Das Zürcher Fintech Evolute hat sich aus seiner Krise aufgerappelt. Mit frischer CEO und einem neuen Partner will der Anbieter von Vermögensverwalter-Software ins Plattformgeschäft.
Evolute ist wieder im Vorwärtsgang: Nachdem das Zürcher Fintech mit Myriam Reinle eine E-Commerce-Spezialistin als neue CEO erhalten hat, folgt nun ein weiterer Schritt in die Zukunft. Der Anbieter von Software für Vermögensverwalter ist mit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO eine strategische Partnerschaft eingegangen.
Darin erweitert BDO die digitale Service-Plattform für unabhängige Vermögensverwalter mit Funktionalitäten, für welche Evolute die Software liefert, wie es in gemeinsamen Mitteilungen hiess. Damit können die Bedürfnisse von Vermögensverwaltern nun aus einer Hand abgedeckt werden: Die bewährten Dienstleistungen von BDO wie Compliance, Risk, Kontrollsysteme und Steuern zusammen mit dem Portfoliomanagmentsystem von Evolute.
Harter Rückschlag verkraftet
Für das 2016 gegründete Fintech ist die Partnerschaft mit BDO ein wichtiger Baustein der neuen Strategie, die Reinle voranbringen will.
Um Evolute war es ruhig geworden, nachdem im Sommer 2018 der Zusammenschluss mit dem Compliance- und Regulierungsspezialisten Swisscomply rückgängig gemacht werden musste. Evolute-Gründer Michael Hartweg musste zunächst auf Geld- und Partnersuche gehen. Im März 2019 war eine Finanzierungsrunde über 10 Millionen Franken zustande gekommen, mit Partners-Group-Gründer Urs Wietlisbach und Ex-UBS-Chef Marcel Ospel als neue Investoren.
Patrick Barnert, der kurz zuvor in den Verwaltungsrat gewählt worden war und dem mit dem Fintech Qumram ein erfolgreicher Exit gelungen war, übernahm es dann, aus Evolute wieder ein Startup mit neuer Strategie zu formen – und dieses unter neue operative Leitung zu stellen.
Ziel: Plattformanbieter
Im Jahr 2020 ist Evolute eine auf 38 Mitarbeiter geschrumpfte Organisation, in der nun stärker auf die in Lviv in der Ukraine ansässige Produktentwicklung und -innovation als auf den Vertrieb der Software gesetzt wird. Denn das Produkt von Evolute, das Portfoliomanagementsystem, soll künftig nur noch der «Türöffner» für das angestrebte Kerngeschäft werden. CEO Reinle breitet im Gespräch mit finews.ch den Plan aus: «Evolute wandelt sich vom Software- zum Plattformanbieter.»
Und weiter: «Unsere Strategie ist, unseren Kunden mit Plattformservices Convenience anzubieten, das heisst, einen Mehrwert, mit dem sich Geld verdienen lässt.»
Letzterer Zusatz braucht Kontext: Evolute zählt zurzeit 25 Kunden, welche die Software benutzen. Damit erzielt Evolute einen Umsatz von 1,3 Millionen Franken. Das Fintech ist also noch eine ganze Strecke vom Breakeven entfernt.
Preis für Software geht gegen Null
Diesen zu erreichen wäre mit der «alten» Strategie ohnehin schwierig. Erstens ist der Softwaremarkt für unabhängige Vermögensverwalter hart umkämpft. Weit über ein Dutzend etablierter und neuer Anbieter kämpft hier um Geschäfte in einem begrenzten Markt, der aus regulatorischen Gründen noch schrumpfen wird.
Zweitens sind die Margen, welche im Vermögensverwaltungsmarkt erzielt werden können, recht dünn. «Unabhängige Vermögensverwalter sind bereit, für eine Software-Lösung 1 bis 2 Basispunkte der verwalteten Assets (AuM) aufzubringen. Das ist schlicht zu wenig, um eine nachhaltige Wachstumsstrategie zu finanzieren», rechnet Reinle vor.
Kunden und Produkteanbieter zusammenbringen
Anstatt zuzuschauen, wie sich die Preisentwicklung für Vermögensverwalter-Software gegen Null entwickelt, will Evolute andere Standbeine aufbauen – und die Software mittelfristig ganz umsonst anbieten. «Wir sind überzeugt, dass die Software für Vermögensverwalter zur Commodity werden wird», sagt Reinle, die das Plattformgeschäft von ihren leitenden Tätigkeiten bei Homegate, Car4you und zuletzt als Chefin des Crowdlenders Lendico in der Schweiz mit geprägt hat.
Ihre Strategie sieht den Aufbau eines offenen Ökoystems vor, in welchem die Evolute-Plattform Vermögensverwalter, Kunden und Produkteanbieter zusammenbringt. Evolute will dazu Kundendaten der Vermögensverwalter analysieren, Bedürfnisse ausfindig machen und Produkteanbieter für Vorschläge angehen – anonymisiert, wie Reinle betont.
Kein verlängerter Vertriebsarm
«Es ist nicht unsere Absicht, der verlängerte Vertriebsarm eines Produkteanbieters zu werden», sagt sie. Evolute will das Open-Banking-Prinzip umsetzen. Kunden sollen Partner und Services finden, die ihnen einen Mehrwert verschaffen.
Der Fahrplan steht schon in der Umsetzung: Mobile Versionen für Kunden sind als App lanciert, in der Jahresmitte will Evolute den Marktplatz aufschalten und für das vierte ist eine Software-Version geplant, die Vermögensverwaltern das Onboarden in nur einer Stunde ermöglichen soll.