Von der Konsolidierung in der Finanzbranche war viel zu lesen – passiert ist weniger. Wieso 2013 zum Übernahmejahr wird, erklärt Patrik Kerler von KPMG Schweiz.
Im vergangenen Jahr verzeichnete die Schweiz ein erstaunlich gutes M&A-Jahr – sowohl gemessen an Transaktionen (352, ein Plus von elf Prozent) oder am Gesamtvolumen (116 Milliarden Franken, ein Plus von 56 Prozent). Diese Zahlen gehen aus dem M&A-Yearbook des Beratungsunternehmens KMPG hervor, welches am Dienstag veröffentlicht wurde.
Betrachtet man den Schweizer Markt, fällt jedoch auf, dass im Finanzsektor die grossen Transaktionen auf sich warten liessen. Gemessen an der Anzahl Transaktionen macht der Finanzsektor nur neun Prozent der M&A-Deals der Schweiz aus. Gemessen an der Grösse der Finanzindustrie in der Eidgenossenschaft ist dies verhältnismässig unterdurchschnittlich.
Konsolidierungsdruck steigt
«Die grössten Schweizer Finanzkonzerne sind mit Ausnahme von Julius Bär aufgrund der laufenden strategischen Neuausrichtungen noch nicht mit grossen Transaktionen hervorgetreten», schliesst Patrik Kerler (Bild), Leiter M&A der KPMG Schweiz, bei der Präsentation des M&A-Yearbooks.
Die M&A-Aktivität der Finanzbranche lag laut Kerler unter den Erwartungen, zumal viele Unternehmen kleinerer Grösse aufgrund des neuen regulatorischen Umfelds unter Druck stehen und der Konsolidierungsdruck immer stärker werde.
Preise sind zu hoch
Dass es bisher zu wenigen Übernahmen oder Zusammenschlüssen gekommen sei, habe zweierlei Gründe. Einerseits müssen sich alle Marktteilnehmer an die neuen Richtlinien anpassen, was mitunter dazu geführt habe, dass die Kriegskassen vielerorts leer seien.
Andererseits seien die Preisvorstellungen von potenziellen Verkäufern noch zu hoch. «Verkäufer müssen tiefere Preise akzeptieren. Verkaufskandidaten sind auf dem Markt vorhanden, doch niemand will überhöhte Preise bezahlen», sagt Kerler.
Bild: Die grössten Schweizer M&A-Deals im Finanzsektor 2012 (Klicken zum Vergrössern)
Grossbanken haben wieder M&A-Hunger
Gerade deshalb erwartet man bei der KPMG im laufenden Jahr eine erhöhte M&A-Aktivität in der Schweizer Finanzindustrie. Der Druck auf unabhängige Asset Manager steige konstant. Daher werde man voraussichtlich mehr Zusammenschlüsse oder Übernahmen sehen. Auch Kundenportfolios im Bereich Wealth Management werden zu Übernahmezielen. Zudem seien die Universalbanken wieder bereit, sich an den M&A-Verhandlungstisch zu setzten.
Schweiz als internationaler Vorreiter
Das rekordhohe Transaktionsvolumen im vergangenen Jahr ist auf die Milliarden-Übernahme von Xstrata durch Glencore zurückzuführen. Doch auch ohne diesen Deal verzeichnete der Schweizer M&A-Markt einen Wachstumsschub.
Bild: Die zehn grössten Schweizer M&A-Deals 2012 (Klicken zum Vergrössern)
Interessant zu beobachten sei, dass die Schweiz in rund 70 Prozent der Fälle als Käufer auftritt, hebt Kerler hervor. Dies sei ein Indikator dafür, dass es gut um die Schweizer Wirtschaft stehe, und dass die Schweizer Unternehmen die Opportunitäten aus der weltweiten wirtschaftlichen Erholung aktiv nutzen.
Für 2013 geht man bei der KPMG sodann auch von reger M&A-Aktivität aus. Als wichtigster Partner sollen wie schon 2012 die USA dienen.
Bild: Weitere Statistiken zum Schweizer M&A-Markt im Finanzsektor (Klicken zum Vergrössern)
Bildquellen: KPMG M&A Yearbook & Outlook 2013