In der alljährlichen Serie von finews.ch berichten ausgewählte Fondsmanager aus ihrer Heimatstadt im Sommer. Diesmal geht die Reise nach Cotia.

Von Cathy Hepworth, Head of Emerging Markets Debt bei PGIM Fixed Income

Meine Sommergrüsse kommen aus Cotia in der Nähe von Sao Paulo. Als ich im Flugzeug Taylor Swift singen hörte, dachte ich darüber nach, dass – passend zu Taylors aktueller Eras-Tour – Brasilien ein Teil der wichtigsten «Eras» meines Lebens ist. Ich war schon als Studentin in Brasilien, und zufälligerweise lebt die Schwester meines Mannes seit über 30 Jahren dort.

Als Portfoliomanagerin und später als Head of Emerging Markets bin ich für Investitionen in dieses wundervolle Land verantwortlich. Ich fühle mich im Herzen mit den Brasilianerinnen und Brasilianer verbunden und schätze den allgemeinen Unternehmergeist. Und jetzt bin ich hier, weil wir gerade unser Ferienhaus am Golfplatz von Sao Fernando renovieren.

Cathy Hepworth, PGIM Fixed Income (Bild: PGIM)

Im Moment ist es in Brasilien nicht so heiss, tagsüber angenehme 23 Grad, genau richtig für eine Kombination aus BO (Brazil Office) und den Arbeiten am Haus, das 1993 im Stil einer portugiesischen Villa gebaut wurde. Ich habe das Glück, Fachleute aus der Region an meiner Seite zu haben, denn mein Neffe baut Wohnkomplexe für das mittlere Einkommenssegment. Dies ist ein weiteres Beispiel für die sehr wichtige Mittelschicht in Ländern wie Brasilien.

Fünf Argumente für Schwellenländer

Ich bin kein Neuling in Sachen Hausrenovierung und der Umbau eines Hauses ist vergleichbar mit dem Wandel, den Brasilien – wie viele andere Schwellenländer auch – seit einigen Jahren durchlebt. Es braucht ein feines Gespür, um die Wertschöpfung zu erschliessen, und wir beobachten, dass die Schwellenländer noch mehr an Bedeutung gewinnen werden.

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Hausumbau wie der Wandel im Brasilien (Bild: CH)

Dazu tragen vor allem fünf strukturelle Faktoren bei: Der bislang zyklische Gegenwind verwandelt sich in einen angenehmen Rückenwind, der Inflationsdruck lässt nach und die Schwellenländer lockern die Zinsen. Der Banco Central do Brasil ist es beispielsweise gelungen, die Inflation einzudämmen, ohne die Wirtschaft in eine Rezession zu stürzen.

Comeback 2023

Zweitens: Die Schwellenländer werden reifer. Sie verfügen über nachhaltigere Schuldenstrukturen und ein wachsendes BIP. Der dritte Faktor sind die soliden Fundamentaldaten. In Brasilien ist die Staatsverschuldung im Verhältnis zum Bruttoinlandprodukt (BIP) zwar hoch, aber es gibt nach wie vor starke externe Puffer. Zudem erlebte Brasilien 2023 das Comeback in die Top Neun der grössten Volkswirtschaften weltweit.

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Junge Leute in Sao Paulo (Bild: Abstral Official, Unsplash)

Dass Brasiliens Wirtschaft wächst, liegt vor allem an der enorm effizienten Agrarindustrie: Im vergangenen Jahr verzeichnete das Land einen Rekordanstieg von 15,1 Prozent bei der Soja- und Maisproduktion. Hinzu kommt eine junge und wachsende Bevölkerung mit einer starken Mittelschicht, die das Wachstum antreibt (Bild oben).

Stark mit China verbunden

Fünftens sollten die Schwellenländer vom Wettbewerb und der Neuausrichtung der Grossmächte profitieren. Brasiliens wirtschaftlicher Erfolg wird wahrscheinlich einen Balanceakt erfordern, wie sich das Land inmitten des aktuellen Wettbewerbs zwischen den USA und China ausrichtet. Im Moment zahlt sich das ökonomisch aus, denn Brasiliens internationaler Handel ist stark mit China verbunden.

Im Jahr 2023 wurden Waren im Wert von 104 Milliarden Dollar nach China geliefert. Als rohstoffreiches Land kann Brasilien in vielen Bereichen profitieren, die für die breiteren globalen Trends relevant sind, wie etwa die Neuausrichtung von Lieferketten und die Energiewende.

Stabiles Wachstum

Einige schwächere Schwellenländer haben zwar gelitten – darunter einige erwartete Zahlungsausfälle in Argentinien, Ecuador, Ghana, Sambia und Sri Lanka –, aber die meisten Schwellenländer haben sich als recht widerstandsfähig erwiesen. Dies ist das Ergebnis einer besseren Umsetzung der Politik sowie der Wachstumsimpulse durch Exporte und Leistungsbilanzüberschüsse.

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Patos de Minas (Bild: Fabio Alves, Unsplash)

Da die Inlandsnachfrage heute eine grössere Rolle für das Wachstum spielt als in der Vergangenheit, sind die Wachstumsraten stabiler geworden. Mit der Renovierung unseres Idylls können wir dies aus erster Hand beobachten.

Während die Sonne untergeht (Bild oben) und wir uns nach einem langen Arbeitstag auf der Veranda ausruhen, höre ich erneut Taylor Swift und ihr Song «Long Live» erinnert mich an die Kraft der Resilienz.