Der Begriff toxische Papiere lässt sofort Assoziationen mit der Subprime-Krise 2008 entstehen. Damals hatten die Preiseinbrüche von Kreditverbriefungen zur Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers geführt und in den Tagen und Wochen danach zu einem massiven Vertrauensverlust unter den Banken. Das brachte das internationale Finanzsystem an den Rand des Zusammenbruchs. Nur durch massive staatliche Unterstützung konnte letztlich die Lage stabilisiert werden.

Doch das dürfte in der aktuellen Lage mit den russischen Papieren nicht passieren, erwartet Thomas Stucki von der St. Galler Kantonalbank (SGKB). «Das betroffene Volumen ist im Vergleich zum damaligen Subprime-Markt gering. Zudem dürften die Papiere breiter verteilt sein», schreibt der Investmentchef der Staatsbank. Aber: «Die eine oder andere Überraschung wird es aber sicherlich geben.»

Als weiteren Unterschied zur Subprime-Krise nennt Stucki, dass nur ein kleiner Teil der Papiere im Eigenbestand von Banken oder Versicherungen liegen dürfte. Durch das von der russischen Zentralbank verhängte Handelsverbot mit dem Ausland seien zudem die meisten russischen Wertpapiere nicht völlig wertlos geworden. Wenn der Handel dereinst wieder möglich ist, könnten manche dieser Papiere einen Teil der Verluste wettmachen.

7. Gefährliches Misstrauen

Dennoch geht die Frage um: Wer hat die meisten russischen Aktien und Obligationen in den Büchern? Der überwiegende Teil dürfte in Emerging Markets-Anlagefonds enthalten sein. Laut der Agentur «Bloomberg» ist der US-Fondsriese Blackrock der grösste Halter russischer Staatsanleihen. Auffallend sei zudem die breite Verteilung auf viele bekannte Fondsanbieter. Nach dem russischen Staat wird der amerikanische Asset Manager Vanguard als grösster Aktionär von Gazprom aufgeführt. Die Vermögensverwalter halten allerdings die Papiere im Auftrag von Kunden, und nicht auf der eigenen Bilanz.

Problematischer wird es, wenn Banken im grossen Stil russische Aktien als Sicherheit für Lombard-Kredite akzeptiert haben. Den Kunden dürfte es dann schwer fallen die erforderlichen Sicherheiten nachzuschiessen. Damit drohen zwar Rechtsstreitigkeiten, für die Banken selber sind die «Margin calls» aber nicht akut bedrohlich.

Dies im Gegensatz zu den vielen Unsicherheiten, die sich um die Sanktionen ranken. Der bevorstehende Swift-Ausschluss von sieben russischen Banken dürfte die meisten Transaktionen in Rubel unterbrechen und auch weiter in der Zukunft liegende Forward-Zahlungen tangieren. Sanktionen gegen russischen Firmen und gegen die Rohstoffhandels-Finanzierungen dürften sich wiederum direkt auf die Bücher von Schweizer Banken auswirken (siehe Punkt 3). Derweil hat die russische Regierung eine Liste mit Ländern herausgegeben, deren Guthaben künftig in Rubel abgegolten werden dürfen – darunter die Schweiz. Hiesige Kreditgeber müssten demnach zusehen, wie russische Gläubiger ihre Schulden «inflationieren».

Dass alles ist dazu angetan, dass Misstrauen unter Investoren und zwischen den Banken selber zu schüren. Beunruhigend ist etwa der Preisanstieg von CDS-Kreditderivaten, mit denen Gläubiger den Zahlungsausfall von Banken-Anleihen versichern. Medienberichten zufolge sind in den letzten Tagen etwa die Preise von CDS auf Anleihen der Credit Suisse massiv gestiegen.


Mitarbeit: Andreas Britt, Thomas Pentsy, York Runne, Samuel Gerber