Es kommt nicht alle Tage vor, dass eine ausländische Bank ihre Fühler in die Schweiz ausstreckt. Besonders nicht in der Vermögensverwaltung, einem Geschäftsfeld, das durch die vielen, vertretenen Finanzinstitute bereits hart umkämpft ist. Doch keine Regel ohne Ausnahme.
Das müssen sich auch die Entscheidungsträger der italienischen Banca Generali gesagt haben, als sie vor einigen Jahren beschlossen, in der Schweiz eine Bank zu gründen. Mit BG Valeur, einem unabhängigen Vermögensverwalter in Lugano, war man in der Schweiz zwar schon präsent, aber ohne Banklizenz.
Unter diesen Prämissen entstand dann 2021 die BG Suisse Private Bank. Ein Jahr später nahm sie unter der Führung des Tessiners Renato Santi, der mehr als 20 Jahre Branchenerfahrung mitbringt und zuletzt die Schweizer Niederlassung der Saxo Bank in Zürich geleitet hatte, ihren Betrieb auf.
Bank ohne Altlasten
Renato Santi, CEO der BG (Suisse) Private Bank (Bild: BG)
«Wir konnten eine Bank ohne Altlasten aufbauen», sagt er im Gespräch mit finewsticino.ch. «Vieles war damit von Anfang an selbstverständlich, wie die digitalen Funktionalitäten, der Einsatz von Nachhaltigkeits-Kriterien (ESG) oder das Angebot einer zeitgemässen und umfassenden Finanzplanung. Bei der BG (Suisse) spreche gerne von einer zeitgemässen Bank.»
Zürich und Genf im Visier
Primär zielt das Geldhaus auf eine italienische Klientel ab, die ihr Geld in der Schweiz deponiert haben, aber weiterhin im eigenen Land beraten werden will. Darauf beruht auch die eigens kreierte und von der Finma bewilligte Multi-Booking-Plattform der BG (Suisse) ab. Darüber hinaus will die BG (Suisse) auch den Schweizer Markt gezielt bearbeiten, wie Santi betont.
Den Standort Lugano, wo mittlerweile bereits 22 Personen tätig sind, habe man wegen der Sprache und der kulturellen Nähe zu Italien gewählt. Es sei aber klar, dass die Bank bald auch in Zürich und Genf vertreten sein wolle, erklärt der in Chiasso aufgewachsene Santi.
Erstmals seit 15 Jahren
Seit Oktober 2023 besitzt die BG (Suisse) auch die für den Geschäftsbetrieb erforderliche Lizenz der Finma; es ist das erste Mal seit 15 Jahren, dass einem italienischen Finanzinstitut eine solche Bewilligung wurde – 2009 war es die Mediobanca gewesen. Seither ist die Banca-Generali-Tochter intensiv am Werk.
Als Bankenplatz ist die Schweiz seit langem mehr als gut bestückt. Gleichwohl scheint dies Santi nicht abzuschrecken. Er sagt: «Private Banking ist ein fragmentierter Markt, der viel Raum selbst für neue Anbieter offeriert.» Mit diesem Anspruch will Santi bis in drei Jahren rund 5 Milliarden Franken an Kundengeldern verwalten und in der Folge auf rund 10 Milliarden Franken gelangen, wie er weiter ausführt.
Starke Anziehungskraft
Piazza della Riforma in Lugano (Bild: ticino.ch)
Für italienische Kundinnen und Kunden geniesse die Schweiz nach wie vor eine starke Anziehungskraft – aus Diversifikationsgründen, aber auch aufgrund der grossen Auswahl an Finanzprodukten, dem hohen bankfachlichen Know-how und der Zuverlässigkeit und Qualität in der Ausführung (Exekution). Politische Stabilität, rechtliche Verlässlichkeit, eine starke Währung sowie eine hervorragende Infrastruktur seien weitere Merkmale für die Anziehungskraft der Schweiz, erklärt Santi.
Bei Schweizer Kundinnen und Kunden – insbesondere um die 50 – ist er überzeugt, mit einer umfassenden Vorsorge- und Finanzplanung sowie mit Kapitalschutz-Produkten trumpfen zu können; notabene Dienstleistungen, auf welche die Banca Generali spezialisiert ist.
Zusätzliches Personal gesucht
Mit der BG (Suisse) erfährt der schon so oft totgeschriebene Tessiner Finanzplatz zweifelsohne eine Bereicherung, zumal der Niedergang der Credit Suisse (CS) durchaus ein Vakuum hinterlasst, wie Santi findet. Der Wandel in der Schweizer Bankenlandschaft sieht er persönlich aber auch als grosse Chance, talentierte ehemalige CS-Mitarbeitende zu übernehmen.
«Wir wollen personell ganz klar noch deutlich ausbauen», betont er im Gespräch am Sitz der BG (Suisse) an der zentralen Piazza della Riforma, gleich neben dem Stadthaus von Lugano und in Gehdistanz zur ehemaligen CS, zur UBS und der Tessiner Kantonalban (BancaStato) – als in bester Nachbarschaft.
Akquisitionen möglich
Gian Maria Mossa, Michele Foletti, Bürgermeister von Lugano, Renato Santi (von links, Bild: BG)
Die prominente Adresse in Lugano ist aus italienischer Sicht legitim, ist es doch die erste Auslandstochter der Banca Generali, die nun als Blaupause für weitere Expansionen ausserhalb des Heimmarktes gelten soll, wie deren CEO Gian Maria Mossa unlängst gegenüber finewsticino.ch erklärte. Mit der mächtigen «Mutter» im Rücken ist die BG (Suisse) auch in der Lage, die eine oder andere Akquisition im Ausland zu tätigen, wie weiter zu erfahren ist. Mossa denkt da an kleinere Privatbanken, Trusts oder an unabhängige Vermögensverwalter.
Wie das vonstatten gehen kann, hat im Oktober 2020 der italienische Finanzkonzern Intesa Sanpaolo vorgeführt, als er eine Kontrollmehrheit an der Genfer Privatbank Reyl übernahm, die auch stark von Lugano aus tätig ist und seither als Brückenkopf für die Auslandsexpansion des Unternehmens dient.
Luganos «Plan B»
Seit dem Ende der Covid-Pandemie hat es der Tessiner Finanzplatz geschafft, sich von den Niedergangszenarien zu lösen und sich eine neue «Raison d’être» einzuverleiben, mit neuen Akteuren, wie der BG (Suisse), aber auch über eine gezielte Standort-Vermarktung, die dazu geführt hat, dass sich zahlreiche wohlhabende Familien aus Europa, namentlich aus Norwegen, sowie vermehrt auch wieder aus Italien in der Südschweiz niedergelassen haben.
Mit ihrem «Plan B» hat sich die Stadt Lugano auch in der Krypto-Welt einen Namen gemacht und gilt europaweit als eine der führenden Blockchain-Metropolen. In diesem Kontext, so ist Santi überzeugt, kann auch eine neue Bank Marktanteile gewinnen und sich einen Platz in der Schweizer Bankenlandschaft sichern. Den Beweis dafür muss er in den nächsten drei bis fünf Jahren erbringen.