In ihrem Kerngeschäft hat die UBS im vergangenen Jahr ein neues Rekordvolumen erreicht. Das Problem: Nur rund die Hälfte dieser Gelder ist der Grossbank vertraglich zur direkten Verwaltung anvertraut, wie Zahlen erstmals zeigen.
Am vergangenen Dienstag galt Ralph Hamers die ganze Aufmerksamkeit. Der Niederländer hatte seinen ersten offiziellen Auftritt als Konzernchef der UBS – wobei er weniger zum Jahresresultat der grössten Schweizer Bank Auskunft geben musste als zu einer Geldwäscherei-Affäre in seinem letzten Job, die ihn nun einzuholen droht.
Iqbal Khan und Tom Naratil, die beiden Co-Chefs der Globalen Vermögensverwaltung (GWM), waren nicht zur Konferenz geladen. Dies, obwohl es aus dem Kerngeschäft der UBS durchaus Interessantes zu berichten gab.
Nicht nur Superlative
Superlative, zum einen. Wie auch finews.ch berichtete, vermochte die GWM-Division im letzten Jahresviertel 2020 massiv mehr Volumen anzuziehen. Die verwalteten Vermögen stiegen auf 3'016 Milliarden Dollar an, bei Neugeld-Zuflüssen von 21,1 Milliarden Dollar. Der Vorsteuer-Gewinn kletterte zum Vorjahresquartal um 22 Prozent.
Doch es gab auch Zwischentöne, die am vergangenen Dienstag vor allem bei den Analysten zu reden gaben. Laut der UBS werfen 1,5 Billionen Dollar der GWM-Vermögen keine wiederkehrenden Gebühren ab. Sie sind entweder in Cash oder in Wertpapieren angelegt, die nur auf Anordnung des Kunden – «execution only» – bewegt werden. Dies im Gegensatz zu den «Discretionary»-Mandaten, bei denen die Bank auch die Verwaltung übernimmt und dafür regelmässig Gebühren verrechnet.
«Das resultiert in Margenerosion»
Letzteres ist die präferierte Methode aus Sicht der Geldhäuser. Denn obwohl sie auf den execution-only-Vermögen an Zinsen und Transaktionen verdienen können, sind die Mandate-Margen in der Tendenz höher und vor allem: berechenbar. Bei der UBS flossen zwar den Mandaten im vergangenen viertel Quartal 2020 rund 13 Milliarden Dollar zu; die Einnahmen aus wiederkehrenden Gebühren stiegen um 5 Prozent.
Doch das Problem für die UBS bleibt bestehen: Wenn grosse Anteile am Neugeld nur parkiert werden und nicht verwaltet, geht das zulasten des Ertrags. Kirt Gardner, Finanzchef und damit oberster Herr der Zahlen beim Institut, erklärte es den Analysten so: «Die wiederkehrenden Gebühren werden über eine breite Vermögensbasis hinweg alloziiert – mathematisch resultiert das in einer Margen-Erosion, das ist ganz klar.»
Asiaten auf eigene Faust
Besonders augenscheinlich spielte dieser Effekt letztes Jahr in der Region Asien-Pazifik, wo die Schweizer grosse Wachstumshoffnungen hegen. Die Vermögen kletterten dort Finanzchef Gardner zufolge um einen Viertel auf 560 Milliarden Dollar an. Die Mandat-Durchdringung beträgt aber nur 13 Prozent; offensichtlich schätzen reiche Asiaten die Solidität der grössten Schweizer Bank, traden dann aber lieber auf eigene Faust.
Im Rest der Welt sieht die Rechnung etwas besser aus für die UBS. In der Schweiz darf sie 36 Prozent der Vermögen diskretionär verwalten, in Europa 38 und in den USA knapp 40 Prozent. Im Schnitt entspricht dies einer Durchdringung von 34 Prozent; als Ziel formulierte das Geldhaus vor etlichen Jahren 40 Prozent.
Asset Servicer und Depotstelle
Es ist nicht anzunehmen, dass sich die UBS auf diesen Werten ausruht. Finanzchef Gardner erklärte vergangenen Dienstag: «Wir sind zuallererst wegen des Gewinns in diesem Geschäft.» CEO Hamers betonte derweil, dass die UBS in Zukunft immer effizienter werden müsse und dass die «high performance»-Kultur im Unternehmen zu fördern sei. Dazu passt Geld, das nicht für die Bank arbeitetet, eher schlecht.
Die Problematik zieht sich durch das gesamte Kundenspektrum. Von vermögenden «Affluent»-Kunden, die vor den Börsen zurückschrecken, bis zu den Milliardären, welche Banken in erster Linie als Asset Servicer und Depotstelle nutzen und die Beratung mit komplexen Anlageplänen an Spezialisten oder ans eigene Family Office delegieren.
Die Vermögensverwaltung der UBS ist inzwischen an mehreren Fronten zum Konter übergegangen. Durch eine engere Zusammenarbeit mit der Investmentbank sollen Superreichen exklusive Investments zugänglich gemacht werden. In Europa wiederum will die Grossbank ihre Millionärskundschaft enger begleiten und zum Anlegen animieren, wobei vermehrt auch Technologie und standardisierte Produkte zum Einsatz gelangen sollen. Inaktiven Kunden mit Depositen in Franken und Euro wird derweil mit Strafzinsen Beine gemacht.
Digitalbank in den Startlöchern
Für einiges Aufsehen sorgt derzeit auch eine Digitalbank, welche die UBS zuerst für Affluent-Kunden in China lancieren will und danach allenfalls weltweit ausrollt. Auch hier dürften wiederkehrende Gebühren eine wichtige Rolle spielen.
An Initiativen mangelt es demnach nicht. Bankchef Hamers erklärte Anfangs Woche, trotz den Ermittlungen in den Niederlanden könne er sich voll auf die UBS konzentrieren. Der 1,5-Billionen-Dollar-Geldberg in den Tresoren der Grossbank ruft jedenfalls nach seiner ungeteilten Aufmerksamkeit.