Er arbeitet bei der Credit Suisse und ist ein Meister in der klassischsten aller Sportarten. Jetzt steigt der Diskuswerfer an der Heim-Olympiade in den Käfig.
Der Nacken breit wie zwei Kühlschränke und der Körper wie ein Fels. Abdul Buhari (Bild) sieht aus wie ein Türsteher. Doch anders als ein furchteinflössender Rausschmeisser drückt sich der CS-Banker gewählt aus, ist höflich und lacht gerne: «Die alten Griechen warfen den Diskus nackt – das würde ich natürlich nie tun», sagte der 1,98 Meter grosse Hüne kürzlich in einem hausinternen Interview.
Der 30-jährige Banker arbeitet für die Credit Suisse in London und opfert sich neben der Arbeit für seinen Sport auf. Die Olympia-Teilnahme sei der Karrierehöhepunkt, so der Sportler. Umso mehr, weil die Spiele in seiner Heimatstadt stattfinden.
«Ein guter Händler ist ein unabhängiges Kleinunternehmen»
Gerade einmal ein Jahr für die Credit Suisse tätig, nahm er seinen ganzen Mut zusammen und erklärte seinem Boss: «Wenn ich in meinem Sport weiterkommen will, kann ich nicht länger Vollzeit arbeiten». Dieser zeigte sich kulant, seither hat Buhari ein 40-Prozent-Pensum.
Und wie reagierten die Kunden? «Viele von ihnen sind Fans geworden, und einige besuchen sogar meine Wettkämpfe», so der Diskus-Riese weiter. Buhari beriet sich mit dem Chef des Trading Floor bei der Credit Suisse. Von ihm lernte er, seine Karriere wie sein eigenes Business aufzuziehen: «Ein guter Händler betrachtet sich nicht als Rädchen in einer riesigen Maschine, sondern als unabhängiges Kleinunternehmen, für das er die volle Verantwortung trägt.»
Er wirft ein Sack Kartoffeln über die Hälfte eines Fussballplatzes
Die Bestweite des Diskobolos beträgt 65,44 Meter, das ist das viertbeste Resultat der englischen Leichtathletikgeschichte. Diskus sei kein Job, sondern eine Leidenschaft, sagt der Banker, der seit 2003 im Diskus-Geschäft ist. «Ich liebe die Magie, wenn ich das Ding zum Fliegen bringen kann. Der Diskus ist eine Art Frisbee, wiegt aber zwei Kilogramm, also so viel wie ein Sack Kartoffeln. Und den werfe ich über die Hälfte eines Fussballplatzes», schwärmt er.
Letztes Jahr liess der gläubige Muslim für den «Sprit im Tank» sogar die Fastenzeit während der Weltmeisterschaft aus. Seine Website und seinen Twitter-Account pflegt er als Marketinginstrumente, heisst es weiter.
Diskurs als «Altmänner-Veranstaltung»
Mit 30 Jahren sei er im besten Diskusalter. Diskus sei ja eine «Altmänner-Veranstaltung», meint er und verweist auf das enorme Anforderungsprofil: «Man braucht mindestens zehn Jahre, um die Technik zu beherrschen und die nötige Kraft aufzubauen.»
Mit dem Erfolg komme auch der Appetit auf mehr. Der perfekte Olympionike will weit hinaus an seiner Heim-Olympiade. Eine Illusion? Kürzlich verbrachte Abdul Buhari ein Trainingswochenende mit dem Halter des ältesten Weltrekords in der Männer-Leichtathletik. Die Diskuslegende Jürgen Schult, der es 1986 auf 74,08 Meter gebracht hatte, war sehr angetan von Buharis Technik und sagte: «Junge, es gibt keinen Grund, warum du in London keine Medaille gewinnen solltest.»