Ana Paula Pessoa stiess noch in der Ära von Ex-Präsident Urs Rohner zum Verwaltungsrat der Credit Suisse. Dort sass sie in wegen den jüngsten Debakeln besonders geforderten Komitees – nun wird ihr Aufgabenheft erweitert.
Ana Paula Pessoa muss für die Credit Suisse (CS) in Brasilien einspringen. Wie einer Mitteilung der Grossbank zu entnehme war, übernimmt die Brasilianerin dort kommenden Januar das Präsidium der Ländergesellschaft. Sie wird damit zum Aushängeschild in einem für die Bank ebenso wichtigen wie schwierigen Marktgebiet.
Zum Währungsfonds abberufen
Der Wechsel erfolgt, nachdem der bisherige Präsident der CS in Brasilien, Ilan Goldfajn, zum Weltwährungsfonds (IMF) berufen wurde. Goldfajn, in seiner Heimat ein eminenter Ökonom, übernimmt dort die Verantwortung für die Operationen in der westlichen Hemisphäre. Seine Nachfolgerin Pessoa, die seit 2018 als Verwaltungsrätin des Konzern wirkt, gibt für den Posten ihr Zusatzamt als Präsidentin der CS-Europabank in Madrid auf, wie es weiter hiess.
Die Ernennung in ihrer Heimat Brasilien darf als Anerkennung der bisherigen Dienste von Pessoa gewertet werden, was sich nicht von selbst ergibt. Die Multi-Verwaltungsrätin, die sich für Entwicklungsfragen und Frauenkarrieren stark macht, war 2018 zum obersten Gremium der CS gestossen – also noch in der Ära von Ex-Präsident Urs Rohner.
Im selben Komitee wie Andreas Gottschling
Von Anfang an sass sie dort im Audit-Komitee, ab 2019 zusätzlich Conduct and Financial Crime Control Committee. Das sind beides «Aufpasser»-Gremien, welche die Risiken beim Unternehmen zu überblicken haben – und die sich das Debakel rund um die Archegos-Pleite und die geschlossenen Greensill-Fonds vom vergangenen Frühling vorwerfen lassen müssen.
Im vergangenen April stellte sich der damalige CS-Verwaltungsrat Andreas Gottschling nach massivem Druck der Investoren nicht mehr zur Wiederwahl. Gottschling, ein ausgewiesener Risikospezialist, hatte wie Pessoa im Audit-Komitee gesessen und daneben das Risiko-Komitee angeführt.
António Horta Osório, der amtierende Präsident und neue starke Mann bei der Grossbank, ist offenbar mit der Besetzung des Gremium immer noch nicht zufrieden; die britische Zeitung «Financial Times» berichtete kürzlich aus seinem Umfeld, dass im CS-Verwaltungsrat zu wenig Banken-Knowhow vorhanden sei.
Verkaufsgerüchte um Brasilien-Einheit
Doch Pessoa, die Volkswirtschaft und Internationale Beziehungen studiert hat, scheint die Frau des Vertrauens von Horta Osório zu sein – wie sie spricht der CS-Präsident Portugiesisch.
In Brasilien wartet allerdings eine heikle Mission auf die frischgebackene Präsidentin. Ende diesen Jahres nimmt dort der amtierende Brasilien-CEO José Olympio Pereira den Hut, nach 17 Jahren beim Geldinstitut in Brasilien. Ein Nachfolger für den Veteranen ist noch nicht gefunden. Zuvor war es bereist zu namhaften Wechseln im Private Banking und in der Investmentbank in der grössten Volkswirtschaft Lateinamerikas gekommen.
In den letzten Monat gingen gar Verkaufsgerüchte rund um die Niederlassung um, welche die CS allerdings umgehend dementierte.
Erreichtes stabilisieren
Die CS verfügt in Brasilien an sich über eine starke Einheit und gehört zu den führenden Auslandsbanken – dank einer Partnerschaft mit dem Digital-Broker Modalmais haben sich die Schweizer letztes Jahr zudem den Zutritt zum brasilianischen Massenmarkt erschlossen.
Die Aufbauarbeit von Jahrzehnten gilt es nun zu stabilisieren – und dabei steht Pessoa ab 2022 zuoberst in der Pflicht. In der Mitteilung liess sich die designierte Präsident mit der Aussage zitieren, es sei eine Ehre, das Amt übernehmen zu dürfen. «Ich werde Teil eines sehr erfahrenen und kompetenten Teams.»