Die Schweizer Aktionärsrechts-Vertreterin Ethos Stiftung gibt sich mit Blick auf die Generalversammlung vom 30. April ihrerseits kämpferisch. «Wir sind extrem überrascht über die Anzahl der Vorfälle, mit denen die Credit Suisse jedes Jahr zu kämpfen hat», heisst es dort auf Anfrage. Die Parole fürs Aktionärstreffen sei zwar noch nicht gefasst, so die Stiftung weiter. Doch dürften sich die Aktionäre veranlasst sehen, der Bankspitze die rechtliche Entlastung (Décharge) zu verweigern und den Vergütungsbericht mit den Managerlöhnen abzulehnen.
Derweil beugt sich die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) tief übers CS-Dossier. Wegen den Greensill-Fonds hat die Behörde der Bank einen zusätzlichen Kapitalpuffer (Pillar-2) auferlegt, wie die Aufsicht gegenüber finews.ch bestätigte. Über den neuesten Rückschlag um Archegos sei die Finma von der Bank informiert worden; man stehe deswegen mit der CS in Kontakt, erklärte ein Sprecher.
Interne Untersuchung
Bei der Bank schliesslich hat der Verwaltungsrat eine interne Untersuchung zum Greensill-Debakel eingeleitet. Dass die CS in diesem Zusammenhang ausstehende Salärzahlungen für Manager blockieren will, deutet daraufhin, dass die Untersuchungen auch vor der operativen Spitze nicht haltmachen. Dem Vernehmen nach soll aber erst nach Abschluss der Ermittlungen und nach Abwicklung der Greensill-Positionen die Frage nach der Verantwortlichkeit gestellt werden.
Dieser Fahrplan droht jedoch von den Ereignissen überholt zu werden.
Millionen für einen Insider
Nicht nur Finanzmedien fragen sich nämlich, wie die CS dem Archegos-Gründer Bill Hwang (Bild unten), der 2012 in den USA eine Millionenstrafe wegen Insiderhandel zahlen musste, derart hohen Summen anvertrauen konnte. Noch dazu stellt sich nun heraus, dass der Hedgefonds die meisten seiner Wetten über komplexe Kreditderivate einging, und selber wenig Aktien hielt. Ebenfalls ist nicht ersichtlich, warum eine bankinterne Untersuchung der Greensill-Fonds vom letzten Sommer die sich dort aufstauenden Risiken nicht zutage förderte.
Die Geschäfte mit Archegos wie auch die Prüfung der Greensill-Fonds fallen in die Amtszeit von CS-Chef Gottstein, der nach dem Rauswurf von Vorgänger Tidjane Thiam bei der Bank im Februar 2020 das Zepter übernommen hat. Vorläufig deutet nichts darauf hin, dass Gottstein direkt in die beiden Affären involviert ist.
Wie bei Adoboli?
Aber die oberste Verantwortlichkeit ist klar: Sie liegt immer beim Chef. So verstand es jedenfalls der damalige UBS-Chef Oswald Grübel, als er 2012 nach den betrügerischen Spekulationen des UBS-Händlers Kweku Adoboli die Konsequenzen zog – und seinen Sessel räumte.
Überschlagen sich die Ereignisse bei der Grossbank weiter in diesem atemberaubenden Tempo, könnte Präsident Urs Rohner gezwungen sein, noch vor seiner Ablösung durch den Portugiesen António Horta-Osório am 30. April einen neuen Konzernchef einzusetzen.
Was derzeit noch als Gottsteins Scherbenhaufen aussieht, würde dann am Ende einer über zehnjährigen Amtszeit der von Rohner. Grossaktionär Herro hat letzteren bereits aufgefordert, auf zusätzlichen Lohn zu verzichten.
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