Eklat in der Banken-Lobby: Die Nummer eins im Hypothekargeschäft tritt aus der Bankiervereinigung aus. Ab dem Frühling verfolgt die Raiffeisen Gruppe ihre Interessen selber.
Raiffeisen tritt per Ende März 2021 aus der Schweizerischen Bankiervereinigung (SBVg) aus. Dies teilten die Genossenschaftsbanken am Dienstag mit. Die Bankengruppe will sich künftig eigenständig zu gesetzgeberischen und aufsichtsrechtlichen Themen äussern, wie es weiter hiess.
Die Genossenschafter begründeten den Schritt damit, dass sich die Bankenbranche und die Interessen der verschiedenen Akteure auf dem Schweizer Finanzplatz in den vergangenen Jahren stark verändert hätten. Im Rahmen der Erarbeitung der Gruppenstrategie habe Raiffeisen deshalb ihre Rolle in der Mitgestaltung der politischen Rahmenbedingungen kritisch überprüft.
Immer wieder Gräben
Unabhängig vom nun gefällten Entscheid will sich Raiffeisen weiterhin für einen starken schweizerischen Finanzplatz einsetzen und ist an einem einvernehmlichen Verhältnis mit allen relevanten Akteuren interessiert.
Raiffeisen Schweiz ist mit Präsident Guy Lachappelle im Verwaltungsrat der SBVg vertreten und eine wichtige Stimme im Dachverband des Swiss Banking. Gleichzeitig gehören die Institute aber auch der Koordination Inlandbanken (KIB) an, die für die Interessen der hiesigen Retailbanken lobbyiert. Zwischen dieser Gruppe, der auch die 24 Schweizer Kantonalbanken, die Migros Bank und der Verband Schweizer Regionalbanken angehören, und der SBVg öffneten sich in der Vergangenheit immer wieder Gräben.
So wurde dem Dachverband vorgeworfen, vor allem die Interessen der international ausgerichteten Gross- und Privatbanken zu vertreten. Die UBS und die Credit Suisse sind die grössten Nettozahler der Bankiervereinigung. Präsident der SBVg ist Herbert Scheidt, Verwaltungsratspräsident des Zürcher Investmenthauses Vontobel.
Fliehkräfte auch bei Versicherungen
Die einst allmächtige Stimme im Metier bebauert nun den Austritt der wichtigen Bankengruppe. In einer eigenen Mitteilung wies die SBVg am Dienstag darauf hin, dass der Verband auch in Zukunft offen für die Mitgliedschaft von Raiffeisenbanken und deren Mitarbeitenden sei. «Die SBVg vertritt in Zukunft sieben von acht Bankengruppen und bleibt damit die führende und repräsentativeStimme der Bankenbranche als Ganzes», so die Banken-Lobby.
Mit der Coronakrise haben sich die Fliehkräfte in der gesamten Finanzbranche offenbar verstärkt. So hatte Ende letzten Oktober der grösste Schweizer Sachversicherer Axa seinen Austritt aus dem Versicherungsverband angekündigt. Gerade grosse Finanzunternehmen kommen nun offenbar zum Schluss, auf eigene Faust ihre Interessen zielgenauer verfechten zu können.