Es sieht aus wie ein Knast: Abseits des medialen Interesses entsteht in Diessenhofen ein Rechenzentrum für die Bankbranche – vor allem unterirdisch.
Wenn eine europäische Organisation mit Sitz im EU-Land Brüssel in der Schweiz eine Investition von über 100 Millionen Franken tätigt, liefert das für die Medien normalerweise Schlagzeilen. Nicht so im Fall der Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunications, kurz Swift. Die Genossenschaft betreibt ein Netzwerk mit rund 8500 Teilnehmern in über 200 Ländern. Sie stellt die Infrastruktur zum elektronischen Datenaustausch bereit.
Das Wertvollste ist unterirdisch
Swift ist dabei, nahe der Grenze zu Deutschland, ein Rechenzentrum nach neuestem, höchstem Standard zu erstellen. Zäune, Überwachungskameras und Stacheldraht sollen ungebetene Gäste vom Nervenzentrum fernhalten. Für den Betrachter ist nur zu sehen, was oberirdisch steht. Und das ist der kleinste Teil der Anlage. Das Wesentliche ist unterirdisch angelegt. Betriebsbereit ist das Rechenzentrum Ende 2013, wie Daniel Wettstein, Präsident der Swift Switzerland National Member and User Group gegenüber finews.ch sagt.
Elektronische Post für Banken
Das nicht gewinnorientierte genossenschaftlich organisierte Unternehmen wird auch als elektronische Post für die Banken bezeichnet. Das neue Global Center ermöglicht es, die Datenhaltung in einer transatlantischen und europäischen Zone zu organisieren. Bisher wurden alle Daten in den USA und Europa gespiegelt, also an beiden Orten gehalten.
Zwei Gründe bewogen Swift, ein drittes Rechenzentrum an einem neuen Standort zu erstellen: Aspekt der erhöhten technischen Sicherheit und Ausfallsicherheit wegen der gestiegenen Volumen sowie der Datenschutzdiskussion USA/EU.
Neutraler Boden
Aus einem europaweit durchgeführten Evaluationsverfahren zur Standortfrage ging die neutrale Schweiz, und hier, unter mehreren Standortkandidaten, Diessenhofen als Sieger hervor. Der in der Schweiz praktizierte Datenschutz soll dabei keine Rolle gespielt haben, wie Daniel Wettstein festhält. Aber das Areal in der kleinen Thurgauer Gemeinde hat die Voraussetzungen des Kriterienkatalogs erfüllt: autonom, energetisch, glasfasererschlossen, ausreichend Platz.
Arbeitsplätze
Nach Inbetriebnahme der Anlage werden mindestens 20 Personen im Schichtbetrieb für den technischen Support zuständig sein. Dabei handelt es sich vorab um technisch orientierte Berufe für den Betrieb, den Unterhalt und die Bewachung der Anlagen rund um die Uhr – also nicht um IT-Entwickler. Da Swift eine genossenschaftlich organisierte Institution ist und vor Ort keine eigentliche Geschäftstätigkeit betreibt, werden weder Diessenhofen noch der Kanton Thurgau steuerlich gross profitieren. Aber imagemässig haben beide bereits gewonnen.