Im ersten Halbjahr hat die Nationalbank den Banken nochmals 3,6 Milliarden Franken Zinsen für deren Guthaben auf den Girokonten überwiesen. Diese Ertragsquelle wird künftig weniger kräftig sprudeln. 

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat das erste Halbjahr mit einem stattlichen Gewinn von fast 57 Milliarden Franken abgeschlossen, auch wenn im zweiten Quartal ein Verlust von 2 Milliarden resultierte.

Um dieses Zwischenergebnis richtig einzuordnen, sind drei Punkte zu beachten.

  1. Der finanzielle Erfolg der SNB hängt weitgehend davon ab, wie sich die Aktienbörsen, die Zinsen, der Wechselkurs des Frankens und der Goldpreis entwickeln. Ein Beispiel dazu: Der «Erfolg aus Fremdwährungspositionen» von 49 Milliarden Franken im ersten Halbjahr ist dem schwächeren Franken (30 Milliarden), der Börsenhausse (20 Milliarden), Zinserträgen (6 Milliarden) und Dividenden (2 Milliarden) zu verdanken. Aufgrund der Zinsentwicklung (höhere langfristige Renditen) resultierte jedoch auf den Anleihen ein Bewertungsverlust von knapp 7 Milliarden.
  2. Schon prozentual kleine Kursveränderungen schlagen sich in grossen absoluten Beträgen nieder. Die Bilanzsumme der SNB ist gigantisch und im ersten Halbjahr nochmals um 28 Milliarden Franken auf 823 Milliarden Franken gewachsen, liegt also über der jährlichen Wertschöpfung der ganzen Schweizer Volkswirtschaft. Auf der Aktivseite dominiert mit 731 Milliarden Franken der Posten Devisenanlagen, mit grossem Abstand folgt als zweitwichtigste Position das Gold mit 70 Milliarden. Dass die SNB sich zum Thema künftige Bilanzsumme nicht gerne konkret äussert, sei an dieser Stelle nur am Rande vermerkt, wurde aber von finews.ch auch schon thematisiert.
  3. Der finanzielle Erfolg sagt wenig darüber aus, wie gut die SNB ihren Auftrag, die Preisstabilität zu gewährleisten, erfüllt. Allerdings spiegelt sich in der Höhe und der Zusammensetzung der Bilanz wider, wie die SNB ihre Geldpolitik umgesetzt hat. So ist der heutige Berg an Devisenanlagen ein Erbe der wiederholten Devisenmarktinterventionen, mit denen die SNB die Frankenaufwertung bremste, um angemessene monetäre Bedingungen zu sichern. Ob Devisenkäufe in diesem enormen Umfang dazu wirklich notwendig waren, ist natürlich eine andere Frage.

Weniger gewichtig als der «Erfolg aus Fremdwährungspositionen» ist der «Erfolg aus Frankenpositionen», der im ersten Halbjahr mit 4,5 Milliarden Franken im Minus lag. Aber auch hinter diesem Posten verbergen sich Entwicklungen, die insbesondere für die Banken von grossem Interesse sind.

Bis zur Finanzkrise 2008 war Liquidität am Geldmarkt grundsätzlich knapp; die SNB stellte den Banken im Rahmen von Repogeschäften Geld gegen einen Zins zur Verfügung, das heisst, sie verdiente an der Umsetzung der Geldpolitik, und die Banken bezahlten dafür.

Immer noch (zu) viel Liquidität im System

Heute hingegen ist aufgrund der mit neugeschaffenen Franken finanzierten Devisenkäufe immer noch sehr viel Liquidität im System. Die inländischen Banken halten insgesamt 436 Milliarden Franken Guthaben auf ihren Girokonten bei der SNB, der grösste Posten auf der Passivseite der Notenbankbilanz. Um in einem solchen Umfeld den Leitzins am Geldmarkt durchzusetzen, muss die SNB die überschüssige Liquidität binden respektive abschöpfen – was nicht gratis ist.

Dazu verzinst sie die Giroguthaben und schöpft über eigene Schuldverschreibungen (SNB Bills) und Repogeschäfte Liquidität ab. Im ersten Halbjahr betrugen die entsprechenden Aufwände 3,6 Milliarden, 520 Millionen und 537 Millionen Franken. Die Verzinsung der Giroguthaben landet direkt bei den Banken und poliert damit deren Erfolg aus dem Zinsgeschäft auf.

Nationalbank reduziert die Zinslast

Dass das Zinsgeschäft etlicher Banken im ersten Halbjahr gleichwohl weniger gut lief als im Vorjahr, liegt daran, dass die SNB ihren Leitzins für viele überraschend früh im März und dann gleich nochmal im Juni gesenkt hat. Wer länger mit höheren Zinsen gerechnet hatte und sich entsprechend positionierte, hat nun Verluste eingefahren. Ausserdem sind auch die Bankkunden wählerischer geworden und akzeptieren die jahrelang gängige Nichtverzinsung von Einlagen nicht mehr.

Die Geldpolitik hat sich aber auch schon direkt negativ auf die Verzinsung der Girokonten ausgewirkt, weil der Leitzins auch dafür die Referenzgrösse ist. Im zweiten Halbjahr 2023 hatten die Banken von der SNB noch 4,1 Milliarden Franken kassieren können. Zudem hat die SNB im Frühling mit Anpassungen beim Mindestreserveerfordernis ihre Zinslast weiter reduziert. Die Zinsbonanza der Banken ist also passé.