Am 18. November 2024 lädt der Finance Circle zur Online-Diskussion über die Reform des Schweizer Altersvorsorgesystems ein. Diese Veranstaltung der ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften und des Zürcher Bankenverbandes widmet sich der Frage, wie die Altersvorsorge zukunftsfähig und generationengerecht gestaltet werden kann.
Die Vorsorgeexperten Veronica Weisser (Bild unten) und Roland Hofmann (Bild weiter unten) teilen im Vorfeld ihre Ansichten zu zentralen Herausforderungen und potenziellen Lösungsansätzen – und machen deutlich, dass das Thema an Komplexität und Dringlichkeit nichts verloren hat.
Die Diskussion um die finanzielle Stabilität der Altersvorsorge kreist oft um die Frage der Generationengerechtigkeit: Wie lässt sich die Last so verteilen, dass die jungen Generationen nicht übermäßig belastet werden?
Melden Sie sich zur kostenlosen Online-Veranstaltung am 18. November an.
Hofmann weist auf das Problem der immer älter werdenden Wählerschaft hin: «Das Medianalter der Abstimmenden steigt weiter, wodurch Reformen wie eine Erhöhung des Rentenalters oder Rentenkürzungen unwahrscheinlicher werden.» Das bedeutet für ihn, dass die jüngeren Generationen wohl weiterhin steigende Abgaben und Steuern erwarten müssen.
Vorsorge-Expertin Veronica Weisser (Bild: zvg)
Weisser schlägt beispielsweise als Ausgleich eine Kopplung des Rentenalters an die Lebenserwartung vor oder eine Zusatzbesteuerung von wohlhabenden Personen ohne Nachkommen, sofern diese mehr an Umlagen von der nächsten Generation erhalten, als sie an der Finanzierung der nächsten Generation beigetragen haben. Ihrer Ansicht nach könnte eine Rentenalterserhöhung in Zukunft sogar mehrheitsfähig sein, sobald die geburtenstarken Jahrgänge selbst nicht mehr betroffen sind.
Kontroverse Debatten
Die Eigenverantwortung in der Altersvorsorge sorgt für kontroverse Debatten. Hofmann erklärt, dass Eigenverantwortung für Geringverdienende kaum umsetzbar sei, da ihnen die finanziellen Mittel zur privaten Vorsorge oft fehlen. «Die private Vorsorge funktioniert vor allem für höhere Einkomme», betont er.
Weisser sieht die private Vorsorge besonders für den Mittelstand und für Frauen, die in Teilzeit arbeiten oder Erwerbsunterbrechungen haben als wichtigen Baustein. «Für viele Erwerbstätige ist die Säule 3a essenziell, um den gewünschten Lebensstandard im Alter zu sichern,» erläutert sie.
Kulturelle Barrieren und Reformbereitschaft
Ein Blick auf andere Länder zeigt, wie Reformen umgesetzt werden können. Schweden etwa reformierte bereits vor fast 30 Jahren sein Rentensystem. Hofmann hebt hervor, dass Transparenz und ein parteiübergreifender Konsens Grundpfeiler des schwedischen Erfolgs waren. Für die Schweiz sieht er gesellschaftlichen Zusammenhalt und Vertrauen als unerlässlich, um generationengerechte Reformen auf den Weg zu bringen.
Weisser betont, dass das politische Gewicht der älteren Generation generationengerechte Reformen in der Schweiz erschwert. Anstatt nur auf politische Änderungen zu warten, empfiehlt sie jungen Menschen, selbst frühzeitig über die Säule 3a für das Alter vorzusorgen und sich in Bezug auf die zweite Säule bewusst für Arbeitgeber mit attraktiven Pensionskassenleistungen zu entscheiden.
Die wachsende Nachfrage nach Fachkräften verschaffe den Jüngeren dabei sogar eine gute Ausgangslage, weil die Arbeitgeber wegen Fachkräftemangel einen Anreiz haben, gute Leistungen in der zweiten Säule anzubieten.
Zentraler Aspekt der Altersvorsorge
Vorsorge-Experte Roland Hofmann (Bild: zvg)
Das Prinzip der Generationensolidarität ist ein zentraler Aspekt der Altersvorsorge. Weisser erklärt, dass das Umlageverfahren für jede Generation zwei Verträge umfasst und jede Generation somit zwei Mal leisten muss, um zwei Mal eine Gegenleistung zu erhalten. Die erste Gegenleistung ist die Erziehung und Ausbildung durch die Eltern, im Gegenzug finanziert man diverse Umlagen, unter anderem die AHV-Rente.
Um nun auch die zweite Gegenleistung zu erhalten – also die eigene AHV-Rente und andere Generationenumlagen – muss man auch eine zweite Leistung erbringen, nämlich Nachkommen grossziehen und ausbilden. Ohne ausreichenden Nachwuchs funktioniere dieses System nicht. Hofmann beschreibt diese Solidarität als ein «Tauschpaket» zwischen Generationen, dass ein Gleichgewicht erfordert.
Die junge Generation wird nur höhere Abgaben akzeptieren, wenn sie dafür einen fairen Gegenwert erhält, argumentiert er. Falls dieses Gleichgewicht aus dem Lot gerät, könnten jüngere Menschen auf Abwanderung oder Steuerumgehung zurückgreifen. Für ihn sind Anreize nötig, um die Generationensolidarität zu bewahren.
Rentenalterserhöhung vs. Einzahlungserhöhung
Für eine nachhaltige Altersvorsorge braucht es eine gute Balance zwischen Einzahlungen, Rentenhöhe und Rentenalter. Weisser hebt die Vorteile der zweiten und dritten Säule hervor, da sie den Zugang zum Kapitalmarkt und hohe Renditen ermöglichen. Dadurch wird das Rentenniveau gesteigert, ohne die jungen Generationen zusätzlich zu belasten.
Dies sei ein Erfolgsmodell, das langfristig den Wohlstand der Rentner sichert. Hofmann sieht eine Rentenalterserhöhung als besten Weg zur finanziellen Nachhaltigkeit, ist aber der Ansicht, dass sich im politischen Prozess eher eine Erhöhung der Einzahlungen zu Lasten der jüngeren Generationen durchsetzen wird.
Er verweist darauf, dass die Finanzbranche eine wichtige Rolle spielt, indem sie sicherstellt, dass die kapitalgedeckten Vorsorgegelder professionell und effizient angelegt werden.
Fazit: Generationengerechte Lösungen sind gefragt
Weisser und Hofmann sind sich einig, dass Reformen im Schweizer Altersvorsorgesystem dringend notwendig sind. Doch in mehreren Punkten herrscht noch Diskussionsbedarf – und genau diese Punkte werden am Finance Circle weiter diskutiert.
- Jetzt anmelden und mitdiskutieren! Erfahren Sie mehr über die Herausforderungen und Potenziale des Schweizer Vorsorgesystems im Austausch mit führenden Expertinnen und Experten.