Das von ehemaligen CS-Bankern gegründete Fintech Werthstein war in Deutschland knapp ein Jahr aktiv. Nun ist es mit den «Zeitgeist»-Investments bereits wieder vorbei, wie Recherchen von finews.ch zeigen.
Das in der Schweiz ansässige Fintech Werthstein, ein in eigene Anlageideen investierender Robo-Advisor, stellt seinen Betrieb in Deutschland zum Ende des Jahres ein. Ein Sprecher des von prominenten Bankern gegründeten und geführten Unternehmens bestätigte am Montag entsprechende Recherchen von finews.ch.
Die Schliessung habe «sich als notwendig erwiesen, da sich die Geschäftszahlen seit unserem Markteintritt Anfang des Jahres leider nicht ausreichend entwickelt haben, um das Geschäft fortzuführen.», schreibt der Werthstein-Generalbevollmächtigte in Deutschland, Felix Röscheisen, an die Kunden.
Die Depotwerte würden nun verkauft und die Gelder an die Kunden zurückgezahlt. Ein Grund für das Aus mag auch sein, dass Werthstein nicht ausreichend neues Kapital für die Fortführung des Geschäfts zur Verfügung stand.
Zu wenig Resonanz
Werthstein war im Jahr 2016 gegründet worden und hatte den Vermögensverwaltungsbetrieb zu Beginn dieses Jahres in Deutschland aufgenommen. Geplant war auch ein Ausbau in der Schweiz sowie in Asien. Doch ist das Konzept von Werthstein bei Kunden auf zu wenig Resonanz gestossen.
Zu den Werthstein-Gründern gehörten der ehemalige Marketingchef der Credit Suisse (CS) Bastian Lossen, der langjährige CS-Researchleiter Giles Keating sowie Röscheisen, vormals Head Sales Management Retail Banking und Private Banking bei der Hypovereinsbank. Zu den Investoren zählte Werthstein untere anderen Walter Berchtold sowie Leonard Fischer, beides ehemalige CS-Topmanager.
Investieren mit einem Knopfdruck
Werthstein sollte eine Art «Economist» mit Trading-Button werden, hatte CEO Lossen das Konzept des Fintechs gegenüber finews.ch beschrieben. Anlageexperten, unter ihnen Keating, stellten über Video oder Artikel zukunftsgerichtete Investmentideen vor, sogenannte «Zeitgeists» – zum Beispiel Elektromobilität oder zuletzt auch den Haustiermarkt.
Ein Robo-Advisor hat bereits ein entsprechendes Portfolio zusammengestellt, das Kunden via Knopfdruck kaufen können. Der Robo-Advisor stammt vom Zürcher Fintech Additiv.
Nur 1,5 Millionen Euro Kundengelder?
Der Werthstein-Sprecher sagte weiter, die Einstellung sei bedauerlich, weil sich die Anlagestrategien auch in den zuletzt schwierigen Marktverhältnissen sehr gut bewährt hätten.
Dass Werthstein wegen Mangel an neuem Kapital gescheitert ist, liegt wohl auch am Mangel an Kundengeldern. Gemäss Informationen von finews.ch verwaltete Werthstein in Deutschland zuletzt rund 1,5 Millionen Euro von Kunden.
Zürcher Aktiengesellschaft bleibt vorläufig
Nun wird die GmbH in München geschlossen, während die Aktiengesellschaft in Zürich vorläufig noch erhalten bleibt. Chef ist hier Lossen, während in Deutschland das Geschäft Keating und Röscheisen geführt haben.
Das Aus ist insofern nicht überraschend, als dass sich der deutsche Markt für unabhängige Robo-Advisor als äusserst schwierig erwiesen hat. Gerade die Entwicklung im zu Ende gehenden Jahr hat gezeigt, dass digitale Vermögensverwalter im Prinzip nur Erfolg in Kooperation mit einem etablierten Finanzinstitut haben kann, welches ihnen einen Strom von Kunden garantiert. So erreichte Scalable Capital bereits vergangenes Jahr die Marke von 1 Milliarde Euro Kundengeldern – dank der Kooperation mit ING-Diba und der Siemens-Pensionskasse.
Etablierte Fintechs ziehen noch Gelder an
Die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» fragte kürzlich in einem Artikel: «War es das schon mit dem Fintech-Boom?» So sei die Gesamtzahl von Fintechs in Deutschland im Jahr 2018 nur um zwei auf 303 Startups gestiegen. Die Investitionen betrugen mit 477 Millionen Euro bloss 12 Prozent mehr als 2017. Das Geld zogen vor allem bereits etablierte Fintechs an wie beispielsweise die Smartphone-Bank N26, die in diesem Jahr alleine 130 Millionen Euro aufnahm.