Trotz Gewinneinbruch im ersten Halbjahr 2024 hält Laurent Gagnebin Ausschau nach zusätzlichen Kundenberaterinnen und -beratern. Sie müssen allerdings hohen Ansprüchen genügen – besonders im Schweizer Markt, der aufgrund des Wegfalls der Credit Suisse grossen Veränderungen ausgesetzt ist, wie der CEO der Rothschild & Co Bank in Zürich im Interview mit finews.ch erklärt.  


Herr Gagnebin, im ersten Halbjahr 2024 ist der Gewinn der Rothschild & Co Bank um ein Drittel auf 17,2 Millionen Franken eingebrochen. In der Vorjahresperiode waren es noch fast 26 Millionen Franken gewesen. Was ist geschehen?

Ein Vergleich ist relativ schwierig, da wir letztes Jahr aufgrund der Übernahme der Bank Pâris Bertrand Sondereffekte hatten. Wir sind aber mit den erzielten Resultaten im ersten Halbjahr 2024 sehr zufrieden, vor allem wenn man das operative Ergebnis anschaut. Generell hat die veränderte Zinssituation die Ergebnisse der Banken beeinträchtigt. Das war bei uns nicht anders.

Sehr positiv ist die Entwicklung beim Kommissions- und Beratungsertrag, den wir um 14 Prozent steigern konnten. Zudem haben wir weiter investiert, unter anderem in Deutschland, Israel und Spanien.

Im Vergleich zum Vorjahr haben Sie im ersten Semester 2024 jedoch weniger Neugeld (791 Millionen Franken) akquiriert. Vor Jahresfrist waren es noch 870 Millionen Franken gewesen. Dies, obwohl Sie 2024 mehr Leute engagiert haben. Worauf führen Sie diese Wachstumsschwäche zurück?

Auch hier denke ich, sind wir im Marktvergleich gut unterwegs. Es ist in den vergangenen Monaten aber für alle Akteure deutlich anspruchsvoller geworden, neue Kundengelder zu akquirieren.

«Es ist korrekt, dass einige ehemalige Mitarbeitende von der CS zu uns gewechselt haben.»

Zudem kam es aufgrund der Zinssituation zu Kreditrückzahlungen, die als Outflows gelten. Die im vergangenen Jahr neu eingestellten Kundenberaterinnen und -berater haben unsere Erwartungen bisher erfüllt.

Im laufenden Jahr haben Sie auch zahlreiche Kaderleute der Credit Suisse (CS) übernommen. Bis jetzt hat sich dies in den Zahlen offensichtlich noch nicht positiv niedergeschlagen. Warum?

Es ist korrekt, dass einige ehemalige Mitarbeitende von der CS zu uns gewechselt haben. Für uns war es aber nie das Ziel, damit eine besondere Situation auszunutzen. Zudem haben wir mehr neue Mitarbeitende von anderen Banken als von der CS rekrutiert. Generell geht es uns darum, uns in bestimmten Fokusmärkten stärker zu positionieren.

Suchen Sie weiteres Personal? Falls ja, welche Profile?

Wir beobachten den Markt immer genau und stellen punktuell neue Beraterinnen und Berater ein. Sie müssen aber primär gut zu unserer Kultur und unserem Beratungsansatz passen, der auf den langfristigen Vermögenserhalt unserer Kunden abzielt.

«Beraterinnen und Berater müssen Kundensituationen als Ganzes begreifen.»

Wir suchen Beraterinnen und Berater, die neben viel Anlage-Knowhow auch andere Qualitäten mitbringen. Sie müssen Kundensituationen als Ganzes begreifen und gemeinsam mit unseren Spezialisten Gesamtlösungen für die Strukturierung der Vermögen erarbeiten.

Wird es mit der angekündigten Integration der Credit Suisse in die UBS hierzulande in den nächsten Monaten nochmals eine grosse Anzahl an stellensuchenden Bankerinnen und Bankern geben?

Das kann schon sein, ist aber auch schwierig einzuschätzen.

Spüren Sie bereits eine Verschiebung von CS-Geldern zu anderen Banken, insbesondere zu Ihnen?

Das kann ich in unserem Fall so im Detail nicht sagen. Dieser Prozess mit grosser Unsicherheit rund um die Credit Suisse dauert ja auch schon länger an. Generell hat dies aber sicher zu Verschiebungen geführt, offensichtlich im Bereich der KMU.

Sie haben Ihre Angebotspalette in den vergangenen zwölf Monaten sowohl inhaltlich als auch geografisch ausgebaut. Wo stehen Sie heute damit?

Wir haben in Deutschland ausgebaut mit der Eröffnung in Hamburg, wir haben in Spanien kräftig investiert und die Zahl der Mitarbeitenden erhöht. Israel, wo wir seit rund 1,5 Jahren tätig sind, läuft trotz der schwierigen sicherheitspolitischen Situation gut. Schliesslich haben wir in Dubai ein Büro eröffnet.

Zahlreiche Schweizer Privatbanken stehen heute zum Verkauf. Werden Angebote auch an Sie respektive an die Bank herangetragen? Falls ja, unter welchen Bedingungen käme für Sie eine (weitere) Akquisition in Frage?

Es scheint in der Tat Bewegung im Bankensektor zu geben. Wir haben in den vergangenen Monaten einige Dossiers gesehen. Wir sind allerdings sehr selektiv.

«Die IT-Sicherheit wird durch die steigende Cyber-Kriminalität gefährdet.»

Ein solches Übernahmeobjekt müsste aber, wie damals die Banque Pâris Bertrand, perfekt zu uns passen. Wichtige Kriterien sind die Unternehmenskultur, das Verständnis für unsere Anlageberatung und natürlich ein möglichst kongruentes Kundenbuch.

Wie sehen Ihre Pläne bis Ende Jahr aus – wo liegen die Prioritäten?

Wir wollen uns bei den Neukundengeldern weiter steigern und gleichzeitig die Kostenseite im Griff haben. Zudem halten wir weiterhin Ausschau nach guten Kundenberatern, um unser Wachstum fortzusetzen. Der Fokus liegt dabei vor allem auf dem Schweizer Markt. Schliesslich wollen wir unser Vorsorge-Angebot, das bei den Kunden ausserordentlich gut ankommt, weiterentwickeln.

Vor welchen Risiken müssen sich die Banken bis Ende Jahr am meisten in Acht nehmen?

Abgesehen von den grossen, teils nicht vorhersehbaren politischen Risiken sind sicherlich die Zinsentwicklung sowie der Franken im Auge zu behalten. Wir erwarten zudem eine höhere Marktvolatilität. Ein wichtiges Branchenthema ist weiter die IT-Sicherheit, die durch die steigende Cyber-Kriminalität gefährdet wird.


Laurent Gagnebin stiess im Herbst 2011 zur Rothschild Wealth Management Equitas, dem Genfer Standbein der Zürcher Rothschild & Co Bank. Zuvor leitete er die Investec Bank in der Rhonestadt. Ins Banking gelangte er über die Goldman Sachs Bank in Genf, nachdem er zuvor die École hôtelière de Lausanne absolviert und mehrere Jahre in der Hotelbranche gearbeitet hatte. Seit Mitte 2016 führt er als CEO die Rothschild Bank in der Schweiz.