Galt die Schweiz Jahrzehnte lang als Hort zweifelhafter Gelder aus aller Welt und wurde deswegen notorisch von der EU kritisiert, so hat sich die Situation ins Gegenteil gekehrt.
Heute hat die EU ein Schwarzgeld-Problem – und zwar ein riesiges. Jüngstes Beispiel ist die angesehene Danske Bank, die laut einem Untersuchungsbericht (mehr dazu hier) diverser Zentralbanken und Aufsichtsbehörden, welcher der britischen Wirtschaftszeitung «Financial Times» vorliegt, bis zu 30 Milliarden Dollar über Tochterfirmen in Estnien gewaschen haben soll. Herkunft des tiefschwarzen Geldes – zum Teil noch aus der Ära der einstigen Sowjetunion: Russland, Moldawien und Aserbaidschan.
Sollten diese Informationen tatsächlich wahr sein, wäre dies der grösste Geldwäscherei-Skandal, den es in Europa je gegeben hat. Ziemlich klare Vermutungen, wonach auch in anderen europäischen Staaten wie Malta oder Lettland Geld im grossen Stil gewaschen wird, wie die «Financial Times» weiter kolportiert, unterstreichen zusätzlich, dass die EU, die jahrelang eine regelrechte Treibjagd gegen den Schweizer Finanzplatz führte, eher vor der eigenen Haustüre wischen müsste.
Rüffel aus den USA
Und als ob das alles nicht schon genügt, gab der holländische Finanzkonzern ING dieser Tage bekannt, ein Verfahren in Sachen Geldwäscherei gegen eine Zahlung von 775 Millionen Euro mit den Behörden beigelegt zu haben. Auch hier musste sich das Institut den Vorwurf gefallen lassen, bei der Annahme von Kundengeldern – Stichwort: Know your customer – gepfuscht zu haben, wie das deutsche «Handelsblatt» schreibt.
Wie dem Bericht in der «Financial Times» weiter zu entnehmen ist, sind es eklatante Kommunikationspannen, mangelnde Kooperation zwischen den diversen Behörden und mangelnde Vorschriften zur Bekämpfung der Geldwäscherei, die dazu führen, dass das Problem dermassen akut geworden ist. Zudem stellen die einschlägigen EU-Institutionen offenbar auch zu wenig Personal frei, um das Problem an der Wurzel zu packen.
Das führte sogar dazu, dass die EU einen Rüffel von den USA einstecken musste, dass eine lettische Bank mitgeholfen habe, das nordkoreanische Nuklearprogramm zu finanzieren.
Noch kaum in der Welt angekommen
Im Gegensatz dazu ist von derlei Geldwäscherei-Vorkommnissen in der Schweiz nichts zu hören. Das mag manche Leute erstaunen, unterstreicht aber, wie wirksam die vielen Bemühungen in den vergangenen Jahren auf dem Schweizer Finanzplatz waren – bloss ist diese Erkenntnis noch kaum in der Welt angekommen.
Stattdessen ist in europäischen Medien nach wie vor davon die Rede, es werde (Schwarz-)Geld aus umliegenden Ländern in die Schweiz «verschoben». Dabei sind mit der Einführung des Automatischen Informationsaustauschs (AIA) derlei Praktiken allein schon mit der EU gar nicht mehr möglich.