scheint es, 1997 dem britischen Branchenblatt «Euromoney», als er noch bei der UBS war.
Direkt und unverblümt
Bekannt ist seine enge Beziehung zu Ospel, der in diesem Jahr verstorben ist. Mit ihm und anderen engen Vertrauten wie Marco Suter fuhr er im Winter jeweils nach Klosters zum Skifahren, wie mehrere Personen gegenüber finews.ch bestätigten.
«Er ist extrem direkt und unverblümt, was manchen Kollegen auf dem falschen Fuss erwischen konnte», beschreibt ein ehemaliger Mitarbeiter Solos Stil. Dabei sei er ein unheimlich schneller und scharfer Denker, der rasch entscheiden könne. Andere beschreiben ihn als so unnahbar, dass er manchmal als empathielos empfunden werde.
Unfassbare Expertise
Andere wiederum sind voll der Bewunderung: Solo verfüge über eine unfassbare Expertise, er sei voller Leidenschaft und Entschlossenheit. «Man wusste immer, woran man mit ihm war», sagte ein früherer Mitarbeiter.
Bei GAM imponierte Solo vor allem die Portfolio-Manager, die selber in der Regel auch keine intellektuellen Mauerblümchen sind. Solo wusste jeweils im Detail über die Anlagen, Strategien und Prozesse Bescheid und brachte mit seinen Fragen manchen seiner Investmentspezialisten ins Schwitzen.
Familienvater und Nerd
Tatsächlich hat Solo einen brillianten akademischen Hintergrund: Er machte seinen Master als Ingenieur und Computerwissenschafter am MIT in Boston und forschte dort bereits in den späten 1980er-Jahren an Algorithmen und an Glasfaser-Kommunikationssystemen für das Militär.
Manche beschreiben den zweifachen Familienvater auch als «Nerd»: «Wenn er beispielsweise ein Buch über irgendein exotisches Finanzthema gelesen hatte, dominierte er ganze Sitzungen mit diesem Thema», sagte eine Person, die mehrere Jahre mit ihm zusammengearbeitet hat.
Enorme Vergütungen
Vor allem aber ist Solo ein «Macher»: Unter Ospel spielte er 1997 eine wichtige Rolle bei der Megafusion von Bankgesellschaft und Bankerverein. Ein Jahr später räumte er als Risikochef das Debakel mit dem LTCM-Hedgefonds auf, das die UBS 950 Millionen Dollar kostete. Später bereinigte er ein Private-Equity-Buch der UBS, um anschliessend den Verkauf der Privatbanken und GAM an Julius Bär aufzugleisen.
Seine zehn Jahre als CEO von GAM gelten per se als erfolgreich. So erfolgreich, dass er sich dank einiger juristischer Winkelzüge enorme Vergütungen leisten konnte – zusammen mit seinem neben Ospel zweiten Ziehvater Johannes «Hans» de Gier, ebenfalls ein früherer UBS-Mann, der lange als Präsident von GAM amtete.
Die anhaltende Kritik von Aktionären am GAM-Vergütungssystem prallte an ihm wie auch an de Gier folgenlos ab. Im Jahr 2014 übergab er den CEO-Job an Alex Friedman.
Kettenreaktion fataler Ereignisse
Um Solo blieb es in der Folge während einiger Jahre still – bis seine Rolle im Whistleblower-Skandal bei GAM ans Licht kam. Solo hatte den GAM-Portfolio-Manager Tim Haywood dem australischen Financier Lex Greensill vorgestellt, woraus eine Geschäftsbeziehung entstand. Aufgrund von personellen Querelen bei GAM musste Haywood das Unternehmen verlassen, was wiederum eine Kettenreaktion an fatalen Ereignissen auslöste, von denen sich GAM bis heute nicht erholt hat.
Solo hat sich zu den Verwicklungen nie geäussert – er zieht weiter die Strippen hinter den Kulissen. Obwohl er führen kann, wie es mehrere frühere Mitarbeiter gegenüber finews.ch bestätigten, scheint sich Solo vermutlich am wohlsten zu fühlen, wenn er hinter starken Chefs wie seinerzeit Ospel oder de Gier und (ganz kurz) Boris Collardi agieren konnte – wohlwissend, dass das Scheinwerferlicht, in dem sich die «Starbanker» bewegen, sehr rasch ausgehen kann.