Die Rothschild & Co Bank hat von den Turbulenzen bei der Credit Suisse massiv profitiert. Das äussert sich nicht nur in der massiven Gewinnsteigerung im ersten Halbjahr 2023, sondern das Institut hat auch zahlreiche Kundenberater-Teams engagiert. Die Zeichen stehen auch im zweiten Semester in mehrfacher Hinsicht auf Wachstum, wie Laurent Gagnebin, CEO der Rothschild & Co Bank im Interview mit finews.ch erklärt. 


Die in Zürich ansässige Rothschild & Co Bank hat im ersten Halbjahr 2023 einen Gewinn von 25,96 Millionen Franken erzielt, gegenüber 9,57 Millionen Franken in der vergleichbaren Vorjahresperiode. Dies entspricht einem Plus von 171 Prozent, wie den Semesterzahlen zu entnehmen ist.

Herr Gagnebin, die Rothschild & Co Bank hat im ersten Halbjahr 2023 eine massiv Gewinnsteigerung verzeichnet. Was waren die wesentlichen Gründe dafür?

Dies ist einerseits das Resultat der abgeschlossenen Integration der Banque Pâris Bertrand und von unserem stetigen Ausbau der Kapazitäten in der Kundenbetreugung, die zu guten Vermögenszuflüssen geführt haben. Andererseits hat sich natürlich auch die geänderte Zinssituation positiv auf unser Ergebnis ausgewirkt.

Welchen Einfluss hatte dabei die Situation bei der Credit Suisse in den vergangenen Monaten?

Auch wir haben natürlich gespürt, dass Mitarbeitende und Kunden der Credit Suisse (CS) zunehmend verunsichert waren. Wir hatten aber generell beträchtliche Neugeldzuflüsse, auch in anderen Märkten wie Deutschland, Spanien oder Israel.

Wie haben Sie ganz konkret davon profitiert?

Wie erwähnt war deutlich erkennbar, dass CS-Kunden eine Diversifikation ihrer Bankbeziehungen anstrebten oder ganz wechseln wollten.

«Wir haben im laufenden Jahr insgesamt mehr als 20 neue Berater eingestellt»

Und wir erhielten auch Anrufe von wechselwilligen Kundenberatern. Aber wie in der Vergangenheit schon, waren wir äusserst selektiv und stellten nur Personen ein, die perfekt zu unserer Kultur passen.

Wie wirkte sich dies auf die Entwicklung der Neugelder und der verwalteten Vermögen aus?

Wir verzeichneten insgesamt Netto-Neugelder in der Höhne von rund 800 Millionen Franken, und unsere verwalteten Vermögen stiegen um mehr als 4 Prozent auf rund 30 Milliarden Franken.

Sie haben seit Jahresbeginn auch personell stark ausgebaut. Können Sie das noch etwas konkretisieren?

Ja, wir haben im laufenden Jahr insgesamt mehr als 20 neue Berater eingestellt. Neben dem kürzlich angekündigten Team für Zentral- und Osteuropa in Zürich, stiessen in Genf, Deutschland, Spanien und Luxemburg zusätzliche Mitarbeitende zu uns.

Ausserdem holten wir mit Thomas Bamert einen ausgewiesenen Vorsorge-Experten an Bord. Das ist ein Thema, das die Schweizerinnen und Schweizer sehr beschäftigt. Aufgrund des Neugeldwachstums und der zahlreichen Kundengewinne haben wir schliesslich auch unser Backoffice ausgebaut, vor allem im Bereich des Client Onboarding.

Wie sehen Ihr weiteren personellen Pläne aus – gibt es weiterhin Leute von den beiden Schweizer Grossbanken zu holen?

Die Rothschild & Co Bank will weiterwachsen. Da wir sehr stark auf die jeweilige Persönlichkeit achten, spielt es keine Rolle, ob neue Mitarbeitende von Gross- oder anderen Banken kommen. Uns geht es generell darum, die besten Talente für Rothschild & Co zu gewinnen.

«Das Verschwinden der CS ist natürlich keine gute Entwicklung»

Auch Israel ist ein Wachstumsmarkt. Wir sind überzeugt, dass unser auf die langfristige Vermögensentwicklung ausgerichtetes Angebot gepaart mit dem globalen Netzwerk innerhalb der Gruppe den aktuellen Bedürfnissen der Kunden sehr entspricht. Wir bieten Stabilität und Sicherheit, und wir nehmen uns Zeit für unsere Kunden. Jeder Kundenberater betreut im Schnitt nur knapp 30 Kunden.

Wie beurteilen Sie die künftige Vormachtstellung der «neuen» UBS auf dem Schweizer Finanzplatz?

Das Verschwinden der CS ist natürlich keine gute Entwicklung. Ich bin aber überzeugt, dass dies für den Finanzplatz langfristig kein Nachteil ist. Wir haben viele Banken und einen gesunden Wettbewerb. Wenn die Kunden das Gefühl haben, einer der Anbieter sei zu gross oder zu wenig kundenfokussiert, werden sie wechseln.

Muss man sich bezüglich Klumpenrisiko Sorgen machen?

Nein. Alle Beteiligten sind sich der Risiken bewusst und werden umsichtig handeln.

Wie sehen Ihre Pläne bis Ende Jahr aus – wo liegen die Prioritäten?

Wir bauen den Bereich Vorsorge weiter aus und konzentrieren uns auf die Integration der neuen Mitarbeitenden sowie den Ausbau in Deutschland und Israel.

«Es hat sicher eine Delle gegeben«

Eventuell werden wir einen zusätzlichen Standort eröffnen und wir stellen sicher noch den einen oder anderen Kundenberater in der Schweiz ein. Ausserdem investieren wir weiterhin in unsere Systeme und die digitale Präsenz.

Kommt eine Akquisition in Frage – falls ja, mit welchem Profil?

Grundsätzlich ja. Ein solches Übernahmeobjekt müsste aber, wie damals die Banque Pâris Bertrand, perfekt zu uns passen. Da dies grundsätzlich eher schwierig ist, liegt unser Fokus mehr auf dem organischen Wachstum.

Haben der Schweizer Finanzplatz und damit auch das Swiss Banking aufgrund der Turbulenzen rund um die CS gelitten?

Es hat sicher eine Delle gegeben. Aber langfristig sehe ich deswegen keine negativen Auswirkungen für den Finanzplatz. Die Banken in der Schweiz haben ihre Aufgaben gemacht und der Finanzplatz ist weiterhin sehr attraktiv für private und institutionelle Kunden.

Wie waren die Reaktionen Ihrer ausländischen Kundschaft?

Es gab bei uns sehr wenige Rückmeldungen von ausländischen Kunden. Es ging dann meist um eine kurze Einschätzung, wie wir die Situation sehen. Das war es aber auch schon.

Sollte es auf dem Schweizer Finanzplatz eine verstärkte und besser koordinierte Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Stakeholdern (Banken, Behörden, Politik) geben, damit das Swiss Banking auch in der Zukunft erfolgreich und einzigartig ist?

Ja, das ist natürlich wünschenswert. Ich habe auch das Gefühl, dass der Wille dazu heute grösser ist also noch vor einigen Jahren. Es gibt Herausforderungen, die wir nur in Zusammenarbeit lösen können.

Dazu gehört generell die globale Positionierung des Finanzplatzes und die regulatorischen Rahmenbedingungen in der Schweiz sowie Themen wie Datensicherheit, Umgang mit künstlicher Intelligenz oder Interaktionen mit ausländischen Stakeholdern.


Laurent Gagnebin stiess im Herbst 2011 zur Rothschild Wealth Management Equitas, dem Genfer Standbein der Zürcher Rothschild & Co Bank. Zuvor leitete er die Investec Bank in der Rhonestadt. Ins Banking gelangte er über die Goldman Sachs Bank in Genf, nachdem er zuvor die École hôtelière de Lausanne absolviert und mehrere Jahre in der Hotelbranche gearbeitet hatte. Seit Mitte 2016 führt er als CEO die Rothschild Bank in der Schweiz.