Die Credit Suisse hat im Nahen Osten ein sehr erfolgreiches Private Banking aufgebaut. Die Banker sollen von ihrem langjährigen Chef Bruno Daher aber mit einem fragwürdigen Führungsstil zu Top-Leistungen angetrieben werden.
Die Nachrichtenagentur «Bloomberg» (Artikel bezahlpflichtig) wartete am Montag mit einem aussergewöhnlich scharfen Artikel über Bruno Daher auf, den CEO für die Region Naher Osten und Nordafrika der Credit Suisse (CS).
Die Rede ist von einem rüden Ton und Umgang, von traumatisierten Mitarbeitenden und einer zunehmenden Anzahl von Abgängen von Top-Bankern. Daher, der seit dem Jahr 2006 für die CS in Dubai tätig ist, hat dort über die Jahre ein sehr erfolgreiches Private-Banking-Geschäft aufgebaut, in welchem rund 75 Milliarden Franken Kundenvermögen verwaltet werden.
Pistole an den Kopf halten – als Metapher
Allerdings, so steht es im Artikel, pflege Daher (Bild) mit einer Reihe von vertrauten Mitarbeitern einen aggressiven Managementstil der Einschüchterungen und Drohungen, der in den letzten zwei Jahren zu vermehrten Abgängen unter Junior-Bankern und Kundenberatern geführt habe.
Der Artikel beschreibt eine Episode, in welcher Daher gedroht haben soll, seinen Bankern eine Pistole an den Kopf zu halten, wenn sie ihre Leistung nicht steigern würden. Daher habe sich dafür in einem Meeting im vergangenen Mai entschuldigt. Er spreche eben gerne in Metaphern.
Leistungsdruck führte zu mehr Risiko
«Bloomberg» habe für den Artikel mit 26 Leuten gesprochen, unter ihnen CS-Mitarbeitende, -Ehemalige, Kunden und Headhunter. Sie hätten eine «vergiftete» Unternehmenskultur beschrieben, in der ein enormer Leistungsdruck herrsche und der auch zu übertriebener Risikonahme geführt habe, die in Verlusten bei Kunden resultiert habe.
In den letzten fünf Jahren seien mindestens drei Beschwerden von CS-Mitarbeitenden gegen Daher eingereicht worden. Nur einmal habe es allerdings eine Intervention von Vorgesetzten bei Daher gegeben.
Ein Schweizer Fahne in den Müll geworfen
In einer Mitarbeiter-Veranstaltung im Jahr 2014 sei Daher, ein in Syrien geborener französischer Staatsbürger, über seine in der Schweiz basierten Teammitglieder hergezogen und habe sie gewarnt, entweder mehr Leistung zu bringen oder sich einen anderen Job zu suchen.
Er habe eine Schweizer Fahne in den Müll geworfen, wo sie hin gehöre, habe Daher ihnen gesagt. Diese Passage sei aus dem im CS-Intranet aufgeschalteten Video entfernt worden.
CS: Unbegründete, falsche Vorwürfe
Während sich Daher gegenüber «Bloomberg» nicht äusserte, gab die CS ein deutliches Statement ab: «Die Bank weist die erhobenen Vorwürfe entschieden zurück. Sie sind unbegründet, falsch oder völlig aus dem Zusammenhang gerissen.» Dahers Team habe mehrerere Branchenauszeichnungen gewonnen. «Darüber hinaus wurde das Geschäft regelmässig von Compliance und Audit überprüft. Die Ergebnisse haben die Effektivität und Effizienz sowohl der Kontrollen als auch der bestehenden Kultur bewiesen», so die CS.
Der Artikel erscheint zu einem für die CS heiklen Zeitpunkt. Nach den Fiaskos mit den Greensill-Fonds und mit Archegos Capital herrscht in der Bank Unzufriedenheit und Verunsicherung. Namentlich die Investmentbank hat bereits über zwei Dutzend teils hochrangige Banker verloren. Der Artikel rückt auch Abgänge von teils hochrangigen CS-Bankern in der Region wie Desh Sharma, Ravi Venkataraju, Christian Zouein und Fady Eid in einen Zusammenhang mit Dahers Managementstil.
Strenge Zielvorgaben
Unbestritten ist, dass die CS in Wachstums-Regionen wie dem Nahen Osten, ihren Kundenberaterinnen und -Beratern anspruchsvolle Wachstums- und Verkaufsvorgaben macht. Die Konsequenz solcher Anstellungsmodelle ist: Wer die Zielvorgaben nicht erfüllt, kann gehen.
Diese harte Arbeitskultur, die vor allem in Investmentbanken bekannt ist, gilt in der Branche seit geraumer Zeit als Hindernis beim Rekrutieren von Jungtalenten und ist zunehmend in Verruf geraten. CS-Verwaltungsratspräsident Antonio Horta-Osorio hat im Zusammenhang mit den Greensill- und dem Archegos-Fall eine Überprüfung der CS-Unternehmenskultur angeordnet.
Dem Vernehmen nach wird die CS auch den von «Bloomberg» erhobenen Vorwürfen gegen Daher genau nachgehen. Bislang liege gegen den Manager aber nichts vor.